BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Bettine von Arnim

1785 - 1859

 

Der sogenannte «Heckebeutel»

 

Zweite Fassung

 

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Fortsetzung des Berichtes über zwei Friedrich d'or deren Verwendung für die Armen von seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen von Preussen, den beiden Arnimskindern übertragen wurde.

 

Ich setze voraus, daß jener Antrag, meinen Ankauf eines Soldatenlebens von Anno 1831, wieder rückgängig zu machen, (welches mir blos am Herzen liegt um etwaigen schmutzigen polizeilichen Antastungen nicht ausgesezt zu sein) von seiner Königlichen Hoheit, gnädigst genehmigt sei, und habe daher das Capital von 4 Tlr 20 Gr: wieder in die Kasse zurückfließen lassen. Einem genauen Bericht wie dies Geld angewendet werde, stellt sich jedoch entgegen, daß es in einen Beutel gefallen worin das Geld gleich jenem berühmten Heckpfenning sich immer wieder erneut, so oft es bei erheblichen Anlässen verausgabt wird.

Zum Beispiel: Eine alte Frau kommt an meine Thüre. groß wie jene auserlesnen Frauen Deutschlands welche zu den Preussischen Grenadier-Regimentern das ihre gethan haben. Das hab ich auch, sagt die alte Frau; von drei mächtig großen Grenadieren bin ich Mutter, und noch einen Sohn hatte ich, der war aber nicht groß gewachsen. – Sie trat ein, ich nahm ihr die Kiepe ab und lobte ihr reinliches schönes Ansehen; Vor 10 Jahren, sagte sie, hatte ich dies für keine Schmeichelei genommen, aber im 90ten Jahr bleicht die Schönheit ab, und man kann Gott danken wenn man seinen gesunden Verstand behält; ich kann die ganze Bibel auslegen und meine Enkel alles lehren, ich habe drei Enkel, noch ganz junge Waisen an mich genommen, da war ich 80 Jahre alt, das ist 9 Jahre her; meine Tochter war an einen Zimmermann verheirathet, der ist verunglückt bei dem Bau der Potsdamer Kirche. Da haben sie ihr ihn tod ins Haus gebracht; Nach seinem Tod hat sie ein Kind geboren, das starb ihm nach, dann hat sie es auch gemacht wie das Kind, und hat gar manchmal in ihrer abzehrenden Kranckheit gesagt: Das Kind hat seinem Vater mehr nachgebangt wie ich; – Auf ihrem Todesbett sagte sie: Mutter verlassen Sie die Kinder nicht. – Der älteste war damals 6 Jahre alt, der ist jezt confirmirt, bei einem Schuhmacher in der Lehre und hat einen guten Sonntagsrock. Dies Jahr wird die älteste Tochter eingesegnet, sie hat aber noch kein Kleid, ich hoffe auf gute Menschen, die mir dazu verhelfen! – Sie erzählte ihr Vater sei als Fähnrich im Siebenjährigen Krieg geblieben; er war Baumstark sagte sie, und so groß daß er an die Decke reichte; ich bin anno 1756 geboren und war 6 Jahr alt, wie meine Mutter den Todesfall zu hören kriegte, da hatte sie die Scheere in der Hand sie ward ohnmächtig, die Scheere fiel ihr in die Arbeit und riß ein Loch hinein, sie war Goldstickerin, die Arbeit sollte 20 Ducaten kosten, die mußte sie von neuem anfangen das war ein salzig stück Brod von Thränen, denn sie blieb allein mit 9 Kindern die sind alle Soldaten gewesen, bis auf einen der war Kunstgärtner in Holland, der ist jezt 100 Jahr alt wenn er noch lebt; die andern sind alle im Feld geblieben anno 1793, bei Valancienne und Mons, da blieb auch mein Mann, der war ein so großer Grenadier, ich ging ihm unter dem Arm durch, und ich hatte doch 7ben Zoll; ich blieb allein mit 4 Söhnen und einer Tochter; die Söhne sind alle im Krieg geblieben Anno 1806 und 7ben, drei liegen unter dem Rasen bei Jena, der vierte war nicht ganz gut gewachsen und nicht Soldat, aber mußte doch auch im Krieg sein Leben lassen, bei der Einnahme von Magdeburg, da bekamen wir 40 Mann zu verpflegen, wir hatten alles dazu aufgeboten, aber nun kam ein zweiter Sturm Leute ohne Quartierzettel die wollten auch noch versorgt sein, mein Sohn wollte ihnen verständigen daß kein Platz mehr sei, da stach ihm ein Soldat mit dem Bajonet in den Leib, daß die Eingeweide herausfielen, er lag da am Boden, keiner konnte ihm helfen, der Geist war herausgeflogen, meine Tochter deckte ein schneeweiß Tuch über ihn und sezte sich neben ihn, und hielt Wache bei dem Todten; da kam ein vornehmer Offizier, der sah sie da sitzen und zittern neben dem Todten Bruder, das jammerte ihn so sehr, da lamentirten die Nachbarn und alle Leute, das war ein rechter Volksspectackel. Ich wußte gar nichts von mir, und machte alles wie es Noth that bei der großen Mannschaft, die ich allein versorgen mußte; da war ich so müde wie Alles schlafen war, legt ich mich zu meiner Tochter neben die Leiche und schlief ein. Da war die Sonne noch nicht herauf, so hörten Wir die Trommel gehn; sie holten mich unter die Soldaten, ich sollte sagen, welcher es sei der nach meinem Sohn gestochen hatte, ich war ganz erschrocken und wollte wieder fort, da kam aber einer auf mich zu, und fragte ob ich ihm verzeihen wollte, er sei es gewesen; ich hab ihm auch von Herzen verziehen, aber eine Stunde drauf haben sie ihn doch erschossen.

