Clemens Brentano
1778 - 1842
Gedichte 1804 - 1815
1812Arbeit am Drama «Aloys und Imelde» Beginn der Arbeit an dem Drama «Die Gründung Prags». Scheidung von Auguste Bußmann. April: Zerwürfnis mit Varnhagen. August: Treffen mit Arnim und Bettina in Teplitz
|
|
_______________________________________________________________________
| |
An dem Feuer saß das Kind,Amor, Amor!Und war blind –Mit dem kleinen Flügel fächelt –In die Flamme, er und lächelt,Fächle, lächle, schlaues Kind.
Ach, der Flügel brennt dem KindAmor, AmorLäuft geschwindO, wie mich die Glut durchpeinet!Flügelschlagend, laut er weinet,In der Hirtin Schoß entrinntHülfeschreind das schlaue Kind.
Und die Hirtin hilft dem KindAmor, Amor,Bös und blind –Hirtin, sieh, dein Herz entbrennet,Hast den Schelm du nicht gekennet,Sieh, die Flamme wächst geschwind,Hüt dich vor dem schlauen Kind!
1812, aus dem Drama «Aloys und Imelde» (Frühwald 1968)
*
Die Lilie blüht, ich bin die fromme BieneDie in der Blätter keuschen Busen sinktUnd süßen Tau und milden Honig trinktDoch lebt ihr Glanz, und bleibet ewig grüneSo (ist) dann selig mein GemütWeil meine Lilie blüht!
Die Lilie blüht, Gott, laß den Schein verziehnDamit die Zeit des Sommers langsam gehtUnd weder Frost noch andre Not entstehtSo wird mein Glück in dieser Lilie blühn,So klingt mein süßes Freudenlied,Ach, meine Lilie blüht.
1812, aus dem Drama «Aloys und Imelde» (Frühwald 1968)
*
Dein Lied erklang, ich habe es gehöret,Wie durch die Rosen es zum Monde zog;Den Schmetterling, der bunt im Frühling flog,Hast du zur frommen Biene dir bekehret,Zur Rose ist mein Drang,Seit mir dein Lied erklang!
Dein Lied erklang, die Nacht hats hingetragen,Ach, meiner Ruhe süßes Schwanenlied!Dem Mond, der lauschend von dem Himmel sieht,Den Sternen und den Rosen muß ichs klagen,Wohin sie sich nun schwang,Der dieses Lied erklang!
Dein Lied erklang, es war kein Ton vergebens,Der ganze Frühling, der von Liebe haucht,Hat, als du sangest, nieder sich getauchtIm sehnsuchtsvollen Strome meines Lebens,Im Sonnenuntergang,Als mir dein Lied erklang!
1812, aus dem Drama «Aloys und Imelde» (Frühwald 1968)
*
Wohlan! so bin ich deiner losDu freches lüderliches Weib!Fluch über deinen sündenvollen Schoß,Fluch über deinen feilen geilen Leib,Fluch über deine lüderlichen Brüste,Von Zucht und Wahrheit leer,Von Schand und Lügen schwer,Ein schmutzig Kissen aller eklen Lüste.Fluch über jede tote Stunde,Die ich an deinem lügenvollen MundeIn ekelhafter Küsse Rausch vollbracht,Fluch über jede gottvergeßne Nacht,Die ich in deinem frechen Bett erhandelt,Die ich in toller Liebe überwacht,Wohl unter deinem Fenster hingewandelt,Wenn du mit andern in dem Werk befangen,Mit andrer Lüg' an anderm Mund gehangen.Mein Gott, mein Gott, er will sich mein erbarmen,Mein Herr hat mich befreit aus deinen Armen,Wohin dein Gott, der Satan, mich geführt;Drum hab ich nimmer dir dein Herz gerührt,Und wie ich mochte bitten, mochte flehen,Kein edles Wort hört ich von dir erstehen,Du drohst, du elend Weib, dich zu ermorden,O könntest du's, es stürb dein ganzer Orden,Doch spar die Mühe