Folge 7: Auf der Zielgeraden – die Bachelorarbeit steht an
Seit Anfang Oktober 2021 findet die Lehre auch im Studiengang Soziale Arbeit wieder vor Ort an der Hochschule statt – selbstverständlich unter Einhaltung von Zugangsbeschränkungen und Hygienevorschriften. Nach eineinhalb Jahren, in denen nahezu alle Lehrveranstaltungen als virtuelle Formate abgehalten wurden, sind die drei Studierenden froh, jetzt noch einmal mit ihren Kommilton:innen zusammen lernen zu können. „Das Miteinander unter uns Studierenden, der direkte Austausch, die Diskussionen in Seminaren, die Arbeit an Projekten in Kleingruppen, das ist alles in den vergangenen eineinhalb Jahren viel zu kurz gekommen,“ sagt Carolin.
Ein Blick zurück auf das Sommersemester: Für Carolin, Kilian und Simon stand das erste Vertiefungsmodul auf dem Stundenplan. Das übergreifende Thema der Lehrveranstaltung lautete „Soziale Innovationsprozesse“. Kilian sagt: „Es ging um die Rolle der Sozialen Arbeit als Akteurin der Nachhaltigkeit. Dazu haben uns in den Vorlesungen verschiedene Organisationen besucht, die uns ihre Vorhaben zur Erreichung der Sustainable Development Goals vorgestellt haben. Anschließend haben wir verschiedene Projekte kennengelernt, in denen die Soziale Arbeit einen Beitrag zum Thema leisten kann.“ So haben die Studierenden zum Beispiel ein Nachhaltigkeitskonzept für das Freiwilligenzentrum Augsburg entwickelt und sich in weiteren Projekten mit dem Aufbau einer Wohngemeinschaft für Haftentlassene und mit Gleichstellung der Geschlechter beschäftigt.
Für die Studierenden stehen nun im Wintersemester die letzten Veranstaltungen ihres Bachelorstudiums an. Der Stundenplan ist weniger prall gefüllt als in den vorhergehenden Semestern – denn die Studierenden schreiben nun neben dem Vorlesungs- und Seminarbetrieb an ihren Bachelorarbeiten. „Im Wesentlichen haben wir dieses Semester nur ein Vertiefungsmodul, und zwar ‚Menschen in besonderen Lebenslagen‘“, sagt Simon. Inhaltlich liegt der Fokus in dieser Lehrveranstaltung auf Straffälligen und wohnungslosen Menschen. Auf dem Seminarplan stehen auch Besuche von externen Referent:innen, die von ihrer Arbeit berichten, wie zum Beispiel von Streetworkern.
Auf dem Weg zur Bachelorarbeit
Für ihre Bachelorarbeiten haben sich Kilian, Carolin und Simon bereits Themen ausgewählt, mit denen sie sich in den kommenden Monaten intensiv beschäftigen werden – von der ersten Recherche, über Datenerhebungen, Hospitationen und Umfragen, bis hin zum eigentlichen Schreibprozess.
Carolin hat sich für ein Thema aus dem Bereich geschlechtliche und sexuelle Diversität entschieden. „Ursprünglich hatte ich geplant, meine Bachelorarbeit über die Rolle der Frau in der Gesellschaft zu schreiben“, erzählt sie. Studiengangsleiter Prof. László Kovács verwies Carolin an ihre jetzige Bachelorarbeitsbetreuerin Kerstin Oldemeier. Sie ist Geschlechtersoziologin und Lehrbeauftragte im Studiengang Soziale Arbeit.
Carolin sagt: „Kerstin Oldemeier hat mir ein spannendes Gender-Thema für meine Bachelorarbeit vorgeschlagen: Ich werde in sozialwissenschaftlicher Fachliteratur im Bereich Jugendforschung untersuchen, inwiefern sexuelle und geschlechtliche Diversität berücksichtigt und in welchem Zusammenhang sie thematisiert werden.“ Carolin ist von der Relevanz ihres Forschungsthemas überzeugt: „Das Thema LQBTQ ist Teil unserer Gesellschaft. Ich finde es erschreckend, dass sexuelle und geschlechtliche Diversität immer noch nicht als Normalität betrachtet wird. Bei Kindern und Jugendlichen kann sich Nichtakzeptanz sehr negativ auf die Entwicklung auswirken.“ Sie hoffe, dass sie durch ihre Bachelorarbeit einen Beitrag dazu leisten könne, Missstände aufzudecken.
Simon verfasst seine Bachelorarbeit gemeinsam mit einer Kommilitonin. Die beiden Studierenden werden sich mit dem Thema Inklusion von Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigten und dabei mit einem Praxispartner zusammenarbeiten – dem Hotel einsmehr.