Ihre Tochter hat sich mit ihr durch feine Handarbeit ernährt, dann hat sie den Zimmermann geheirathet; wie die beiden Eltern nun gestorben waren, hat die alte Großmutter für jedes Enkelkind alle Monat 6 groschen von der Dorfgemeine erhalten; Abends wenn es dämmerte hat sie mit den Enkelkindern Kräuter gesucht und getrocknet, und dann in Berlin in die Apothecken verkauft Ich fragte wie viel sie dafür bekomme. «Für eine gedrückte Kiepe voll 8 groschen. Ach da muß man sich oft bücken, sagte sie, bis man so viel beisammen hat, und dann der weite Weg in die Stadt, und der Winter wo es keine Kräuter giebt. – Da muß man Holz suchen im Schnee dann wills nicht brennen, und giebt einen Qualm, es thät Noth man sperrt Thür und Fenster auf; aber es sind so schon Löcher in den Wänden, der Zugwind geht immer so durch; wenns dann endlich hell brennt, dann ists zum Ansehen aber nicht zum wärmen. Sie Werdens kaum glauben Gnädiges Frauchen, aber so hoch wie ich sitze so hoch ist auch das Eis rings an den Wänden ausgeschlagen, es ist diesen Winter nicht zum Aushalten: hätt ich doch zwei Thlrchen zu einem Füderchen Holz! – » Dies Geld fand sich in dem Heckebeutel für sie. Nun war sie sehr erfreut, sie rühmte ihre Beredsamkeit, und subtilen Verstand, womit sie die Leute bewege ihr immer das Noth-wendige zu geben.