nur, denn du bist längstens tot,Längst faulst du in dir selbst, in Sünd und Lügenkot.Schneidst du den Hals dir abUnd springst du in die Spree,Du findest nie ein Grab,Die Spreu schwimmt in der Höh.Des Todes heiliger TraumWird nimmer dich erlösen,Es stirbt ein grüner Baum,Doch nie ein dürrer Besen.Zur eignen Rute wirst du noch an deinem Rücken,Und höchstens reicht dein Leib dir einstens schlechte Krücken.Wohlan, du elend Weib, nun sind wir auf der Stelle,Wo wir zuerst uns sahn, ich, du, und dein Geselle,Ich mein den Teufel, Weib, der deine Seele reitet,Hör wie sein Flügel rauscht, den über dir er breitet,Ich hör den dunklen Fluß, es tönt die dumpfe Welle,Du Lügnerin leb wohl, leb schlecht hier ist die Schwelle,Wo sich mein reuig Herz, von dir, du Hexe, scheidet,Verdorren mag der Fuß, der je dein Bett beschreitet,Ich hab dich nie gekannt, ich hab dich nie gesehen,Es war ein böser Traum, er muß hinuntergehen.Das lüderliche Buch, um das du mich betrogen,Aus dem du geile Brunst für andre Lust gesogen,Ich werfe es hinab in diese schmutzgen Wogen,Und mit ihm werf ich hin, was ich für dich gefühlt,Daß sich die böse Glut, die mir das Herz zerwühlt,In dieses Flusses trüber Welle kühlt.Nimm hin den Scheidekuß,Ich geb ihn ohn Verdruß,Von mir ist dir verziehn,Wend dich, zu Gott dahinUnd fleh, daß er verzeih;Dem Sünder steht es frei.Er ist für dich, für mich, für Alle uns gestorben,Ich habe im Gebet mir Trost von ihm erworben.Ich gab des Heilands Bild in deine schnöden Hände,So bin durch dich ich auch zu einem Judas worden,Den Herrn hab ich verkauft, an die, die ihn ermorden,Erbarm dich meiner Seel, und zu dem Kreuz dich wende,O mache, daß an dir dies Bild ein Wunder tut,Und daß er dich erlöst mit seinem heilgen Blut,So darf ich ruhig sein, daß ich so fromme GabeAn dich, du elend Weib, so schnöd vergeudet habe,Nun wend ich mich von dir, ich will in Frieden gehn,Ich will unschuldig nun die Sterne wiedersehn,Ich will zu Gott dem Herrn um Hülfe für dich flehn,Daß dich die Gnade sein barmherzig mög anwehnDaß einen Engel er zu dir ermahnend sende,Daß er dein elend Herz wie meines zu sich wende,So gehet nicht mein Schmerz, doch Leid und Lieb zu Ende.
1812, vermutlich nach der Scheidung von Auguste Bußmann (Frühwald 1968)
*
Ich träumte hinab in das dunkle TalAuf engen FelsenstufenUnd hab mein Liebchen ohne ZahlBald hier, bald da gerufenTreulieb, Treulieb ist verloren!
Mein lieber Hirt nun sage mir,Hast du Treulieb gesehen,Sie wollte zu den Lämmern hier,Und dann zum Brunnen gehen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Treulieb in meinem Schoße saßDort oben an den Klippen,Und weil die Wangen ihr so blaß,So küßt ich ihre Lippen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Ich blies die Flöte, ich flocht den Kranz,Ich ging ihr Blumen zu pflücken,Ich wollte sie zum AbendtanzAls meine Buhle schmücken.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Da hört sie ein schallendes Jägerhorn,Da tät sie die Öhrlein stellenUnd schwang sich hinüber durch Distel und DornUnd folgte dem Waldgesellen.Treulieb. Treulieb ist verloren!
