Professor Michael Wörgötter veröffentlicht Publikation zur Schriftenkartei der westdeutschen Bleisatzschriften
Die Kartei wurde 1958 von der „Arbeitsgemeinschaft der grafischen Verbände des deutschen Bundesgebietes e.V., Bundesverband Buchdruck – dem Vorläufer des heutigen Bundesverbands Druck – initiiert. Ziel war es, eine Gesamtschau über die seinerzeit am Markt befindlichen Bleischriften in Westdeutschland zu geben. Am Projekt beteiligt waren alle sieben in der BRD damals noch existierenden Schriftgießereien: die Bauersche Gießerei, die H. Berthold AG, Genzsch & Heyse, Ludwig & Mayer, die D. Stempel AG, die Johannes Wagner GmbH und C. E. Weber.
Die Kartei wurde in mehreren Teilen ausgeliefert. Schriftkarteikarten zu neu entstandenen Schriften wurden nachgereicht, bis die Kartei 1971 insgesamt 638 Karten umfasste. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Kartei konnten nur Mitglieder der Bundessparte Buchdruck in der AVG, Wiesbaden, die Karten beziehen. Die Auflage wird auf etwa 400 Exemplare geschätzt, in deutschen Archiven und Museen sind allerdings nur noch insgesamt vier Exemplare der Kartei nachweisbar.
Einheitliche Gestaltung und sorgfältiger Druck
Das Layout der Karteikarte im Format DIN A5 war standardisiert: Auf der Vorderseite sind der vollständige Zeichensatz und die wesentlichsten Informationen zur Entstehung der Schrift, wie zum Beispiel Schriftdesigner und Gießerei, abgebildet. Die Rückseite zeigt Beispiele der Schriften in allen Graden. Die Drucke wurden in den Gießereien von frisch gegossenen Schriften abgesetzt und sehr sorgfältig gedruckt. In der Sammlung enthalten sind viele bedeutende Schriften, darunter Futura,Helvetica und Optima, aber auch Übernahmen und Nachschnitte, wie etwa der Times.
„Die Kartei ist ein echter Schatz für alle Schrifthistoriker und -historikerinnen, für alle Designer und Designerinnen“, sagt Prof. Wörgötter. „Als ein Exemplar der Kartei in meinen Besitz gelang, war für mich klar, dass ich den Inhalt zugänglich machen möchte: für das interessierte Fachpublikum, das in der Sammlung stöbern, Forschungsprojekte umsetzen oder neue Schriften entwerfen möchte, aber auch für alle, die mit historischen Schriften arbeiten.“
Historische Schriften zugänglich machen
Prof. Wörgötter scannte die Karteikarten und produzierte eine Publikation dazu. Sie umfasst zwei Bände mit insgesamt fast 1400 Seiten und mit einem ergänzenden zweisprachigen Anhang. Dieser enthält Informationen zum Hintergrund und zur Entstehung der Kartei und umfangreiche Register. Die Publikation wurde in kleiner Stückzahl produziert und ist unter anderem in der Bibliothek der Technischen Hochschule Augsburg einsehbar und für Forschungs- und Designprojekte ausleihbar.
Die Originalkartei hat Prof. Wörgötter inzwischen dem Letterform Archive in San Francisco übergeben, wo sich Stephen Coles, Schriftspezialist von internationalem Rang, dem Projekt annahm. Die physische Kartei ist dort jetzt als Schenkung zu finden. Die hochauflösenden Scans hat das Archiv zur freien Verwendung online gestellt.
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