Auslandsstudium in einer der lebenswertesten Städte der Welt
Heiko Dreizler, Student im Masterstudiengang Personalmanagement, berichtet von seiner Zeit am British Columbia Institute of Technology in Vancouver
Vorbereitung
Das BCIT ist leider keine Partneruniversität der Technischen Hochschule Augsburg, weshalb ich als Freemover mein Auslandssemester dort absolviert habe. Auf das BCIT bin ich über das Unternehmen IEC aufmerksam geworden. Dieses bietet Partneruniversitäten weltweit an, um Studierenden bei der Planung und Durchführung eines Auslandssemesters zu unterstützen. Der Vorteil, das Auslandssemester mithilfe einer Organisation wie IEC zu planen, ist, dass diese oftmals eine recht breite Auswahl an Partneruniversitäten bieten und sehr unterstützend bei der Planung, Vorbereitung und Durchführung sind. Nachteil ist jedoch, dass man im Gegensatz zu Partneruniversitäten der eigenen Hochschule immer Studiengebühren zahlen muss. Dabei berät IEC auch über Finanzierungsmöglichkeiten, da die Studiengebühr für ein Semester schnell mehrere tausend Euro betragen kann (Studiengebühren BCIT für ein Semester mit 24 ECTS sind bei ungefähr 5.000 €). Ich hatte das Glück, sowohl Auslands BAföG als auch die PROMOS-Förderung erhalten zu haben, welche sehr hilfreich zur Finanzierung des Auslandssemesters waren.
Der Organisationsaufwand eines Auslandssemesters ist nicht zu unterschätzen. Neben der Bewerbung an der Gastuniversität muss man das Auslandssemester an der eigenen Hochschule beantragen und organisieren sowie sich um Finanzierungsmöglichkeiten wie DAAD, Auslands BAföG, PROMOS, usw. bemühen. Dies sind oft aufwendigere Bewerbungen/Anträge, die sich über einen längeren Zeitraum ziehen können. Für gewöhnlich wird man aber gut dabei beraten und der Aufwand lohnt sich auf jeden Fall!
Hat man den Studienplatz erhalten, gilt es, den Aufenthalt vor Ort zu planen. Ein Studienaufenthalt in Kanada von bis zu sechs Monaten ist zum Glück noch mit einem Touristenvisum machbar. Dieses kann man sehr einfach und billig im Internet in wenigen Minuten beantragen. In Kanada gilt jedoch ein Trimester System. Somit kann man mit dem Touristenvisum nur ein Trimester studieren. Falls man länger dort studieren möchte, muss man sich um ein Studentenvisum bemühen, was wieder aufwendiger und teurer ist. Somit machen die meisten Studierenden dort auch nur ein Trimester.
Vancouver selbst leidet leider unter einer akuten Wohnungskrise, was sehr teure Mieten und einen harten Kampf um eine Unterkunft zur Folge hat. Am preiswertesten lässt es sich in Vancouver in den zur Uni zugehörigen Wohnheimen wohnen (ca. 550 € im Monat). Leider kann das BCIT nicht genügend Plätze für alle zur Verfügung stellen. Ich selbst habe beispielsweise keinen Platz erhalten und musste mich somit selbst um eine Unterkunft bemühen. Hierfür bietet sich in Kanada am besten Facebook Marketplace oder Craigslist an. Ich hatte das Glück, ein preiswertes Zimmer über Craigslist zu finden. Die Mieten für ein WG-Zimmer in Vancouver erreichen nämlich oft mehr als 1.000 € pro Monat. Aus Deutschland ein Zimmer zu finden, ist oft sehr schwierig. Deshalb bietet es sich an, insofern man keinen Wohnheimplatz erhalten hat, für den ersten Monat ein Airbnb zu nehmen und dann vor Ort nach einem Zimmer zu suchen. Ebenso kann man vor Ort nochmals nach einem Wohnheimplatz fragen. Das BCIT hatte nämlich mehrere Reservezimmer im Wohnheim eingeplant und mehrere Studierende konnten dann noch nachträglich ein Zimmer im Wohnheim erhalten. Jedoch darf man sich nicht auf die Warteliste für eine Unterkunft verlassen, sondern muss persönlich im Büro die Mitarbeiter auf ein Zimmer ansprechen.