Ich träumte hinab in den dunklen WaldAuf engen FelsenstufenUnd habe mein Liebchen, daß es schalltBald hier, bald da gerufen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Mein lieber Jäger, nun sage mir,Hast du mein Lieb gesehen?Sie wollte in das WaldrevierZu Hirsch und Rehen gehen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Treulieb lag heut in meinem ArmIm Schatten kühler Eichen;Wir herzten uns, es ward ihr warm,Sie ging ins Bad zu steigen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Der Mühlbursch hell ein Liedlein pfiff,Da tauchte Treulieb unterUnd tauchte auf, sprang in sein Schiff,Ohn Hemd doch frisch und munter.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Ich träume hin an Mühlbachs RandAuf engen FelsenstufenUnd habe in schallender KlippenwandMein Liebchen oft gerufen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Nun lieber Müller, nun sage mir,Hast du mein Lieb gesehen?Ich gab ihr Korn, sie wollte hierBei dir zur Mühle gehen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Treulieb ist heut auf weichem PfühlIn meinem Arm entschlafen;Es klang die Schelle, es klappte die Mühl,Das Auffüllen hab ich verschlafen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Und als mich morgens die Reuter geweckt,Die hier vorbeigezogen,Hat sie der Trompeter in Mantel gestecktUnd mich um sie betrogen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Ich träumte hin auf der Reuter Zug,In Staub erkannt ich die Hufen.Und wo das Herz mir lauter schlug,Hab Treulieb ich gerufen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Mein lieber Reuter, willst du mir,Wo Liebchen ist wohl sagen?Ich weiß, sie hat geholfen dir,Dein Zeltlein aufzuschlagen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Treulieb bei mir im Zelte lag,Das Pulver hat sie gerochen,Die ganze Nacht, doch früh am TagDa ist sie aufgebrochen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Es zog der Bettelstudent vorbeiUnd spielte auf der Leier,Sie guckt hinaus, was es wohl sei,Und folgt dem neuen Freier.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Ich träumte, ich folg der Leier KlangHinab viel FelsenstufenUnd habe auf dem bittren GangMein Liebchen noch oft gerufen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Mein lieber Schüler, sage mir,Hast du Treulieb gesehen?Sie wollt, ich weiß es wohl, bei dirZur Singeschule gehen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Treulieb fraß (mit) mir auf ein MalWohl Bettelbrot zwei Pfunde.Den Wein, den sie dem Reuter stahl,Trank ich aus ihrem Munde.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Doch als ich an der Schmiede stand,Ums Abendbrot zu singen,Viel größre Freude sie empfandAn kräftgem Hammerschwingen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Mein lieber Meister, wohlgestallt,Sprach sie zum rußgen Mohren,Beschlag mich lieber warm als kalt,Viel Eisen hab ich verloren.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Ich träumt zur Schmiede den schwarzen GangHinab so viele StufenUnd lauter als der Hammer klang,Hab ich Treulieb gerufen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Der Meister sprach: sie hat der Knecht,Der Knecht: sie hat der Bube.Der Bube wies mich dann zurecht,Zu Totengräbers Stube.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Ich träumt hinab ins TotentalWohl tausend dunkle StufenUnd hab mein Lieb wohl tausendmalMit bittrer Angst gerufen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Mein Totengräber, nun sage mir,Hast du mein Lieb gesehen?Auf ihrer Mutter Grab allhierWollt sie die Blumen säen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Treulieb lag bei mir manche NachtUnd sang mir freche Lieder;Und wenn ich ein Fräulein zu Grab gebracht,Da stahl sie ihr den Mieder.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Sie stiehlt der Braut den Jungfernkranz,Die schwarzen Totenschuhe,Die zieht sie an und ging zum TanzUnd nimmt den Leichen die Ruhe.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Und als sie nach goldnen Ringen suchtUnd in den Sarg tät langen,Der tote Jude, der tief verflucht,Hat zärtlich sie umfangen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Wo ist des toten Juden Grab,Wo ruht der böse Bube?Der Totengräber zur Antwort gab:Geh nach der Schindergrube.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Ich träumte zum dunklen Galgen hin,Hinauf viel tausend StufenUnd hab mein Lieb mit wildem SinnWie Raben und Geier gerufen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Nun toter Jude, sage mir,Hast du Treulieb gesehen?Sie wollte ganz allein zu dir,Um dich zu taufen, gehen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Sie lag bei mir zur zwölften StundUnd hat mir's nicht gedanket.Es heulte zum Mond des Schinders Hund,Der Gehenkte im Galgen schwanket.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Da läßt sie die edle vertrauliche GruftUnd stiehlt mir meine GeschmeiderUnd steigt herauf zu dem luftigen SchuftAuf der dünnen Galgenleiter.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Ich träumte hinauf ins leere SchloßWohl auf der Leiter StufenUnd habe auf jeder GalgensproßNach meinem Lieb gerufen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Nun sag mir, mein gehenkter Schuft,Hast du Treulieb gesehen?Sie schöpfte hier wohl frische LuftUnd wollte um sich sehen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Sie hat mit mir im MondenscheinEin Stündchen sich geschaukelt;Da hob sich Lärm und wildes Schrein,Da kam es heran gegaukelt.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Zuerst der Hexen Troß voran,Auf Gabeln und auf Besen,Und dann der Meister Urian,Der hat sie sich erlesen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Er faßt die Jungfer sich aufs KornMit angenehmen Sitten.Sie faßt den Teufel bei dem Horn,Zum Blocksberg sie dann ritten.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Ich träumte hinauf die steile HöhAuf engen FelsenstufenUnd hab mit Ach und hab mit WehNach meinem Liebchen gerufenTreulieb, Treulieb ist verloren!