Auf meine Frage von was sie lebe, sagte sie, von Brodsuppe und etwas Kümmel, denn Butter könne sie nicht kaufen, sie esse das Dünne von der Suppe und ihre Enkel das Dicke. – Sie kam kurz vor der Einsegnung wieder und holte das Kleid für die Enkelin was ihr versprochen war, und sagte jezt hoffe sie wieder emporzukommen wenn ihr nur ein Mensch wolle 8 Thlr leihen dann wolle sie mit ihrer Enkelin die jezt aus der Schule bleibe, auf den Dörfern umher Butter Eier Hühner Tauben Meel und Grützen einkaufen und sie wieder in der Stadt verkaufen, damit sie ihren Enkelkindern einen Erwerbzweig könne hinterlassen. – Die 8 Thlr fanden sich im Heckebeutel! – Wie froh war die alte Frau! – sie lobte Gott der ihren hellen Verstand bis in ihr spätes Alter ihr gelassen, um die Leute zum Guten zu bereden. Das Geld wolle <sie> nach und nach wieder abtragen. – Ich sah die Frau lange nicht wieder, ich schickte einen Bedienten nach Glienicke er war ein Frommer, der rings in der Nachbarschaft die Leute bekehrte, und meine Gottlosigkeit zum Text seiner Predigten nahm; er kam zurück und hatte die Frau nicht gefunden. – Kurz vor Pfingsten begegnete ich die Frau auf der Straße mit der Kiepe auf dem Rücken, ich packe sie in eine Droschke, sie sieht ganz elend aus; sie greift in die Tasche, holt wenige Groschen heraus, das ist alles was noch übrig ist von den 8 Thlrn. Das Enckelkind war zu Ostern zum Abendmal gegangen, als sie aus der Kirche kommt, sagt sie Großmutter ich will mich legen, den zweiten Tag war sie Tod. – Das Begräbniß hat 6 Tlr 4 Gr gekostet; da wollte sie kommen und es mir klagen aber die jüngste Enkelin jammerte so, daß sie nicht allein bleiben wollte, so ist sie dort geblieben bis das Geld alle war; nun muß ich aber doch wieder in die Stadt, sagte sie, um das bischen Brod zu suchen was mir hier bescheert ist; da hat das Kind so lamentirt, ich könnte unterwegs einmal sterben und nicht wieder kommen. Dummes Kind, hab ich gesagt, ich werde nicht sterben so lang du noch in der Schule bist; aber da wärs doch bald anders gekommen, da rasselt ein Wagen daher und über mich weg, davon Thut mir die Brust so sehr weh, sie haben mir ein groß Pflaster draufgelegt. – Jezt hätte ich aber eine große Bitte liebes gnädiges Frauchen, wenn Sie mir fünf Thlrchen wollten geben, dann nehm ich meinen Enkelsohn aus der Lehre der kann mir dann auf den Dörfern umher alles einkaufen und dann kann er mit mir in die Stadt und alles wieder verkaufen. – Die fünf Thlr fanden sich im Heckebeutel; – sie freute sich abermals daß Gott sie mit einem so guten Verstand begabt habe um ihr Anliegen ordentlich und deutlich vorzubringen daß sie es zum Besten ihrer Enkelkinder anwenden könne; und sie werde gewiß alles bei Heller und Pfenning wieder ersetzen; ich solle nun auch auf Pfingsten ja nichts in die Wirthschaft kaufen sie werde alles selbst bringen, das solle die erste Rückzahlung sein. – Pfingsten war gekommen aber nicht die Frau! – jedoch gleich nach Pfingsten erschien sie ganz ermattet, und erzählte der Schuhmachermeister bei dem ihr Sohn in der Lehre stehe wolle ihn nicht loslassen er müsse erst seine Lehrjahre ausdienen; nun würde sie freilich nichts können anfangen; so aber, sei ein Mann im Fahrland gestorben, der habe eine Karre mit einem Hund hinterlassen; für 7ben Thlr, sei die zu verkaufen; wenn ich den Hund mit der Karre habe dann kann ich mir helfen, dann fahr ich am Sonnabend wo keine Schule ist mit meinem jüngsten Enkelkind auf die Dörfer und hole alles ein. Ach liebes gnädiges Frauchen, geben Sie mir die 7ben Thälerchen Sie können sich drauf verlassen am nächsten Montag werd ich Ihnen von der allerbesten Sahne mitbringen, und da dürfen Sie keinen Heller bezahlen Nein! das leidet meine Ehre nicht! – Die 7ben Thaler fanden sich im Heckebeutel, die Frau lobte mich gar sehr. «Wenn ich nun alles so eingerichtet hab» sagte sie «daß auch nach meinem Tod Ihnen richtig wieder abgetragen wird was ich von Ihnen geborgt habe, dann will ich mich zu Hause ausruhen und mein Stündchen abwarten. Aber einmal will ich doch noch kommen vor meinem Tod, denn Sie sind mein Schutzengel, und sehen Sie gnädiges Frauchen, es ist doch eine große Gnade von Gott, daß ich gute Herzen so bereden kann zum Besten; – Ja, sagt ich, Sie hat ein großes Genie zur Beredsamkeit, man könnt es in der Zeitung rühmen! – Die Frau wollte eben ihren mühseelgen weiten Rückweg antreten, da kam ein großer Regen, ich gab ihr einen Schirm, wie vergnügt ging sie nun mit der Kiepe auf dem Rücken unter ihrem eignen Dach, ganz ohne Mühe, der Schirm war an der Kiepe befestigt. –