Studieren vor Ort
Das BCIT hat den Vorteil, dass es eine Vielzahl an Kursen aus unterschiedlichen Bereichen (Finance, Personalmanagement, Unternehmensführung, Marketing, Tourismus, usw.) anbietet, in die man sich frei einschreiben kann. Es werden dann vom BCIT keine extra Kurse nur für internationale Studierende gebildet, sondern man studiert mit den Einheimischen und hat so die komplette Erfahrung des lokalen Studiensystems. Ebenso bietet es eine super Gelegenheit, um lokale Studierende kennenzulernen und sich viele Tipps für das Studieren, aber auch das Leben in Vancouver einzuholen. Meiner Erfahrung nach sind diese jedoch deutlich stärker in das Studium eingebunden, aufgrund einer deutlich höheren Zahl an pro Semester zu absolvierenden Kursen. Dadurch verbringt man seine Freizeit doch häufiger mit den anderen internationalen Studierenden als mit den lokalen Studierenden.
Das Studium in Kanada beansprucht deutlich mehr Zeit, als ich ursprünglich erwartet habe. So beginnt es ab Woche 1 mit wöchentlichen Abgaben. Generell basiert das System auf wesentlich mehr eigenständiger Arbeit. Ich hatte beispielsweise drei Kurse mit jeweils zwei Stunden Vorlesung pro Woche (also sehr wenig). Jedoch muss man jede Woche Case Studies machen, Bücher lesen, Präsentationen vorbereiten oder ähnliches. Auch wenn der Aufwand höher ist als erwartet, findet man doch noch Zeit, um Vancouver und die Umgebung zu erkunden.
Da Studierende oftmals den ganzen Tag an der Uni sind, bieten die Universitäten deutlich mehr zum Ausgleich an als (zumindest meiner Erfahrung nach) Universitäten/Hochschulen in Deutschland. Der Campus selbst funktioniert oft wie eine eigene kleine Stadt. Es gibt Restaurants/Bars auf dem Campus, Getränkeläden, einen eigenen Merchandise Shop, Tim Hortons (eine Kette ähnlich zu Starbucks), ein eigenes kostenloses Fitnessstudio, eine Turnhalle, die man frei nutzen kann, Fußballplatz, einen kleinen Boulderraum, Squashräume sowie Tennisplätze. Ebenso bieten sie viele Sportkurse an und universitätsinterne Sportturniere im Futsal, Volleyball sowie Basketball. Das ganze Angebot stand auch uns internationalen Studierenden zu Verfügung. Gegen eine kleine Anmeldegebühr konnte man ein eigenes Team für eines der Turniere anmelden.
Leben vor Ort
Sowohl Vancouver und die Region als auch Kanada als Land sind unglaublich vielseitig und haben einiges zu bieten. Der Vorteil am Trimester System ist, dass es im Vergleich zu unseren Semestern kürzer ist und man somit noch Zeit hat, vor und/oder nach dem Studium in Kanada zu reisen. Ich selbst bin im Anschluss an meinem Aufenthalt in Vancouver noch für einen Monat gereist und habe Toronto, New York, Montreal, Quebec City und Ottawa besucht. Andere haben sich eher auf die USA konzentriert und beispielsweise eine Tour durch Kalifornien gemacht. Die Möglichkeiten sind dort wirklich unbegrenzt.
Auch während der Zeit in Vancouver kann man einiges machen. Per Fähre kommt man beispielsweise innerhalb weniger Stunden nach Vancouver Island. Allein hier gibt es zahlreiche Gebiete zu erkunden. Neben Seen und zahlreichen Bergen zum Wandern, gibt es genauso Strände zum Surfen und interessante Städte wie Victoria, die Hauptstadt von British Columbia. Ähnlich vielseitig ist Vancouver selbst auch. So gibt es um die 15 Strände dort (wovon fünf Sandstrände sind), um die Sonne und den Sonnenuntergang zu genießen. Gleichzeitig ist Vancouver eine Millionenstadt mit zahlreichen Restaurants, Bars, Einkaufsmöglichkeiten sowie einer beeindruckenden Skyline. Mit zusätzlich zahlreichen Parks bietet Vancouver somit alles, was man sich von einer so großen Stadt wünschen kann.
Auch die Umgebung um Vancouver ist sehr einladend, um die verschiedensten Aktivitäten zu unternehmen. Fährt man in den Süden, ist man in zwei bis drei Stunden in Seattle und Portland und kann die Städte sehr einfach für ein Wochenende besuchen, Hier kann man gut hingehen, um ein NFL- oder NBA-Spiel live mitzuerleben. Vancouver selbst hat eine NHL-Mannschaft sowie verschiedene Sportteams (Baseball, American Football, Lacrosse, usw.) die in kanadischen Ligen spielen.