Nun lieber Teufel, sage mir,Hast du Treulieb gesehen?Sie kam allein herauf zu dir,Dich kämpfend zu bestehen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Treulieb, sie küßte mich unterm Schwanz,Ich war ihr wohlgewogen;Doch hat sie mir beim wilden TanzEin Ohr schier abgelogen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Geh, nimm sie wieder, da sitzet sieAuf einem Katzendrecke. –Bist du Treulieb? ich laut aufschrie,Als ich das Luder entdecke.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Mein lieb Treulieb, nun sage mir,Hast du Treulieb gesehen?Sie soll nun mir in dir allhierWahrhaftiglich bestehen.Treulieb, Treulieb ist verloren!
Treulieb, Treulieb sie sitzt allhieAuf mir dem falschen Schwure.Treulieb ist Dichterphantasie;Und ich bin deine Hure!Treulieb, Treulieb ist verloren!
1812 (Frühwald 1968)
*
Die Welt war mir zuwiderDie Berge lagen auf mirDer Himmel war mir zu niederIch sehnte mich nach dir, nach dir,O lieb Mädel wie schlecht bist du!
Ich trieb wohl durch die GassenZwei lange Jahre michAn den Ecken mußt ich passenUnd harren nur auf dich, auf dich.O lieb Mädel wie schlecht bist du!
Und alle LiebeswundenDie brachen auf in mirAls ich dich endlich gefundenIch lebt und starb in dir, in dir!O lieb Mädel wie schlecht bist du!
Ich hab vor deiner TüreDie hellgestirnte Nacht,Daß dich mein Lieben rühreOft liebeskrank durchwacht.O lieb Mädel wie schlecht bist du!
Ich ging nicht zu dem FesteTrank nicht den edlen WeinErtrug den Spott der GästeUm nur bei dir zu sein.O lieb Mädel wie schlecht bist du!
Bin zitternd zu dir gekommenAls wärst du ein Jungfräulein,Hab dich in Arm genommenAls wärst du mein allein, allein.O lieb Mädel wie schlecht bist du!
Wie schlecht du sonst gewesenVergaß ich liebend in mirUnd all dein elendes WesenVergab ich herzlich dir ach dir,O lieb Mädel, wie schlecht bist du!
Als du mir nackt gegebenZur Nacht den kühlen TrankVergiftetest du mein Leben,Da war meine Seele so krank so krankO lieb Mädel, wie schlecht bist du!
Bergab bin ich gegangenMit dir zu jeder Stund,Hab fest an dir gehangenUnd ging mit dir zu Grund.O lieb Mädel, wie schlecht bist du!
Es hat sich an der WundeDie Schlange fest gesaugtHat mit dem giftgen MundeDen Tod in mich gehaucht.O lieb Mädel, wie schlecht bist du!
Und ach in all den PeinenWar ich nur gut und treuDaß ich mich nannt den DeinenIch nimmermehr bereu, bereuO lieb Mädel wie schlecht bist du!
1812 (Schultz 1995)
*
Heil'ge Nacht, heil'ge Nacht!Sterngeschloßner Himmelsfrieden!Alles, was das Licht geschieden,Ist verbunden,Alle WundenBluten süß im Abendrot!
Bjelbogs Speer, Bjelbogs SpeerSinkt in's Herz der trunknen Erde,Die mit seliger GeberdeEine RoseIn dem SchoßeDunkler Lüste niedertaucht.
Zücht'ge Braut, zücht'ge Braut!Deine süße Schmach verhülle,Wenn des Hochzeitbechers FülleSich ergießet.Also fließetIn die brünst'ge Nacht der Tag!
Entstanden vermutlich Ende 1812, aus dem Drama «Die Gründung Prags» (Frühwald 1968)
*
Brouillon einer Romanze von Amor unter dem Helm.Die Veranlassung weiss ich nicht mehr.
An dem Rande dunkler QuelleSaß ein Kind mit blankem Helm,Und ein armer Kriegsgeselle,Nahte sich dem kleinen Schelm.
Und das Kind versteckt sich schnelleUnterm Helm, als er es sah,Sprach mit seinem Stimmlein helle,Guck, Guck, Guck, Guck, bin nicht da.
Magst du diesen Helm von Golde,Tragen, sprach der arme Mann,Werb ich mich in deinem SoldeGern zu hohen Diensten an.