Sie kam zum rechten Tag wieder, allein ohne Marktwaaren, sie war recht vergnügt. Die Sachen hab ich nicht mitbringen können sagte sie, den Hund mit der Karre hab ich aber gekauft, das Thier frißt mehr an einem Tag als wir die ganze Woche verzehren, da müssen wir sehen wie wir zurecht kommen, den Hund kann ich nicht darben lassen er ist unser Broderwerber, nein das thu ich nicht, lieber will ich darben. Aber liebes gnädiges Frauchen Sie sind meine Zuflucht, Sie wissen daß der Arme dem es an allem fehlt doch auch leben muß denn Gott hat ihm den Athem eingeblasen; ich war verhungert oder verfroren diesen Winter, hätt ich Sie nicht gehabt; ein Menschenleben ist nicht zu Theuer bezahlt, wenn Sie noch eine 5 Thlrchen drangeben, daß ich meine Runde machen kann mit dem Hund, in den Dörfern muß man Herberge und Wegzehrung für den Hund zahlen, das läuft ins Geld! – Der Heckebeutel hatte diesmal nur 4 Thlr. mehr war nicht drinn. – Nun! ich werde Ihnen alles gedoppelt wieder einbringen sagte sie. Sie dürfen jezt für nichts mehr in der Wirthschaft sorgen, alles soll im Überfluß ins Haus gebracht werden, von mir und meinen Enkelkindern; aber Gott muß ich doch loben über meine Klugheit in meinem hohen Alter, er weiß die Herzen zwar zu lenken, aber wenn man so dumm ist und versteht seine Winke nicht, so hilfts zu nichts! Nun sehen <Sie> wie ich mich aber danach zu richten versteh, und kann alles gedoppelt wieder einbringen was ich mit meiner Beredsamkeit mir hab erworben? – Ich mußte der Frau recht geben. – Als sie fort war kamen jene zwei FriedrichsDor, von seiner Königlichen Hoheit in den Heckebeutel der Armen! Wem sollten sie bestimmt sein? – Die Steinalte, hatte das Unmögliche versucht um im 90sten Jahr noch mit eignen Kräften eine unabhängige Existenz zu erwerben, diese langten nicht aus, das war voraus zu sehen. Wenn aber ein alter Krieger der vielen Siegen voran stritt, endlich noch in eine lezte Fehde verwickelt, selbst die Waffen zu führen sich nicht enthalten kann; sollte er auch unterliegen; so ist er dennoch der größere Held! Eben so ist diese Frau, deren Vater unter Friedrich dem zweiten sein Leben dran gab um Preussen groß zu machen, deren Mann und sieben Brüder in den Mörderischen Scharmützeln von Mons und Valancienne anno drei und neunzig mit ihrem Blute das Französische Feld tränkten; deren drei Söhne bei den ersten kriegerischen Wallungen Anno 1806 und 7ben gegen das fremde Joch, wie Gold in einem Feuer zusammenschmolz mit der Begeistrung des Prinzen Louis Ferdinand, dessen Wunden zusammen mit den ihren gen Himmel rauchten. Ja eben so groß, ist dieser alten Frau Muth, mit eignen Kräften auf dieser, den Armen treulosen, Welt, ihren Enkelkindern eine sichre Stelle gründen zu wollen keiner denke hier das Falsche, als habe sie nicht den ernsten Willen gehabt zu dem Vorhaben. Die Frau hat nach geprüfter Weise vertraut auf die feste Ausdauer; das einzige woran sie nicht glauben kann, ist an ihre gesunkne Kraft. Nein! das Blut was aus Helden stammt, und wieder Helden dem Vaterland gegeben hat verläßt sich auf die eigne Energie; und bisher hat es ihr geglückt, denn sie hat sich die Pfenninge des Heckebeutels erobert, und ist immer wieder mit erfrischtem Muth drangegangen ihn aus zu keltern Diese zwei Friedrichsdor des Prinzen von Preussen die jezt im Heckebeutel liegen sollten sie nicht der übermenschlichen ungebrochnen Zuversicht dieser Frau zur Beute werden? – Eine fürstliche Gesinnung wird keiner verläumderischen Ansicht Raum geben, noch das Böse glauben wo sie das Gute voraussetzen darf; denn das sind Kümmerniße feiler Seelen, die nicht an die Hoheit reichen. Sorgenfrei soll das Haupt strahlen das Gnadengaben austheilt, ob sie auch richtig angewendet sind. So zum wenigsten denke ich, die von des Prinzen von Preussen Hoheit gewürdigt ist diese zwei Friedrichsdor den Armen zu spenden, wenn es mir nachgeht so huldige der Prinz von Preussen der Beredsamkeit dieser 90jährigen Grenadier Mutter, und ich sende dann einen Eilboten nach dem Fahrlande mit dem Gold aus dem Heckebeutel; sie wohnt dort in der Bruchstraße No 35 bei dem Hauseigentümer Koch! –

