Drei neue Professuren im Studiengang “Digitaler Baumeister”
Johanna Deschler:
Was hat Sie bewogen, sich auf die Stelle an der Hochschule Augsburg zu bewerben?
Tobias Maile:
Neues aus der Kombination von verschiedenen Fachrichtungen zu entwickeln, hat mich schon immer fasziniert. Und genau das stellt für mich der „Digitale Baumeister“ dar: die Verknüpfung der Ingenieurskunst mit der Architektur durch Digitalisierung. Als Software- und Simulationsexperte im Bauwesen verfüge ich über einen umfangreichen Erfahrungsschatz, den ich in diesem Studiengang perfekt einbringen kann. Dabei ist es mir wichtig, aktuelle Methoden aus der Softwareentwicklung von Grund auf mit in das Studium einfließen zu lassen. Damit ermöglichen wir unseren Absolventen nicht nur die Sprache der Informatiker zu verstehen und zu sprechen, sondern auch aktiv die Digitalisierung voranzutreiben.
Christopher Robeller:
In den üblichen Studiengängen Architektur und Bauingenieurwesen an anderen Hochschulen gibt es meist nur eine “Professur für Digitales Planen”, mit der oft nur die Grundlagen der Lehre abgedeckt werden können. Mit dem Digitalen Baumeister geht die Hochschule Augsburg hier voran, mit einem spezialisierten Studiengang und insgesamt fünf neu bereitgestellten Professuren. Dies ermöglicht die dringend benötigte Tiefe in der Lehre und Forschung, mit der auch spezielle Themen abgedeckt werden können. Meine Spezialisierung ist beispielsweise der “Digitale Holzbau”, wobei wir die großartigen technischen Möglichkeiten der digitalen Fertigungstechnik, Robotik und CNC Bearbeitung einsetzen um besser, schneller, effizienter und nachhaltiger Bauen zu können. Eine Entscheidende Rolle spielt dabei z.b. Die Verbindungstechnik, bei der der Trend wieder zu Holz-Holzverbindungen geht, allerdings modern und robotisch produziert. Auch Laubholz und bisher nicht oder wenig genutzte Holzarten stehen im Fokus der Lehre und Forschung. Die Schlüsseltechnik zum Schluss der “digitalen Kette” zwischen Planung und Produktion ist die Informatik, von kleinen Automatisierungsaufgaben bis hin zur Entwicklung komplexer Softwarelösungen für Unternehmen. Ich freue mich bereits auf spannende Projekte mit den StudentInnen und unseren herausragenden regionalen Praxispartner-Firmen.
Fabian Schmid:
Einerseits die interdisziplinäre und praxisorientierte Ausrichtung der Hochschule, die ich als IT-Entwicklungsleiter durch Absolventen und in Forschungskooperationen kennen- und schätzen gelernt habe. Die Projekte mit den Fakultäten für Wirtschaft, Informatik und Gestalten haben beispielsweise wichtige Impulse bei den Entwicklungen digitaler Logistiklösungen für den Glas- und Fassadenbau gegeben.
Andererseits reizt mich die Mitgestaltung des neuen Studiengangs des Digitalen Baumeisters, mit dem die Hochschule Weitsicht beweist. Dem Bauschaffen obliegt eine große Verantwortung hinsichtlich des Ressourceneinsatzes und der Anpassung der gebauten Umwelt beispielsweise an die Veränderungen durch den Klimawandel. Die Digitalisierung hält zahlreiche Schlüsseltechnologien zur Lösung dieser komplexen Probleme bereit. Aber Technologien sind immer nur so gut wie die Menschen, die sie anwenden. Daher benötigt es Persönlichkeiten, die Grenzen und Möglichkeiten des Digitalen kennen und sich der Verantwortung des Bauwesens für die Gesellschaft und für die Umwelt bewusst sind. Durch meine Lehre möchte ich dazu beitragen, dass sich aus unseren Studierenden genau solche Persönlichkeiten entwickeln.
Johanna Deschler:
Warum braucht es Ihrer Meinung nach den neuen Studiengang “Digitaler Baumeister”?
