Kläranlagen: Klimakiller oder Klimaretter?
Klimabilanz als Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasemissionen
Studiengang
Bauingenieurwesen (B.Eng.)Projektbeschreibung
Im Rahmen eines studentischen Projektes unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Rita Hilliges wurde eine Klimabilanz für eine kommunale Kläranlage in Mittelfranken erstellt. Alle Daten wurden in einer selbst erarbeiteten Datenbank zusammengeführt und ausgewertet.
Beteiligte Personen
Gemessen am Gesamtenergieverbrauch stellt die Abwasserreinigung nur weniger als 1 % der deutschen Wirtschaft dar. In der gleichen Größe werden aber auch Treibhausgase emittiert. Bisher verfügen jedoch nur wenige Kläranlagen über eine Klimabilanz. Diese bildet die Grundlage für Maßnahmen zur Minimierung der Treibhausgasemissionen. Abwasserbehandlungsanlagen sind wie jeder andere Wirtschaftsbereich und die Bevölkerung für den Erfolg zur Minimierung der Treibhausgasemissionen und der damit verbundenen Begrenzung des Klimawandels mit verantwortlich.
In erster Linie besteht die Aufgabe von Kläranlagen in der Reinigung des zugeleiteten Abwassers um die Umwelt, den Wasserkreislauf und letztlich unser Trinkwasser zu schützen. Hierfür ist im Gegenzug der Einsatz von Ressourcen notwendig. Zu diesen zählen vor allem der Strombedarf für den Betrieb der Anlage, Hilfsstoffe (z.B. Flockungs- und Fällmittel) sowie der Transport und die Entsorgung der anfallenden Reststoffe. Weiter kommen direkte Treibhausgasemissionen aus dem Abwasserreinigungsprozess hinzu.
Die Abwasserreinigung ist kommunale Aufgabe. Daher hat die Kommune die Möglichkeit, eine Vorbildrolle für die einzelnen Bürger:innen in Sachen Klimaschutz zu übernehmen.
Im Rahmen eines studentischen Projektes unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Rita Hilliges wurde eine Klimabilanz für eine kommunale Kläranlage in Mittelfranken erstellt. Alle Daten wurden in einer selbst erarbeiteten Datenbank zusammengeführt und ausgewertet. Hierbei wurden die unterschiedlichen Prozessschritte der Kläranlage separat betrachtet. Auf Basis der hieraus gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse wurden die Emissionsschwerpunkte ermittelt und die Kläranlage in den kommunalen und gesamtgesellschaftlichen Kontext eingeordnet. Grundlage für die Datenbank waren die umfassenden Daten der Kläranlage, die für das Projekt zur Verfügung gestellt wurden.
Das Projekt wurde durch viele Abstimmungstermine durch die Leitung der Kläranlage unterstützt. Letzte offene Punkte konnten im Rahmen einer Exkursion zur Kläranlage mit einer sehr informativen Führung geklärt werden.
Für Kläranlagen lagen in Bezug auf die Relevanz von klimarelevanten Emissionsorten und deren Beeinflussbarkeit bis vor kurzem kaum normative Regelungen und Hinweise vor. Diese Lücke wurde im Oktober 2022 durch die Mitglieder der DWA-Arbeitsgruppe KA-6.7 „Treibhausgasemissionen bei der Abwasserbehandlung“ mit der Veröffentlichung der beiden Merkblätter DWA-M 230-1 und DWA-M 230-2 geschlossen.
Die beiden Merkblätter der DWA stellten die Grundlage für die Arbeit im Rahmen der Projektarbeit zur Klimabilanzierung dar. Im Vergleich zu anderen Regelwerken, die im Fachbereich des Bauingenieurwesens mit ihren seit Jahrzenten bestehenden Grundkonzepten Anwendung finden, sind die beiden Veröffentlichungen der DWA als nahezu praxisneu anzusehen. Es kann mit Sicherheit behauptet werden, dass es bisher kaum bzw. nur in geringem Umfang Erfahrungen im Umgang mit den aktuellen Regeln der Technik in Bezug auf die Bilanzierung der bei der Abwasserbehandlung entstehenden Treibhausgasemissionen gibt.
Bei der Erstellung der Datenbank stand im Fokus, eine vereinfachte und selbsterklärende Ausarbeitung und Erklärung der einzelnen Schritte zur Klimabilanzierung gemäß den Vorgaben des DWA zu schaffen. Die Datenbank kann auch für die Erstellung von Klimabilanzen anderer Kläranlagen verwendet werden.
Doch worin besteht nun der Mehrwert in der Erstellung einer Klimabilanz?
Mit Hilfe einer Klimabilanz können die Emissionsschwerpunkte auf der Kläranlage erkannt und in einem weiteren Schritt gezielte Maßnahmen zur Reduzierung der direkten und indirekten Emissionen ergriffen werden. Dadurch kann der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen reduziert und das Klima geschont werden.
Durch die für die Erstellung einer Klimabilanz notwendige Übersicht der einzelnen Aggregate können die Hauptstromverbraucher einfach erkannt und ggfs. durch effizientere Geräte ersetzt werden. Diese Investitionsentscheidungen können damit sowohl auf Basis von wirtschaftlichen, als auch ökologischen Aspekten getroffen werden. Dies kann sowohl Vorteile für die einzelnen Abwasserbetriebe bringen, aber durch geringere Kosten im Umlagesystem der Abwassergebühr auch für den einzelnen Bürger.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Erstellung einer Klimabilanz für kommunale Kläranlagen ein gutes Zeichen für den gesellschaftlichen Rückhalt und Wandel der Bevölkerung hin zu mehr Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit ist. Die Kommunen zeigen damit auch, dass Klimaschutz nicht nur von den Bürger:innen gefordert, sondern auch selbst umgesetzt wird.
Großer Dank geht an die Betriebsleitung der Kläranlage in Mittelfranken für die Bereitstellung der Daten, die gute fachliche Unterstützung und die spannende Exkursion.
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Telefon: | +49 821 5586-3114 |
Beteiligte Studierende
- Fabian Haider (Projektleitung)
- Julian Röttenbacher
- Jacob Nather
- Jonathan Fries