Die Maschine soll den Menschen verstehen
Professor Andreas Muxel liebt das Experiment und hält nicht viel von Bedienungsanleitungen
Andreas Muxel haben Maschinen schon immer fasziniert. „Knight Rider war eine meiner Lieblingsserien als Kind. Vor allem die Interaktion zwischen David Hasselhoff alias Michael Knight und KITT, seinem intelligenten Auto, das auch viel Humor hatte. Als Team waren sie stark und lösten die Fälle“, schwärmt Muxel. „In dieser Serie aus den 80er Jahren steckt schon viel von dem drin, was jetzt da ist oder in naher Zukunft kommen wird. Zum Beispiel das selbstfahrende Auto, Sprachassistenz oder auch die Uhr von Michael Knight, mit der er KITT oft gerufen hat – quasi eine Smartwatch“, stellt Muxel fest.
Muxel ist Professor an der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Augsburg. Er beschäftigt sich mit der Interaktion zwischen Mensch und Maschine. In seinem Hybrid Things Lab werden in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Digitalisierung.Bayern (ZD.B) zukünftige Technologien experimentell erforscht. „Ich komme aus dem Machen. Schon mit sechs Jahren habe ich viel mit Lego Technik gespielt. Bei den Autos wusste ich erst nicht, wie man Lenkungen baut, aber Aufgeben war nie meine Sache. Am Ende ging die Lenkung über 20 Zahnräder, aber sie hat funktioniert. Als Kind wollte ich Sachen immer auseinanderbauen, um zu verstehen, wie etwas funktioniert. Das Zusammenbauen hat mich dann meist weniger interessiert“, sagt Muxel schmunzelnd.
Hybrid Things Lab
Im Grunde sieht sein Labor aus wie ein Spielzimmer für Erwachsene. Viele Technik-Sets liegen auf den Tischen verteilt und auf einem der Tische ist ein Industrie-Roboterarm installiert. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Elias Naphausen versucht er unter anderem die Bewegungsabläufe des Roboters, die ja in ihrer Starrheit und Schnelligkeit auf Menschen eher bedrohlich wirken, zu verändern und für eine gemeinsame Interaktion weicher zu gestalten. „Mir geht es weniger darum, den Roboter technisch zu verbessern, sondern ich will an die Körperlichkeit und Emotionalität dieser Dinge ran. Und ich stelle mir die Frage: Wie müssen Maschinen für den alltäglichen Gebrauch gestaltet werden, damit die Menschen ihre Furcht davor verlieren, ihren Respekt ablegen. Und: Muss ein Roboter immer dem Menschen nachgeahmt werden, braucht es wirklich einen menschenähnlichen Arm oder sollten wir das je nach Einsatzzweck anders gestalten?“
Muxel hält auch wenig von der herkömmlichen Bedienung von Maschinen, vom Knöpfe drücken. Seiner Meinung nach sollten Maschinen sich mehr dem Menschen anpassen. Nicht der Mensch soll die Sprache der Maschinen lernen, sondern die Maschine soll den Menschen besser verstehen. Auf der anderen Seite will er aber auch nicht, dass die Maschinen zu perfekt werden. Gerade bei den Stimmen von Sprachassistenten wie Amazon’s Alexa warnt Muxel davor, dass sie irgendwann von menschlichen Stimmen nicht mehr zu unterscheiden sein könnten: „Ich will aber bitteschön schon noch wissen, ob ich es mit einem Menschen oder einer Maschine zu tun habe.“ Es müssten also bei der Gestaltung dieser Stimmen irgendwann auch gewisse Erkennungsmerkmale mit eingebaut werden. Unter dieser Prämisse müsste auch das Projekt Google Duplex kritisch betrachtet werden. Es handelt sich dabei um die Weiterentwicklung eines digitalen Assistenten, der auf bestimmte Gesprächssituationen trainiert worden ist. Die konkrete Idee dahinter ist, dass der Google Assistent seinem Nutzer künftig bestimmte Anrufe abnehmen können soll, beispielsweise eine Tischreservierung im Restaurant. Dabei werden sogar für den Menschen typische „Ähs“ und „Mhms“ vom Sprachassistenten miteingebaut und es ist noch offen, ob sich die Maschine als solche zu erkennen gibt.