Fabian Schmid:
Die zukünftigen Aufgaben für das Bauwesen sind von weiter steigender Komplexität und von Zielkonflikten gekennzeichnet, sodass ein/e Einzelne/r mit den bisherigen Methoden alle Abhängigkeiten und Folgen nicht überschauen kann. Digitale Technologien ermöglichen die erforderliche Vernetzung und Aufbereitung der Informationen. Der Wissensaustausch der an Bauprojekten beteiligten Personen, die Qualitätssteigerung bei den Für mich nimmt der Digitale Baumeister die Rolle des Gamechangers ein. Sie oder er kann eine Firma grundlegend verändern und die interne Digitalisierung vorantreiben. Aber vor allem sehe ich unsere Absolventen als firmenübergreifende Veränderer an. Um das volle Potential der Digitalisierung umzusetzen, müssen sich Dinge in der Industrie als Ganzes und nicht nur in einzelnen Planungsbüros ändern. Um die notwendigen Anpassung von Prozessen, Schnittstellen und Standards zu entwickeln und in der Praxis umzusetzen, brauchen wir Experten wie den Digitalen Baumeister. Zusätzlich entstehen durch die Digitalisierung auch neue Möglichkeiten. Neue Startups von Absolventen können diese Möglichkeiten der Digitalisierung am Schopf packen und neue Softwareapplikationen gerne auch Apps oder neue digitale Services entwickeln und anbieten.Entsprechend bündelt der Studiengang die erforderlichen IT-Kenntnisse mit anspruchsvollen Anwendungsfeldern des Designs, der Planung, Fertigung, Ausführung und des Betriebs. Ausgehend von den IT-Grundlagen beherrschen die Digitalen Baumeister sowohl technisches, methodisches und gestalterisches Wissen und können dieses Wissen erweitern und auf anwendungsspezifische Fragestellungen übertragen. Damit sind die Absolventinnen und Absolventen sehr gut auf die Fragestellungen des Bauschaffens, aber auch für Aufgaben angrenzender Tätigkeitsfelder vorbereitet.
Christopher Robeller:
Die Bauwirtschaft ist von grösster Bedeutung bei den drängenden Themen Nachhaltigkeit, Wohnraumknappheit, Ressourcen- und Fachkräftemangel. Gleichzeitig zeigen viele Studien auf, dass die Branche bei der Digitalisierung das Schlusslicht ist. Im Gegensatz zu anderen Industriebereichen wie der Automobilbranche, sind in der Bauwirtschaft statt Massenproduktion bei jedem Projekt individuelle Lösungen gefragt, daraus ergibt sich ein hoher Planungs- und Personalaufwand. Zudem ist die Bauwirtschaft vergleichsweise kleinteilig und verfügt über wenig Forschungsinfrastruktur bei den Betrieben. Dadurch kommt der Forschung an Hochschulen eine besondere Bedeutung zu. Der Bund und die Länder bieten bereits vielfältig Förderinstrumente an, als Hochschule können wir hier helfen Forschungsprojekte in Kooperation mit Industriepartnern, Studierenden und Promovierenden zu initiieren und zu koordinieren, oder innovative Start-ups zu gründen. Wir sitzen an der “Quelle der Nachwuchstalente” und bieten spezialisiertes Know-How und technische Ausstattung.
Tobias Maile:
Aus meiner Erfahrung in der Praxis haben sich die heutigen wenigen Digitalisierungsexperten in der Baubranche ihr digitales Know How selbst erarbeitet. In diesem Studiengang wollen wir von Beginn an auf digitalen Beinen stehen. Damit ermöglichen wir es unseren Absolventen die Digitalisierung im Bauwesen fundiert und entscheidend zu gestalten und weiterzuentwickeln.
Johanna Deschler:
Wie sieht denn das spätere Berufsleben eines „Digitalen Baumeisters“ aus?
