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Künstler als Techniker

Ausstellungsschiff „MS Wissenschaft“: Technische Hochschule Augsburg mit kinetischer Skulptur „Matter“ vertreten

 
Eine riesige Kompassnadel aus Carbon: Die Installation "Matter" von Elias Naphausen auf der MS Wissenschaft. Bildnachweis: Ilja C. Hendel / Wissenschaft im Dialog
16.06.2023

Das Ausstellungsschiff „MS Wissenschaft“ startete am Dienstag, 9. Mai, mit dem Thema „Unser Universum“ in das Wissenschaftsjahr 2023, eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie Wissenschaft im Dialog (WiD). Neben Exponaten von Exzellenzunis und Forschungsinstituten gibt es auch eines der Technischen Hochschule Augsburg (THA), das einzige einer Hochschule für angewandte Wissenschaften. Urheber der Installation „Matter“ – eines Wegweisers zum schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße – ist der Doktorand Elias Naphausen.

 

2023 sind 25 Aussteller mit Exponaten zum Thema „Unser Universum“ auf dem Ausstellungsschiff „MS Wissenschaft“ vertreten. Neben Instituten und Universitäten – darunter Max-Planck-, Fraunhofer- und Leibniz-Institute sowie Exzellenzcluster wie das Münchner ORIGINS – ist in diesem Jahr als einzige Hochschule für angewandte Wissenschaften auch die Technische Hochschule Augsburg mit der kinetischen Skulptur „Matter“ präsent.

Eine riesige Kompassnadel aus Carbon hängt an Fäden im Raum. Und sie dreht sich, langsam, aber stetig. 24 Stunden, eine Erdumdrehung lang, benötigt sie, um an ihren Ausgangspunkt zurückzukehren. Grund ist das Ziel, das sie anvisiert – Sagittarius A*, das 26.500 Lichtjahre von der Erde entfernte schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie, der Milchstraße. Eine Installation, mit der Elias Naphausen (35) über unseren irdischen Horizont hinausweist. Und angesichts der enormen Größenordnungen im Universum anregen will, „unsere Wünsche, Sehnsüchte, Meinungen, schlicht unsere eigene Existenz, neu zu deuten.“ So der Künstler in ihm. Der allerdings mit moderner Technik gestaltet: „Matter“ ist überwiegend aus 3-D-gedruckten Teilen aufgebaut. Schrittmotoren steuern die Länge der Fäden, an denen die Nadel hängt, und die Drehung der gesamten Plattform.

Weitere Bestandeile sind ein Mikrocomputer, eine Echtzeituhr und Motorcontroller. Diese Kunst-Technik-Installation erregte Aufmerksamkeit bis hin zur Aufnahme in die 2023er-Ausstellung zum Thema „Unser Universum“ des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Schiffs „MS Wissenschaft“. Als einziges Exponat einer Hochschule für angewandte Wissenschaften inmitten derer von Exzellenzuniversitäten und Forschungsinstituten – in einer Ausstellung, die per Schiff durchs Land fährt und vor allem jungem Publikum Wissenschaft und Forschung nahebringen soll.

Gelungener Spagat
Naphausen denkt nach – ist er nun mehr Techniker oder Künstler? Nein, diese Frage stelle sich ihm nicht mehr. Spätestens, seitdem er den Studiengang „Interaktive Medien“ an der Hochschule entdeckt hatte. Und danach den Master im Fach „Interaktive Mediensysteme“ absolvierte. Ausbildungen, die ihm, wie er sagt, „die Medienkunst, die Kunst aus und mit Technik, mit Computern“ nahegebracht hätten. Und die ihm den lang ersehnten Spagat zwischen künstlerischem Schaffen sowie Informatik, Design und Forschung ermöglichten. Begonnen hat er mit einer Ausbildung zum Assistenten für Informatik, holte sein Abitur nach, arbeitete als Systemadministrator und Programmierer für überwiegend Start-ups. „Doch mir fehlte etwas Grundlegendes“, erinnert sich Naphausen. Obwohl er schon als Kind liebend gern technische Geräte zerlegte und das Innere inspizierte, schlug noch ein zweites Herz in seiner Brust: das freie, künstlerische Gestalten, das er damals mit ersten Airbrush-Arbeiten auszuleben begann. Mehr und mehr beschäftigte ihn die Frage nach der Technik-Kunst-Verbindung und er fand an der Hochschule Augsburg nicht nur die passenden Studiengänge, sondern auch die Professoren, die seine Talente förderten, ihm aber vor allem zeigten, „wie der Übergang vom Studium in die reale Welt zu meistern ist“. Heißt, sein Können, Technik zu gestalten, interdisziplinär und anwendungsorientiert einzusetzen. Ein zentrales Anwendungsgebiet sollte die Mensch-Maschine-Interaktion werden.

Darf es nicht schön sein?
In diesem Sinn macht Naphausen nach seinem Studium und Erfahrungen in der freien Wirtschaft an der Hochschule Augsburg weiter, unter anderem als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hybrid Things Lab der Fakultät für Gestaltung, das sich zukünftigen Perspektiven der Mensch-Maschine-Interaktion widmet. Was Naphausen ebenfalls tut, derzeit mit seiner Promotion zum Thema „Wie Roboter klingen“. Geräusche und Klang von Technik beschäftigten ihn schon länger, nicht zuletzt begleitete er während seines Masterstudiums die Entstehung des Klanglabors der Hochschule. Jetzt macht Naphausen Nägel mit Köpfen und erforscht als Doktorand, wie das Tun von Industrierobotern mit Klängen kommuniziert werden kann. Dazu nutzt er die Daten, die ein Robotern ständig erzeugt – wie bewegt er sich, wie viel Energie verbraucht er, wann wird es kritisch – und schickt diese durch einen elektronischen Synthesizer. Sinn des Ganzen: „Die hörbaren Klänge vermitteln dem Menschen den aktuellen Zustand des Roboters“, sagt Naphausen. Das Ziel ist, Abläufe kontrollierbarer machen und damit zu verbessern. Allerdings nicht mit schrill-mechanischen Tönen, sondern musikalisch, auf eine vertrauensbildende Weise. Um auch das sinnliche Erleben der Mensch-Maschine-Kommunikation auf eine andere Ebene zu heben. Oder wie Naphausen meint: „Darf es nicht schön sein?“

Ausstellungsschiff MS Wissenschaft
Die MS Wissenschaft hat in Berlin an ihrem ersten Ausstellungsort angelegt. Bildnachweis: Ilja C. Hendel / Wissenschaft im Dialog

Über die MS Wissenschaft:
Das Ausstellungsschiff „MS Wissenschaft“ startete am 9. Mai 2023 in Berlin seine Tour ins Wissenschaftsjahr 2023 und fährt bis zum Herbst mehr als 30 Städte in Deutschland und Österreich an. Im Rahmen des Wissenschaftsjahrs, einer Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie Wissenschaft im Dialog (WiD), ist das schwimmende Science Center seit mehr als 20 Jahren jeden Sommer unterwegs. Es bietet Wissenschaft zum Anfassen in Form spannender Exponate und adressiert besonders Kinder, Jugendliche und Familien.

https://ms-wissenschaft.de