Sprich, was willst du Handgeld geben,Wunderholder Kriegesgott,Lieben will ich und auch leben,Und auch sterben ohne Spott.
Willst du meiner Fahne schwörenSchallt es unterm Helm heraus,Mußt du erst die Rätsel hören,Die in diesem Helm zu Haus.
Erst, wer bist du? daß du dienenMöchtest einem klugen Kind,Und wie bin ich dir erschienen,Bin ich sehend oder blind.
Und der Helm, der mich verstecket,Ist er leicht nur oder schwer,Also fragt das Kind und necket,Und der Helm wankt hin und her.
Und die Flamme des MetallesSpiegelt in des Kriegers Brust,Und er spricht, dies alles, allesUnd noch mehr ist mir bewußt,
Alle diese Rätsel lös ich,Fragst du sie in meinem Arm,Und vom schweren Helm entblöß ichDir das Haupt, das Gott erbarm!
Und er hebet waffenkundigKühn den Helm, da trifft ein PfeilUnd das Kind spricht, dich verwund ich?Daß ich meine Wunden heil.
Denn es hat mich schwer gedrücketDieses goldnen Helmes Dach,Unter seine Last gebücketMir die Himmelsluft gebrach,
Nur die Sonnenschwerter drangenHeißer durch das rote ErzUnd die Seele lag gefangen,Und gebunden lag das Herz.
Aber jetzo gibt die SonneAuch das süße, heilge Licht,Und mein Herz zerspringt in WonneWenn es nicht in Schmerz zerbricht.
Eile armer Kriegsgeselle,Fülle schnell des Helmes Raum,Mit der kühlen Flut am Quelle,Fülle voll ihn bis zum Saum!
Dann ich dir die Labung teile,Ich genese von dem HelmDu genesest von dem PfeileAlso sprach der kleine Schelm.
Blutend geht der Kriegsgeselle,Füllet ruhig jenen Helm,Aber an derselben StelleFindet er nicht mehr den Schelm,
Eine ernste Jungfrau sieht erTraurig, freudig blickt sie hinUnd er blicket also wieder,Nennt sie eine Zauberin.
Willst du mich umhelmet fragen,Dann als Kind dein Pfeil mich trifft,Dann soll ich dir Wasser tragen,Sprich ists Wasser? Ist es Gift?
Und zur Jungfrau gar geworden,Sag es flüsternd, sag es laut,Lieber dich muß ich ermorden,Ich bin eines andern Braut.
Also spricht der KriegsgeselleAchtet nicht der Wunde Blut,Das sich mischet mit der QuelleIn dem goldnen Waffenhut.
Als das Weib sein Blut erblicket,Faßt sie heftig nach dem Trank,Trinkt von Herzen und entzücketSpricht sie, ich bin nicht mehr krank.
Reicht ihm dann den Helm, zu trinken,An der Stelle wo sie trank,Ihre Äuglein ihm zuwinkenUnd er trank und war nicht krank.
Und er küßte ihre Lippen,Ganz in heißer Liebe wund,Blut, o Blut, an deinen KlippenScheitre ich, und geh zu Grund,
Geh zu Grund, denn hier ist Thule,Und aus dem Korallenschlund,Bringt den Becher er der BuhleUnd sie trinket sich gesund.
Und er spricht, dein Helmlein werf ich,Daß es blinke in dem Gras,Falsche Liebe, die entnerv ich,Denn ich liebe nicht zum Spaß.
Denn kannst du nicht Treue haltenDer nicht wußte, daß du blind,Liebe muß im Lichte walten,Sei mein Herr, ich bin ein Kind.
Und sie sah den Helm hin rollenGolden in der Blumen Schein,Und aus ihren Äuglein quollen,Tränen und sie waren rein.
Waren Perlen ihres LebensFielen in den Liebeswein,Und den trank ich nicht vergebens,Becher, Becher, du bist mein.
Und sie trinken aus den BecherTrinken sich die Augen aus,Trinken recht wie kühne Zecher,Ach und halten dennoch Haus.
Denn so reichlich gibt die Liebe,Daß sie Höll um Himmel tauscht,Daß, wenn auch kein Tropfen bliebe,Sie im Durste sich berauscht,
Aber aus dem Helme lachetAmor, der dies Lied ersann,Der ein Feuer angefachet,Das er nimmer löschen kann.
Und es klinget mit den PfeilenNun der Knabe an dem HelmUnd aus allen Blumen eilenBienen zu dem kleinen Schelm.
Entstanden vielleicht 1812 (Boëtius 1985) |