Wege zur Postwachstumsökonomie
Prof. Dr. Niko Paech und Dr. Kora Kristof
Zur Person
apl. Prof. Dr. Niko Paech studierte Volkswirtschaftslehre, promovierte 1993, habilitierte sich 2005 und vertrat den Lehrstuhl für Produktion und Umwelt an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg von 2008 bis 2016. Derzeit forscht und lehrt er an der Universität Siegen im Masterstudiengang Plurale Ökonomik. Seine Forschungsschwerpunkte sind Postwachstumsökonomik, Klimaschutz, nachhaltiger Konsum, Sustainable Supply Chain Management, Nachhaltigkeitskommunikation und Innovationsmanagement. Er ist in diversen nachhaltigkeitsorientierten Forschungsprojekten, Netzwerken und Initiativen sowie im Aussichtsrat zweier Genossenschaften tätig. Er ist Mitbetreiber der Webseite: www.postwachstumsoekonomie.de
Zum Vortrag - Niko Paech: Einführung in die Postwachstumsökonomik
Die lang gehegte Hoffnung, dass wirtschaftliches Wachstum durch technischen Fortschritt nachhaltig oder klimafreundlich gestaltet werden kann, bröckelt. Weiterhin scheint ein auf permanente ökonomische Expansion getrimmtes System kein Garant für Stabilität und soziale Sicherheit zu sein. Darauf deuten nicht nur die Eskalation auf den Finanzmärkten und die Schuldenkrisen hin, sondern auch die Verknappung jener Ressourcen („Peak Everything“), auf deren unbegrenzter und kostengünstiger Verfügbarkeit das industrielle Wohlstandsmodell bislang basierte. Zudem nährt die sog. „Glücksforschung“ den Befund, dass Steigerungen des monetären Einkommens ab einem gewissen Niveau keine weitere Zunahme des subjektiv empfundenen Wohlbefindens hervorruft. Folglich ist es an der Zeit, die Bedingungen und Möglichkeiten einer Postwachstumsökonomie auszuloten. Letztere ist das Resultat eines prägnanten Rückbaus arbeitsteiliger, geldbasierter und globalisierter Versorgungsmuster. Stattdessen werden Suffizienz und urbane Subsistenz als Ergänzung eines merklich reduzierten und zugleich umstrukturierten Industriesystems bedeutsam sein. Aus Konsumenten werden souveräne Prosumenten, die mittels reaktivierter Subsistenzressourcen (z.B. Handwerk) zur gemeinschaftlichen Versorgung beitragen. Zudem ist die Postwachstumsökonomie durch Sesshaftigkeit gekennzeichnet, also durch Glück ohne Kerosin.
Zur Person - Dr. Kora Kristof
Studium der Volkswirtschaftslehre, Promotion zu einer energiewirtschaftlichen Fragestellung und Habilitation zur Frage, wie gesellschaftliche Veränderungen erfolgreicher gestaltet werden können. 1988-1992 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Volkswirtschaftslehre der Ludwig-Maximilians-Universität München; 1992-1994 Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" des Deutschen Bundestages; 1994-2011 Wuppertal Institut für Klima Umwelt Energie gGmbH: Leiterin der Abteilung Energie, Leiterin des Themenbereichs „Materialeffizienz und Ressourcenschonung“ und Programmleiterin der Forschungsgruppe „Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren“. Seit 2011 Leiterin der Grundsatzabteilung „Nachhaltigkeitsstrategien, Ressourcenschonung und Instrumente“ des Umweltbundesamtes.
Arbeitsschwerpunkte: Models of Change / Transformations-, Innovations- und Diffusionsforschung, Ressourcenschonung / Ressourcenpolitik, Energiewirtschaft/-politik / Klimaschutz / Klimaanpassung, Instrumente und Institutionen nachhaltiger Entwicklung incl. Nachhaltigkeits-Ziele/Indikatoren, Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren / Green Economy / Green Society
Zum Vortrag - Kora Kristof: Erfolgsfaktoren für den Weg zu einem grundlegenden Wandel
Wenn wir die ökologischen Belastungsgrenzen, das Wohlergehen aller Menschen und die globale und generationenübergreifende Gerechtigkeit ernst nehmen, stehen wir vor großen Veränderungen. Dafür reicht es nicht, sich nur mit dem „Was soll sich ändern“ zu beschäftigen. Es stellt sich verstärkt die Frage: „Was sind die zentralen Erfolgsfaktoren für gesellschaftliche Veränderungen?“
Wir wissen zwar viel darüber, was sich ändern soll (z.B. Energie-, Mobilitäts-, Ressourcenwende), scheitern aber oft an der breiten Umsetzung. Viel weniger wissen wir über die zentralen Erfolgsfaktoren für gesellschaftliche Veränderungen und die Wege zu einem erfolgreichen Wandel.
Um in einer unübersichtlichen Welt wirken zu können, entwickeln die Wissenschaften und wir alle im Alltag Modelle. Trotz vieler Unterschiede ziehen sich durch die Modelle gemeinsame Erkenntnisse und zentrale Erfolgsfaktoren. Folgende Punkten sind – so die Transformations- und Models of Change Forschung – zentral für den Erfolg gesellschaftlicher Veränderungen:
- Adäquat Umgehen mit komplexen, interaktiven und dynamischen Systemen
- Proaktiver Umgang mit Widerständen & Konflikten in Politik & Gesellschaft
- Erfolgreiches Zusammenbringen von technischen mit sozialen, systemischen und Governance Innovationen
- Akteure erfolgreich einbinden (Akteursumfeld & intermediäre Akteure) und Institutionen erfolgreich ausgestalten
- Attraktive Veränderungsidee und tragfähige Lösungsvorschläge
- Umgang mit Zeitaspekten und (kurzfristigem) Zeit-/Denkhorizont sowie Entschleunigung
- Veränderungsprozesse professionell gestalten
- Politische & veränderungsunterstützende Rahmenbedingungen: Leitbilder, Narrative, akteursübergreifende Dialoge, Lernprozesse
Literatur- und Videohinweise
Kristof, Kora. Models of Change: Einführung und Verbreitung sozialer Innovationen und gesellschaftlicher Veränderungen in transdisziplinärer Perspektive. Zürich: vdf Hochschulverlag, 2010
Kristof, Kora. Wege zum Wandel: Wie wir gesellschaftliche Veränderungen erfolgreicher gestalten können. München: oekom Verlag, 2010
Kristof, Kora. Video: Wege des Wandels. Vortrag auf den Tagen der Utopie 2013 in St. Arbogast/Vorarlberg