Kulturalisierung bedeutet, dass Menschen auf ihre vermeintliche kulturelle Zugehörigkeit reduziert werden. „Kultur“ wird in dieser Verwendung zu einem Ersatzbegriff von „Rasse“, weil tatsächliche oder vermeintliche Unterschiede so als natürliche und unveränderliche Wesensmerkmale verstanden werden. In diesem Verständnis ist Kulturalisierung eine Form von Rassismus – ein kultureller Rassismus. Dass Menschen in einem spezifischen kulturellen Kontext geprägt werden ist zwar nicht falsch, allerdings wird die Bedeutung dieser Prägung häufig massiv überbewertet. Auch Menschen, die in ein und demselben kulturellen Kontext sozialisiert wurden, unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht und haben diverse Lebensrealitäten. Gleichzeitig weisen Menschen, die in unterschiedlichen kulturellen Kontexten sozialisiert wurden, zahlreiche Gemeinsamkeiten auf.

Quelle:
Balibar, É. (1998). Gibt es einen ‚Neo-Rassismus‘? In É. Balibar & I. Wallerstein (Hrsg). Rasse, Klasse, Nation. Ambivalente Identitäten (3. Aufl.) (S. 23–38). Argument. (Original veröffentlicht in 1988).