Doch es war kein Bote nötig eben Heute am 11ten Juni Morgens um 7 Uhr als ich noch schlief war sie schon von Charlottenburg herüber gewandert; sie will um 11 Uhr mit der Eisenbahn nach Potsdam, dort muß sie ja einen Gewerbschein lösen sonst darf sie nicht hausiren gehen; der Gewerbschein muß aufs ganze Jahr gelöst werden, doch kann man ihn 4teljährig abtragen. – Und wenn nun einer verarmt und kann das Gewerb nicht fortsetzen so muß er zum wenigsten ein Jahrlang den Gewerbschein bezahlen. –

Also wenn die Armuth verarmt bei ihrem Gewerb, so muß sie sich am Versuch verbluten, sich empor zu arbeiten! – Ja! sagt die Frau den König will ich nicht betrügen, der muß das seinige haben, nein ich will mit Ehren in die Gruft, wollte ich nicht den Gewerbschein lösen wo doch alle die Meinigen Königsleute waren und sind unter der Preussischen Fahne geblieben! – nein ich werd meine Schuldigkeit thun und dem König das seine abtragen! – Aber Frau Sie hat es ja nicht, und kann ja morgen sterben! – Das kann nichts helfen, dem Hund mit der Karre, muß ich den ganzen Tag Brod und Kartoffel einbrocken, und nun sollt er mir nicht sein jahr Gewerbschein lösen! Das geht nicht der Hund muß dran willst Du fressen und nicht dem König das seinige einbringen! – Das will ich dir bald lehren! – so wie ich das erste 4tel Jahr Gewerbschein abgetragen hab wird er mit Sonnenaufgang eingespannt, und nun zieh', du sollst dein Brod im Schweiß deines Angesichts essen! – Das hat Gott zum Stammvater der Menschen gesagt das muß dem Hund auch recht sein! – Aber liebe Frau, 12 oder 16 thlr. Gewerbschein kann Sie doch nicht herbei schaffen, mit was will sie jezt sich den Gewerbschein lösen in Potsdam? – Ja liebes gnädiges Frauchen ich verlasse mich auf Gott und gute Menschen die auf kluge Reden hören, die sich verwarnen lassen ich bin im nächsten Januar Neunzig Jahr alt ich hab meinen hellen Kopf, dem großen christlichen Gebot soll die Christenheit folgen thue deinem Nächsten was Du willst das man Dir selbst thue; gnädiges Frauchen von Ihnen kann ichs nicht fordern Sie haben Ihre Pflicht an mir gethan, aber ein jeder wird mir zugestehen daß wenn er einen Gewerbschein zu lösen hat! und der Beutel ist leer, der wollt daß der nächste der was im Beutel hat ihm den Schein bezahlt; also sehen Sie wohl wie schön das Gebot des Herrn jedem ins Herz geschrieben ist. Ja könnten die Reichen leute Gottes Schrift im eignen Herzen lesen da würden mehr Gewerbscheine gelöst als die Armuth zu ihrer Handirung braucht.