BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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ich vergangenen Herbst von der Abendsonne herrlich beleuchtet sah. – Das schönste Gebäude in Chambery ist nicht etwa ein Opernhaus, sondern die Bettler haben St. Helena, einen palastähnlichen Zufluchtsort, die Kranken ihr Hotel Dieu, ein schönes Gebäude, und diesem folgt ein nicht minder ansehnliches und segensreiches: l'Ecole de charité.

 

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Seit gestern Abends sind wir in Aix les bains. Beim Einfahren in das Städtchen war das erste, freundliche Gesicht: der Apotheker, der, die Hände sich reibend, vergnügt zwischen seinen Büchsen stand. Ausruhen will ich aber nun auch, sonst hat der Apotheker mir gelächelt. Vor allem will ich einige Tage mir die Feder aus den Augen rücken, und nicht schreiben und nicht lesen. Lassen wir ein wenig die schönen Gegenden, Bilder, Paläste und Menschen da wo sie sind – es giebt doch noch eine wichtigere Reise!

 

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Nach beendigten Lehrstunden machte ich noch spät am Abend einen kleinen Spaziergang. Die Berge leuchteten in der Abendsonne und über die dunklen Wiesen zogen lichte Streifen. Der Guck-Guck wiederholte seinen tacktfesten Ruf, und hie und da in den Zweigen wirbelte ein Stimmchen auf. – Draußen ist's friedlich, dachte ich, während die Brust des Menschen oft einem Chaos gleicht, wo   zügellos   die   Elemente   walten.   –  Nach  Hause  ge-

 

kommen, ging ich in meinem Stübchen auf und ab – das Herz war mir zu enge. Heftige Blitze zerrissen den Himmel, und mir war, als rückten die nahen, hohen Gebirge noch näher? Doch auch im Kampfe ist die Natur groß. Man sieht ihr an, daß sie nicht für den gefallnen Menschen geschaffen war, sondern für gehorsame, selige Kinder, – und dennoch dürfen auch wir Sünder diese Freuden umsonst hinnehmen! Meine Seele fühlte etwas vom Lobe Gottes. Da dichtete und sang ich folgendes Lied:

 

Vertrauen in Gott.

 

Herr! mit Vertrauen

Will auf dich schauen,

Und gegründet ist meine Ruh';

Will in Gedanken

Nicht von dir wanken,

Und mein Leben bist einzig Du!

 

Nun ich alleine

Wandle und weine,

Dringet mein Blick zu dir hinauf;

Dort, dort ist Freude

Nach kurzem Leide,

Wird gekrönet des Pilgers Lauf!

 

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Abends kommen wir in Aix les Bains an