3D-Simulation von Pflanzen

Prozedurale 3D-Simulation von Pflanzen auf der Grundlage von algorithmischen Systemen

Wie in anderen Ländern der Welt stehen wir auch Deutschland durch den Klimawandel, aber auch durch den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft, vor großen ökologischen Veränderungen und der Bedrohung der Artenvielfalt. Gerade deshalb, weil viele heimische Pflanzen durch menschliche Einflussnahme verschwinden könnten, beschäftigt sich diese Masterthesis mit dem scheinbar Unbedeutenden: Pflanzen, wie Löwenzahn, Brennnessel oder Wiesenkerbel, die fast überall in unseren Breiten vorkommen, kaum beachtet, am Wegrand und auf Wiesen wachsen und trotzdem ihre individuelle wie kollektive Schönheit entfalten. Mit der Arbeit werden diese Pflanzen und ihr Wachstum in den Fokus der wissenschaftlich-künstlerischen Auseinandersetzung und Simulation gestellt. Dem Ansatz liegt dabei ein wissenschaftsähnlicher, methodisch geleiteter Rechercheprozess zugrunde, mit dem Ziel die organische Form und das Wachstum von Wildkräutern zu interpretieren und, daraus abgeleitet, formale, prozedurale Verfahren zu entwickeln, die eine künstlerische Deutung der Realität mit Hilfe von 3D-Simulation erlaubt. Inspiriert durch das Aquarell „Das große Rasenstück“ von Albrecht Dürer, zielt die Masterarbeit darauf ab, ein typisches „Stück“ mitteleuropäischer Wiese virtuell fotorealistisch im Sinne eines Proof-of-Concept wachsen zu lassen. Um dabei möglichst realitätsnahe Abbilder zu erzeugen, werden alle für die Masterarbeit ausgewählte Pflanzenarten prozedural implementiert, darauf abzielend, natürlich anmutende Modelle zu erstellen, die manuell nur mit sehr großem Aufwand bzw. teilweise gar nicht erstellt werden könnten. In diesem Zusammenhang wurden L-Systeme in Houdini entwickelt, mit algorithmischen Methoden zur Nachbildung von Infloreszenz und Phyllotaxis kombiniert und fotorealistisch in einem Rendering umgesetzt. Auf dieser Grundlage kann die modellierte Vegetation mit Hilfe von Parametern in beliebigem Detailierungsgrad dargestellt werden. Die Modelle werden ergänzt mit Scans von Blättern der betrachteten Pflanzenarten, die individuell so bearbeitet werden, dass größtmögliche Flexibilität beim Rendering besteht. Um die diversen morphologischen Merkmale der gewählten Pflanzen so realitätsnah wie möglich zu simulieren, wurden spezielle Zufallsfunktionen verwendet, die das Wachstum der virtuellen Pflanzen regulieren. Die Parameter bestimmen damit die Morphologie jedes einzelnen künstlichen Organismus. Sie beziehen sich auf Wuchshöhe, Länge der Stängel und Triebe, sowie auf Rotation, Translation und Winkel der Austriebe und erlauben so eine unendlich große Menge an Wuchsformen einund derselben Pflanzenart. Damit ist es möglich das Wachstum jeder Pflanze, vom ersten Trieb aus der Erde bis zur Blüte, vollständig zu simulieren und daraus gemischte, natürlich wirkende Wiesenszenarien zu bilden. Da die Thesis sich zu Teilen sowohl in einem künstlerischen als auch in einem wissenschaftlichen Rahmen bewegt, können die Ergebnisse sowohl in filmischen als auch in simulativen Kontexten verwendet werden. Die entstandenen Bilder, Animationen und interaktiven Systeme sind als Forschungsund Lehrmittel potenziell auch in der Entwicklungsbiologie, der Raumund Umweltplanung, und Landschaftsökologie, aber auch für künstlerische Zwecke und bedingt im Bereich der Computerspiele nützlich.

Masterarbeit von Joshua Dengel, betreut von Prof. Jens Müller und Prof. Daniel Rothaug.