Das Hotel wurde im Jahr 2020 eröffnet und ist das erste Inklusionshotel Augsburgs. Träger ist „einsmehr“ – die Initiative Down-Syndrom für Augsburg und Umgebung, die mit diesem Projekt Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit einer (geistigen) Behinderung schaffen möchte. Etwa die Hälfte der Mitarbeitenden des Hotels hat ein Handicap. „Das Hotel bietet ein mehrstufiges Ausbildungsprogramm für Menschen mit Behinderungen an“, sagt Simon. „Im Rahmen unserer Bachelorarbeit werden wir dieses Programm kritisch prüfen und untersuchen, ob es zur Zielgruppe passt und ob wir es weiterentwickeln können“, erklärt er. Dazu werden Simon und seine Kommilitonin im Hotel hospitieren und Gespräche mit Angestellten und der Hotelleitung führen. Nach den ersten Recherchen zu seinem Bachelorarbeitsprojekt zeigt sich Simon motiviert: „Inklusion ist ein großes Thema und ich glaube, es gibt in diesem Bereich sehr viele verpasste Chancen. Ich möchte dazu beitragen, Inklusion gut umzusetzen und sie auf viele Bereiche zu übertragen.“
Nachdem sich Kilian in den vergangenen Semestern häufig mit Schulsozialarbeit beschäftigt und auch in diesem Bereich sein Praxissemester absolviert hat, hat er für die Bachelorarbeit ein anderes Feld gewählt: „Ich wollte mich sehr intensiv mit etwas Neuem auseinandersetzen und habe mir daher den Bereich Quartiersmanagement für meine Bachelorarbeit ausgesucht“, sagt er.
Quartiersmanager:innen arbeiten in Stadtvierteln mit erhöhtem Entwicklungsbedarf. Sie werden eingesetzt, um das Viertel unter Einbindung der dort ansässigen Bevölkerung aufzuwerten. „Die beruflichen Hintergründe von Quartiersmanager:innen können ganz unterschiedlich sein. Manche sind Sozialarbeiter:innen oder Soziolog:innen, andere kommen aus dem Bereich der Geographie oder Architektur“, erklärt Kilian. Im Rahmen seiner Bachelorarbeit wird er untersuchen, welchen Einfluss die Ausbildung und der berufliche Werdegang von Quartiersmanger:innen auf die Gestaltung der Partizipationsprozesse für die Bevölkerung im Stadtviertel nimmt. Kilians Ziel ist es zu erforschen, welche Methoden und Aktivitäten Quartiersmanager:innen nutzen, um die Menschen einzubinden und ihre Interessen zu erfahren – und ob es einen Zusammenhang zu ihrer beruflichen Ausbildung gibt. Kilian sagt: „In einem Quartier gibt es immer ein etabliertes Milieu und Menschen mit besonderen Lebenslagen. Das Idealbild, das ich vom Quartiersmanagement habe, ist, dass es im Idealfall alle Gruppen erreicht und mit einbindet.“ Konzepte und Theorien der Sozialen Arbeiten böten hier bereits gute Grundlagen, um dieses Ziel zu erreichen.
Forschungsmethoden erproben und anwenden
Bis die drei ihre fertig gebundenen Bachelorarbeiten in den Händen halten werden, dauert es noch ein paar Monate. Die Studierenden sind mit einigen Herausforderungen konfrontiert: So muss sich Carolin beispielsweise erst einmal in die von ihr gewählte Forschungsmethode – der qualitativen Inhaltsanalyse – und den zugehörigen „Werkzeugen“ einarbeiten. Simon steht vor einer anderen Hürde: „Für mich besteht derzeit die größte Schwierigkeit darin, die Masse an Informationen, die es in der Fachliteratur zum Thema gibt, zu filtern“, sagt er. Das ist ein Problem, das auch Kilian kennt: „Für die Arbeit müssen Erkenntnisse aus verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen, aus umfangreicher Fachliteratur und meiner eigenen Forschung zusammenfließen – und am Ende muss alles eine nachvollziehbare, begründete Argumentation ergeben.“
Damit dies erfolgreich gelingt, begleitet die Hochschule Carolin, Kilian und Simon auf ihrem Weg hin zur fertigen Bachelorarbeit: In Zoom-Meetings mit den betreuenden Professor:innen oder Dozierenden besprechen sie die einzelnen Arbeitsschritte. Zudem steht eine begleitende Lehrveranstaltung, das Bachelor-Seminar, auf dem Stundenplan. Dort werden die Studierenden ihre Exposés vor den anderen Studierenden des Studiengangs vorstellen und über den Prozess der Entstehung reflektieren. „Ziel ist es, durch das Gespräch mit den Kommiliton:innen neue Perspektiven auf das eigene Thema zu erhalten“, erklärt Kilian.
Carolin, Kilian und Simon sind motiviert für diese letzte Etappe ihres Bachelorstudiums. „Ich freue mich über mein spannendes Bachelorarbeitsthema und den Start ins Berufsleben danach, sehe dem nun langsam nahenden Studiumsende aber auch wehmütig entgegen“, sagt Kilian. Die drei Studierenden sind sich einig: Die lehrreichen Vorlesungen und Seminare, die spannenden Einblicke in verschiedene Felder der Sozialen Arbeit, die praxisnahen Kooperationsprojekte mit Partnern aus der Region, die lebhaften Diskussionen mit den Kommilton:innen – das alles werden sie sehr vermissen.