Fährt man in den Osten, gibt es die verschiedensten Möglichkeiten, um zum einen zu wandern, aber auch insbesondere um zu angeln. Ich hatte das Glück, mit Einheimischen zu leben, wodurch ich mehrmals mit ihnen angeln konnte. Aber auch die Ausrüstung konnte ich leihen, um mit anderen Studierenden angeln zu gehen. Der Vorteil in Kanada ist, dass man Lachse auch ohne Anglerschein angeln kann. Man muss sich lediglich online eine Lizenz für ungefähr 20 € kaufen. Angeln in der Natur von Kanada war für mich auf jeden Fall ein absolutes Highlight!
Fährt man in den Nordosten, kann man nach mehreren Stunden den Nationalpark Banff erreichen. Dieser liegt mitten in den Rocky Mountains und bietet wunderschöne Natur. Die Umgebung dort ist vermutlich einer der schönsten Orte der Welt, und es lohnt sich, Banff sowohl im Sommer als auch im Winter zu besuchen. Neben zahlreichen Bergen für Wanderungen gibt es hier ein Skigebiet, einen Gletscher (auf den man in den passenden Jahreszeiten drauf kann) sowie zahlreiche wunderschöne Seen wie beispielsweise Lake Louise. Es empfiehlt sich allemal, den Highway von Banff nach Jasper zu fahren. Dieser gilt als einer der schönsten Highways Kanadas, was schon einiges zu bedeuten hat, und die Aussage kann ich nur bestätigen.
Im Norden von Kanada beginnen direkt am Stadtrand die Berge. Innerhalb von 20 bis 30 Minuten erreicht man dort zwei Skigebiete/Wandergebiete. Ebenso gibt es riesige Buchten am Rand des Ozeans, der sich relativ weit in das Landesinnere zieht.
Fährt man noch weiter, so hat man nicht nur einen atemberaubenden Highway, sondern man kommt auch an Nationalparks wie dem Garibaldi Park vorbei oder schnell in den Ort Whistler mit seinem weltbekannten Ski- und Wandergebiet.
Wandermöglichkeiten und Orte zum Erkunden gibt es dort ohne Ende. Insofern sich jemand überlegt, nach Vancouver zu gehen, sind die besten Wanderungen, die ich empfehlen kann: Panorama Ridge, Wedgmount Lake und Saint Mark Summit.
Vancouver selbst hat einen großen Flughafen, von dem man schnell für ein Wochenende nach Amerika fliegen kann, um noch weitere Städte zu erkunden. So kommt man gut für ein Wochenende nach Toronto, LA, Las Vegas oder beispielsweise San Francisco. Die Möglichkeiten dort sind wirklich unbegrenzt, egal ob man Städte erkunden will oder die Natur.
Fazit
Ehrlicherweise muss man genügend Geld einplanen. Denn nicht nur die Mieten und Studiengebühren sind in Kanada teuer, sondern auch Essen oder Freizeitaktivitäten. Je mehr man unternimmt, umso teurer wird das Leben natürlich auch (trotzdem lohnt es sich so viel wie möglich zu machen). In Kanada selbst hat man noch den Vorteil, dass der kanadische Dollar schwächer ist als er Euro. Dies kompensiert teilweise die hohen Kosten wieder. Wenn man jedoch viel Zeit in den USA verbringt, hat man diesen Währungsvorteil nicht mehr und das Leben wird schnell noch teurer. Umso mehr lohnt es sich, sich davor um Finanzierungsmöglichkeiten zu bemühen, diese können wirklich viel weiterhelfen!
Leider hat Vancouver, wie viele andere Großstädte, große Sozialprobleme. Durch den großen Wohnungsmangel und die hohen Mietpreise hat Vancouver viele Obdachlose und Drogensüchtige, vor allem nahe der Hasting Street. Daher würde ich eine andere Wohngegend empfehlen. Trotz dieser Probleme würde ich Vancouver als eine sehr sichere Stadt bezeichnen. Ich selbst hatte dort nie Probleme und habe es auch von keinem anderen gehört.
Unabhängig vom Organisationsaufwand und den hohen Kosten hat sich in meinen Augen das Auslandssemester an der BCIT zweifelslos gelohnt. Ich kann jedem nur das BCIT empfehlen. Grundsätzlich bin ich aber überzeugt, dass unabhängig wo man das Auslandssemester macht, es eine unglaublich bereichernde und sehr schöne Zeit ist. Somit kann ich nur jedem empfehlen, diese Möglichkeit auch wirklich zu nutzen!