Perspektiven für eine fehlerpräventive Professionalität im Kontext Sozialer Arbeit mit Betroffenen von Früh- und Zwangsehen
Fachvortrag: EU FEM Roadmap
"Zwangs- und Frühehen, die ohne die freiwillige und gültige Einwilligung eines*r Partners*in oder beider Partner*innen bzw. vor Vollendung des 18. Lebensjahrs geschlossen werden, sind international als Form der Menschenrechtsverletzung und der geschlechtsbezogenen Gewalt anerkannt. Diese facettenreiche soziokulturelle Praxis gefährdet persönliche Entwicklung, Zukunftsaussichten sowie Gesundheit und Wohl von Kindern und hat negative Auswirkungen auf Kinder, Frauen, Männer, Familien, Gemeinschaften und ganze Nationen. Zwangsheirat verletzt die Menschenrechte der Betroffenen und raubt ihnen ihre persönliche Freiheit, das Recht, selbst zu entscheiden, ob, wann und wen sie heiraten wollen, und häufig auch ihr Recht auf Bildung und Berufsausübung. Damit steht sie in scharfem Gegensatz zu den Grundsätzen und wichtigsten Grundwerten der Europäischen Union (EU), insbesondere zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zu den Rechten des Kindes. Die EU hat sich in mehreren Rechtsakten unmittelbar oder mittelbar mit dem Problem der Zwangsheirat beschäftigt, z. B. in der Betroffeneschutzrichtlinie von 2012, in der Zwangsheirat als Form der geschlechtsbezogenen Gewalt aufgeführt wird, in der Qualifikationsrichtlinie von 2011, die die Rechte und Pflichten von Menschen regelt, die Betroffene geschlechtsbezogener Gewalt geworden sind und die Familienzusammenführungsrichtlinie aus dem Jahr 2003, die Maßnahmen zur Verhinderung von Zwangsehen durch das Instrument der Familienzusammenführung enthält. Artikel 63.3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft bietet die Rechtsgrundlage für entsprechende Maßnahmen der EU." (Völschow & Stein 2017: 4)