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Fachtag für Mädchen und junge Frauen an der Hochschule Augsburg
Mädchenarbeit und Mediennutzung in der Praxis
Barbara Pichler, Koordinatorin für Gender Mainstreaming bei der Stadt Augsburg drückte zu Beginn der Veranstaltung ihre Freude darüber aus, dass diese Veranstaltung in den Räumen der Hochschule stattfinden kann und die LAG Mädchenpolitik einen Fachtag zu diesem wichtigen Thema in Augsburg veranstaltet.
Die Referentin Dr. Kathy Meßmer verdeutlichte in ihrem Vortrag: „Wir befinden uns in einer Gesellschaft, die einerseits vorgibt, dass Selbstakzeptanz extrem wichtig ist und gleichzeitig die Notwendigkeit zur Selbstoptimierung deutlich macht. Ganz nach dem Motto: Alles ist möglich! Jede kann alles erreichen!“. Was „schön“ ist, würden dabei vor allem die Medien vermitteln. Mädchen in der Pubertät wünschten sich größere Brüste, Fingernagelverlängerungen und durchliefen häufig bereits Diäten und andere Praktiken für den vermeintlich „richtigen Körper“. Soziale Netzwerke und Medien würden dabei neue Zwänge schaffen und gleichzeitig aber auch Freiheits- und Entfaltungsräume bieten, indem sie Mädchen und jungen Frauen vielfältigere und „bodypositive“ Körper und Geschlechterbilder anbieten.
Mädchen und die Macht der Medien
Am Ende der Fachtagung waren sich viele der über 90 Teilnehmerinnen darin einig, dass sie in ihrer praktischen Arbeit noch mehr junge Frauen dazu animieren möchten, in den Medien mehr mitzugestalten. Eine Teilnehmerin sagte: „Wir wollen in Zukunft mehr Angebote für Mädchen machen, die unter anderem auch das Selbstbewusstsein der Mädchen stärken. Zum Beispiel könnten wir mit ihnen häufiger über Schönheitsideale reden.“ Jedenfalls wolle man die Macht, die die Medien auf Mädchen und junge Frauen haben, sehr ernst nehmen. Mädchenarbeit und Mediennutzung müsse von pädagogischen Fachkräften als wichtiges Thema anerkannt werden. Denn nur auf den ersten Blick, machen Mädchen und junge Frauen alle Bemühungen für sich. Eigentlich gehe es ihnen häufig um die Erfüllung vorgegebener Ideale.
Mit dieser Thematik setzten sich auch 50 Erstsemesterstudierende des Bachelorstudiengangs Soziale Arbeit an der Hochschule Augsburg auseinander. Als Teil der Vorlesung „Sozialpsychologie“ bei Prof. Dr. Mahena Stief nahmen sie am Vortrag von Soziologin Dr. Kathy Meßmer teil: „Von der ,Freiheit‘, schön sein zu müssen. Über Schönheitsideale, PR und feministische Rhetoriken“. Mit vielen Beispielen und aktuellen Zahlen widmete sich die Referentin aktuellen Schönheitsidealen und deren Vermarktung. Dabei beschrieb sie das Ideal des kontrollierten und gestählten Körpers, das auch vor der Vagina nicht Halt mache, und erörterte, wie die Anbieter von Schönheitschirurgie ihre Verfahren fast als feministische Errungenschaft darstellen würden und was sich daraus lernen lasse. Die Anzahl an Schönheitsoperationen in Deutschland steige stetig. Die Anbieter verkaufen diese, nach Ansicht von Meßmer, als Möglichkeit der Selbstbestimmung.
Inszenierung im Bann von Schönheitsidealen
Meßmer berichtete, wie Selbstbewusstsein von Mädchen und jungen Frauen mit Mediennutzung zusammenhängt und stellte dazu neue Studienergebnisse vor. Die mediale Selbstinszenierung sei heute fester Teil des Lebens von Mädchen und jungen Frauen, zum Beispiel auf Instagram, Facebook und Co. Die Referentin stellte fest, dass der Selbstwert bei jungen Frauen und Mädchen deutlich stärker abhänge vom Aussehen, je mehr diese in sozialen Netzwerken aktiv seien und je mehr sie Fotos von sich posteten. Mädchen investierten viel Zeit in die richtige Inszenierung. Ziel sei es, „fröhlich, natürlich und schlank zu wirken“. Natürliche Ausstrahlung sei dabei eine aufwändige Inszenierung. Mädchen hätten dabei sehr hohe Ansprüche an sich selbst. Meßmer erklärte in ihrem Vortrag: „Der Körper ist allgemein heute immer mehr ,Skulptur‘, der Körper wird als Rohstoff angesehen, den man wie ein Objekt bearbeitet, sich dann mit anderen vergleicht und dabei dann sehr häufig Unzufriedenheit resultiert.“ Die Bilder seien dabei stereotyp, das Schönheitsideal sei alles andere als divers. Bilder im Netz seien immer stereotyper, je länger Mädchen soziale Netze nutzen.
In den Workshops am Nachmittag ging es unter anderem schließlich konkret darum, in der Jugendarbeit Facebook, Instagram und andere Apps zusammen mit Mädchen auch selbst zu nutzen, oder auch Themen wie „Hate Speeches“ oder Mobbing in der pädagogischen Arbeit anzusprechen. Es wurden Projekte diskutiert, mit denen Medienkompetenz bei Mädchen gefördert werden könnte.
Die Kultur- und Medienwissenschaftlerin Marijana Bicvic bot einen Workshop an unter dem Titel „Für Änderung in der Gesellschaft – klick zweimal!“. Sie erklärte: „Unsere Verantwortung ist es, aktiv auf Mädchen zuzugehen und Probleme direkt anzusprechen.“ Es gehe vor allem darum, junge Frauen zu einem sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und gleichzeitig kritisch sowie sozial verantwortlichen Umgang mit Medien zu befähigen. Im Workshop wurden Dimensionen einer kritischen Mediennutzung definiert und verschiedene Onlineformate durchleuchtet und ausprobiert.
In den beiden anderen Workshops beleuchteten gesundheitliche Aspekte von Mediennutzung: Carolin Martinovic vom Therapienetz Essstörungen in München zeigte auf, welche Bereiche Druck auf die Mädchen ausüben und wie präventiv dagegen gewirkt werden kann, sodass Essstörungen verhindert werden können. Die Expertinnen des Projekts amanda e.V. aus München verdeutlichten, welche Wünsche, Themen und Ängste Mädchen beschäftigten und wie diese sexualpädagogisch aufgegriffen werden können.