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Nachlese Tagung Fassade 24

 
Fassade 24
Vortragende und Moderatoren der Fassade 24 (v.l.n.r.): Prof. Dr. Timo Schmidt, Thomas Grudda, Gerald Eisele, Prof. Dr. Martin Jung, Anne Baureis, Prof. Dr. Elisabeth Krön, Michael Elstner, Christoph Lindner, Holger Meyer, Philipp Nuscheler. Foto: Matthias Leo.

Auf hoher Flughöhe bewegten sich die Vortragenden auf der Tagung Fassade 24 am Donnerstag, 22.02.2024 zum Thema „Fassade im Stoffkreislauf“. Außerordentlich spannende Beiträge aus der Forschung, zu rechtlichen Aspekten und vor allem zu der Frage: wie sieht ein Stoffkreislauf in der Praxis denn eigentlich aus? Wie wird aus Altglas eine neue Scheibe, aus Aluminium wieder eine neue Deckleiste? Fensterflügel aus alter Pfosten-Riegel-Fassade raus und rein in die neue Hybridfassade? So einfach ist es natürlich nicht. Dennoch, die Wiederverwendung von Baumaterialien ist nicht nur möglich und sinnvoll, sondern notwendig, um den CO2-Ausstoß beim Bauen – der immer noch zu hoch ist – entscheidend zu reduzieren.

Welches Material in einer Ökobilanz zu buche schlägt lässt sich an MockUps verschiedener Fassadenkonstruktionen prüfen. Prof. Dr. Timo Schmidt, TH Augsburg und Werner Sobek AG, zeigte an Referenzfassaden acht verschiedener Konstruktionstypen, dass der Faktor Glas in der CO2 Bilanz entscheidend ist. Wie der Hebel am „Gamechanger“ Glas angesetzt werden kann machten die nachfolgenden Beiträge der Referent:innen deutlich.

Entscheidend für eine Glasrückgewinnung ist die Trennung der Fassadenelemente in Flachglas, Deckleiste, Fugenmaterial und Klebstoffe. Die Fragen, die sich dabei stellen - wie das Glas aus dem Element ausgebaut werden kann, wie viele Mitarbeitenden dafür nötig sind, wie der Klebstoff abgelöst wird  - sollten in Zukunft idealerweise bereits in der Planung der Elemente mitgedacht werden, so Michael Elstner, Mitglied der Vorstände des Bundesverbandes Flachglas, ift Rosenheim und Gütegemeinschaft Flachglas e. V.

Scherben bringen Glück - und neues Glas! Die Wiederverwendung vom Altglas zur Produktherstellung Flachglas bedarf sorgfältiger Stofftrennung, auch und vor allem hinsichtlich unterschiedlicher Glasarten. Pragmatische Ansätze zur sauberen Stofftrennung schildert Christoph Lindner, Geschäftsführender Gesellschafter der Conversio Market & Strategy GmbH, Mainaschaff.

Nicht nur das Recycling von Baumaterialien bedeutet, in Stoffkreisläufen zu planen und zu bauen, sondern am naheliegendsten ist die Verwendung von kompletten Bauteilen. Doch wie finden die passende Second-Hand Elementfassade und der neue Rohbau zusammen? Dominik Campanella, Mitgründer und Geschäftsführer von Concular Berlin, leistete hier mit dem Aufbau einer Datenbank für gebrauchte Bauteile bemerkenswerte Pionierarbeit.

Aus alt macht neu – doch wie sieht die rechtliche Situation aus? Unterliegt ein wiederverwendetes Fensterelement den gleichen Rechtsvorschriften wie ein fabrikneues? Die Antwort von Anne Baureis und Prof. Dr. Martin Jung, Kapellmann Rechtsanwälte Berlin, hört man von Juristen häufig: es kommt darauf an. Und zwar auf den rechtlichen Blickwinkel (z.B. EU-Recht oder Nationales Recht in Dtl.) aber auch, wie die vorhandenen Bauelemente wiederverwendet werden. Eine Scheibe, die als Ganzes aus- und wiedereingebaut wird unterliegt anderen rechtlichen Bedingungen wie eine alte Glasscheibe, die mit zwei neuen Scheiben ein (fast) neues Produkt ergeben.

Der Architekt Holger Meyer, Geschäftsführender Gesellschafter holger meyer architektur, Frankfurt, erläuterte die Herausforderungen der Revitalisierung einer denkmalgeschützten Fassade am Beispiel des Global Tower Frankfurt. Meyer stellte die Frage, die sich einige Gäste sicherlich auch stellten: Warum erhält man so ein Gebäude überhaupt? Wäre nicht ein Abbruch die einfachere Lösung? Holger Meyer führte aus, dass zum Erhalt dieses Gebäudes nicht nur denkmalschutzrechtliche Vorschriften verpflichten, sondern auch architekturhistorische Aspekte sprechen würden. Dazu kommen Faktoren wie Bauzeitverkürzung, Kosten von Abbruch und Rohbau sowie die „graue Energie“. Die bereits gespeicherten und verbauten tausende Tonnen CO2 wegzuwerfen und mit neuen CO2 Emmissionen neu erzeugte Baustoffe einzubauen sei nicht zielführend.

Fassadensanierung und die damit verbundenen Fallstricke, aber auch Chancen und Lösungen erläuterte Philipp Nuscheler von RAICO Bautechnik GmbH, Pfaffenhausen.

Die Sicht eines Systemhauses auf die Möglichkeiten und Grenzen zirkulären Bauens an der Fassade schilderte Gerald Eisele von Hydro Building Systems Germany GmbH, Ulm. Eisele zeigte gelungene Praxisbeispiele und beschrieb daran die Hintergründe für Sanierung und Neubau.

Thomas Grudda, Teamleiter Fassadentechnik im Technischen Büro der HOCHTIEF Infrastructure GmbH Building, Essen, stellte die Sicht eines Generalunternehmers zu Fenster und Fassaden beim Bauen im Bestand dar und erläuterte Herangehensweisen, Risikobetrachtungen und Klärungsszenarien.

Die abschließende Podiumsdiskussion ermöglichte den Referenten abschließend, auch auf komplexere Fragen der Gäste einzugehen. Diese machten reichlich Gebrauch von der günstigen Gelegenheit, über zehn Expert:innen ihre Fachfragen zu stellen.

Die nächste Fassadentagung findet am Donnerstag, 20.02.2025 statt. Programmankündigung ab Oktober 2024 hier auf unserer Website und in den sozialen Medien.  

Fotos: Matthias Leo