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StarkStrom Augsburg e.V. feiert mit seinem diesjährigen Rollout ein großes Comeback
„Joseph ‚Jojo‘ Tüftle“ soll gleich im ersten Jahr sowohl manuell als auch autonom fahren
Der wohl emotionalste Moment des Abends war die Enthüllung des neuen Rennautos „Joseph ‚Jojo‘ Tüftle“, benannt nach der Figur aus der Augsburger Puppenkiste. „Wir haben uns dieses Jahr persönlich weiterentwickelt, Stärken und Schwächen erkannt und gemeinsam daran gearbeitet, um aus unterschiedlichsten Charakteren ein Team zu formen. Es ist ein bewegender Moment zu sehen, wie sehr sich jede:r einzelne dieses Jahr weiterentwickelt hat“, so die erste Vorständin, Elena Zehnder. Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte hat das Studierenden-Team ein Rennauto gebaut, das schon im ersten Jahr sowohl manuell als auch autonom fahren soll. Nach einer langen Corona-Pause feierte das Team im großen Rahmen seinen Rollout bereits zum dritten Mal im Sigma Technopark, in diesem Jahr direkt neben der eigenen Werkstatt. Nachdem die vergangene Saison als Highlight der bisherigen Vereinsgeschichte gefeiert wurde, ist der Ansporn besonders groß, in diesem Jahr an die jüngsten Erfolge anzuknüpfen.
Nachdem die Formula Student eine Regeländerung vorgenommen hat und ein „First Year Driverless Fahrzeug“ vorschreibt, möchte das Team mit dem neuen Auto noch mehr erreichen und wagt den Schritt, alle manuellen Komponenten zusammen mit den autonomen Komponenten in einem System zu vereinen. Vorstandsmitglied Christian Zehendner sagte anlässlich des Rollouts: „Der Bolide soll schneller, besser und effizienter sein als alle bisher gebauten Rennwagen der Vereinsgeschichte.“ Hierfür hat das junge Team bereits im Sommer vergangenen Jahres geplant, wie bisherige Stärken erweitert und Schwächen im neuen Rennwagen ausgemerzt werden könnten.
Der Rennwagen wird von vier Radnabenmotoren angetrieben, um jedes Rad einzeln ansteuern und eine maximale Antriebskraft auf die Straße bringen zu können. Außerdem ist das Fahrzeug mit einem 600 Volt-Akkumulator ausgestattet, wie Zehendner erklärt. Der Top-Speed werde bei maximal 130 km/h erreicht und das Rennauto könne von 0 auf 100 in knapp 3,5 Sekunden beschleunigen. Bei einem Gewicht von ca. 200 kg weise es eine auf 80 kW limitierte maximale Leistung auf. Thomas Oberhofer, Head of Mechanic, schildert weitere Details: „In diesem Jahr wurde das Heave-Roll-System, das Feder-Dämpfer-System des Fahrwerks, komplett überarbeitet. Durch Verkleinern der Komponente wurde die Kinematik verändert und optimiert. Dieses Jahr konnte ein Großteil der Bauteile in Eigenfertigung hergestellt werden. Das Aerodynamik-Paket wurde mit einem komplett neu entwickelten Unterboden versehen, um mehr Abtrieb zu erzeugen und gleichzeitig die Kühlung aerodynamisch günstig zu integrieren.“
Das DRS (Drag-Reduction-System) verringere den Luftwiderstand auf der Geraden, indem zwei Flügelprofile von einer steil angestellten in eine flache Stellung geklappt werden. Das Chassis des neuen Fahrzeugs, aus einer Carbonfaser-Sandwichstruktur mit Aluminiumwabe als Kern, hat das Studierenden-Team durch ein engeres Packaging deutlich leichter gebaut und ermögliche so auch mehr Platz für die Aerodynamik. Zehendner ergänzt: „Der Hochvolt-Akkumulator lässt sich nun wieder von hinten in das Monocoque einschieben. So kann leichter und schneller auf diesen zugegriffen werden. Die Antriebsschlupfregelung und das Torque-Vectoring wurden neu entwickelt und generieren eine noch effizientere Beschleunigung sowie höhere Kurvengeschwindigkeiten. Statt zwei Boardnetz-Akkumulatoren wurde in diesem Jahr Gewicht eingespart, indem nur ein kleinerer und effizienterer verbaut wurde, der eine neue Zellchemie verwendet.“ Außerdem wurde eine leistungsstarke Rekuperation integriert – der neue Bolide könne also über die Elektromotoren bremsen, um so die Energie aus dem Bremsen wieder in den Akku zu speichern. Es wurde außerdem eine Software integriert, die das manuelle und das autonome System zusammenführt. Das Driverless-System kann insgesamt deutlich besser gesteuert werden und arbeitet zusätzlich effizienter. Das Rennteam hat das Fahrzeug mit einer optimierten, kleineren Lenkung ausgestattet. Der Bahnplanungsalgorithmus performe schneller und benötige weniger Ressourcen, da die Erkennung überarbeitet wurde. Hier wurde das neuronale Netz durch YOLOv5 („You only look once“) ersetzt und könne nun bei weniger Berechnungszeit genauer arbeiten.
Neu entwickelt wurde laut Zehendner auch die Key-Point-Detection. Anhand von sieben vordefinierten Schlüsselpunkten auf einer Pilone kann trotz einem zweidimensionalen Kamerabild Tiefe erkannt werden und eine Entfernung berechnet werden. Der Algorithmus zur Hütchenerkennung, die der LiDAR (Laserscanner) in Form einer Punktwolke ausgibt, konnte ursprünglich nur Oberflächen voneinander unterscheiden. Bei dem neuen Rennwagen werde aus einer sogenannten „Birdview“ die gesamte Umgebung betrachtet, ergänzt durch einen neuen Algorithmus, welcher eine einfache Hütchenerkennung ermögliche. Nicht zuletzt wurde ein Diagnostic Tool integriert, das bisher häufig auftretende Fehler auf Testfahrten oder Wettbewerben überwache und die Zeit der Fehlersuche verkürze. „So muss nach Fehlern nicht mehr mühselig in Logs gesucht werden“, erklärt Zehendner.
Nach dem Rollout blickt der Verein StarkStrom Augsburg nun in Richtung der Formula Student Wettbewerbe. In diesem Jahr wird das Team auf den Events FS Netherlands (Assen NL), FS Austria (Spielberg AT), FS East (Budapest HUN) und FS Germany (Hockenheim DE) sein Können unter Beweis stellen. Es bleibt knapp ein Monat für sämtliche Anpassungen am Fahrzeug und Vorbereitungen auf die Events. „Die Vorfreude ist groß“, sagt der Vorstand einstimmig.