Fabian Schmid:
Der Digitale Baumeister ist im übertragenen Sinne Brückenbauer, Wegbereiter und Lotse. Seine Stärke kann er dann ausspielen, wenn es um die Schnittstelle und die Kombination aus Domänen- und IT-Wissen geht.Dies kann in einem Planungsbüro sein, um Datenmodelle, IT-Infrastrukturen oder das Prozessmanagement für ein Bauvorhaben zu verantworten. Auch bei ausführenden Betrieben im Handwerk oder der Industrie gibt es zahlreiche Tätigkeiten, beispielsweise die Verantwortung bei der Vernetzung von Fertigungsmaschinen, bei der Erstellung von Datenanalysen oder bei der Abwicklung und Steuerung von Projekten oder Produktlinien. Was alle Tätigkeitsfelder vereint ist, dass der Digitale Baumeister die erforderliche Gestaltungs- und Lösungskompetenz mitbringt und bei den Aufgaben hinterfragt, ob digitale Ansätze funktionaler, effektiver und effizienter sein können. Er versteht Technologien und Methoden, kann beides anwenden und erstellt damit anpassungsfähige und bewertbare Lösungen.
Tobias Maile:
Für mich nimmt der Digitale Baumeister die Rolle des Gamechangers ein. Sie oder er kann eine Firma grundlegend verändern und die interne Digitalisierung vorantreiben. Aber vor allem sehe ich unsere Absolventen als firmenübergreifende Veränderer an. Um das volle Potential der Digitalisierung umzusetzen, müssen sich Dinge in der Industrie als Ganzes und nicht nur in einzelnen Planungsbüros ändern. Um die notwendigen Anpassung von Prozessen, Schnittstellen und Standards zu entwickeln und in der Praxis umzusetzen, brauchen wir Experten wie den Digitalen Baumeister. Zusätzlich entstehen durch die Digitalisierung auch neue Möglichkeiten. Neue Startups von Absolventen können diese Möglichkeiten der Digitalisierung am Schopf packen und neue Softwareapplikationen gerne auch Apps oder neue digitale Services entwickeln und anbieten.
Johanna Deschler:
Wo sehen Sie Ihren persönlichen Schwerpunkt in der Lehre?
Tobias Maile:
Meine Schwerpunkte liegen in der modernen Softwareentwicklung im Kontext des Bauwesens, der energetischen Gebäudesimulation und des Datenaustausches. Ich freue mich darauf meine praktische Erfahrung in Sachen Agile Entwicklungsmethoden, test-orientiertes Programmieren und Anwendungsorientiertes Arbeiten mit in die Lehre zu integrieren. Am Beispiel der energetischen Gebäudesimulation lassen sich heutige Methoden zum Datenaustausch basierend auf Datenmodellen aufzeigen. Darüber hinaus möchte ich unseren Studierenden das Handwerkszeug beibringen, um Softwareapplikationen über Schnittstellen zu erweitern und miteinander zu vernetzen.
Fabian Schmid:
Mein akademischer Hintergrund deckt die Auseinandersetzung mit komplexen technischen und sozio-technischen Systemen sowie dafür erforderliche Methoden und Technologien ab. Deshalb werden in der Lehre vor allem Methoden und Vorgehensweisen wie Building Information Modeling oder die agile Software- und Produktentwicklung mit Design Structure Matrix oder Design Thinking eine Rolle spielen.
Vielfältige Praxiserfahrung konnte ich mir bei der Planung, Ausführung und dem Betrieb von Gebäudehüllen, Bauwerken und adaptiven Komponenten erarbeiten. Aktuell verantworte ich die Entwicklung und Implementierung neuer IT-Technologien, digitaler Werkzeuge und Fertigungsverfahren bei einer global tätigen, mittelständischen Unternehmensgruppe. Deshalb ist ein zweiter, praxisorientierter Aspekt der Lehre die Auseinandersetzung mit IT-Technologien, wie das Cloud Computing, Web Apps, Big Data oder Technologien der virtuellen und erweiterten Realität. Die Einschätzung von Möglichkeiten und Grenzen dieser Technologien sowie die Schulung der Anwendungskompetenz im Spannungsfeld zwischen Design, Technik und Management werden Seminare und Projektstudios prägen.
Johanna Deschler:
Ich bedanke mich für das Interview.