Klassischer Frontalunterricht bringt nichts
Die Digitalisierung verändert unser Leben – vor allem in der Industrie, aber auch im privaten Bereich – extrem und immer rasanter. Vielen Menschen geht das zu schnell. Oft stehen sie diesen Veränderungen mit Skepsis oder Ablehnung gegenüber. Muxel will mit seiner Forschung und mit seinem Hybrid Things Lab dazu beitragen, den Menschen die Ängste zu nehmen und ihnen die vielen Potenziale und Vorteile aufzeigen. Es geht ihm dabei nicht nur um möglichst effiziente Lösungen, sondern er versucht gemeinsam mit seinen Studierenden auch die richtigen Fragen und Probleme zu identifizieren. „Der klassische Frontalunterricht, der bringt hier nichts. Wir müssen die Dinge im Detail verstehen und gemeinsam herausfinden, was sie ausmacht. Das macht mir Spaß. Vor allem mit den Studenten, weil sie mit einer gewissen Unbedarftheit an die Sache rangehen – und so auf neue Ansätze kommen, die sonst schon einmal übersehen werden.“
Muxel will ran an die Schnittstelle zwischen Analogem und Digitalem. Es geht nicht nur um Roboter, sondern um jede Art der Interaktion mit Maschinen. Dazu zählen auch die smarten Lautsprecher von Google oder Amazon. „Muss so ein Lautsprecher immer starr auf dem Tisch stehen oder kann er vielleicht bei einer Party mal auf dem Tisch mittanzen?“, fragt Muxel lächelnd. Auch das Smartphone, Social-Media-Kanäle mit inbegriffen, zählt zu den Maschinen, mit denen sich Muxel auseinandersetzt. In diesem Zusammenhang spielt vor allem das Thema Bildung für ihn eine große Rolle: „Es reicht nicht, in den Schulklassen Tablets zu verteilen und den Schülern das Programmieren beizubringen. Wir müssen ihnen ein grundlegendes Verständnis zum Thema Digitalisierung vermitteln. Auch beim Stichwort Medienkompetenz gilt es noch viel zu tun. Wir haben da eine große pädagogische Aufgabe, was zum Beispiel die Meinungsmache auf Facebook angeht. Das muss alles transparenter werden“, stellt Muxel fest.
Reger Austausch auf dem Campus
Andreas Muxel ist 2017 aus Köln an die Hochschule nach Augsburg gekommen und ist begeistert. Eine große Qualität der Hochschule sieht er in der weitreichenden Kooperation mit vielen starken Unternehmen in der Region Augsburg. Am Standort der Hochschule schätzt er die fußläufige Erreichbarkeit aller Fakultäten: „Ich treffe hier viele Menschen aus den anderen Fakultäten, in der Mensa zum Beispiel. Der Austausch untereinander findet tatsächlich statt, er steht nicht nur auf dem Papier. Und meine Studenten sind sehr engagiert und experimentierfreudig.“ Ihnen will Andreas Muxel wichtige Grundlagen zum Gestalten vermitteln. „Ich will, dass sie diskursfähig sind, dass sie eigene Persönlichkeiten werden, Dinge hinterfragen und verantwortungsvoll handeln“, so Muxel. Im Studiengang „Interaktive Medien“ arbeitet Muxel auch interdisziplinär mit der Fakultät für Informatik zusammen, was ihm sehr wichtig ist.
Am wichtigsten ist ihm aber, dass er den Einzug der intelligenten Maschinen in unseren Alltag mitgestalten kann. „Ich will, dass meine Kinder später in einer Welt leben, in der es nicht wie in Charlie Chaplins Moderne Zeiten zugeht, wo der Mensch in die Zahnräder hineingezogen wird und nicht mehr Mensch sein kann oder es nicht mehr darf. Und ich will sagen können: Ich habe einen Beitrag dazu geleistet, dass das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine besser gestaltet ist.