Diffusion erneuerbarer Energien
Projektbeschreibung
Die Bedeutung regionaler Spill-over-Effekte
Der Erfolg der Energiewende in Deutschland hängt von den technischen Möglichkeiten, aber auch von der Bereitschaft der Unternehmen ab, ihre Energieerzeugung von fossilen auf erneuerbare Energien umzustellen. Bisherige Studien zur Erforschung der Diffusion erneuerbarer Energien in Unternehmen betonen die Rolle von Regulierungsmaßnahmen und Energiepreisen, ignorieren dabei aber die in Deutschland deutlichen regionalen Unterschiede. Im Rahmen des Forschungsprojekts werden die regionalen Bestimmungsgründe der Verbreitung erneuerbarer Energien auf der Basis eines ökonometrischen Modells analysiert.
Im Jahre 2016 erreichten erneuerbare Energien einen Anteil von 29 Prozent an der Stromerzeugung in Deutschland, während der entsprechende Wert für fossile Energiequellen immer noch knapp 54 Prozent betrug. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2025 den Anteil der erneuerbaren Energien auf 45 Prozent und bis 2050 sogar auf 80 Prozent zu erhöhen. Laut den bisher vorliegenden wissenschaftlichen Studien hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine sehr wichtige Rolle für die Verbreitungerneuerbarer Energien gespielt.
Allerdings kann dieses deutschlandweit gültige Gesetz nicht die durchaus beträchtlichen regionalen Unterschiede in der Diffusion erneuerbarer Energien erklären (siehe Abbildung 1). Vor allem Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und Bremen weisen einen deutlich überdurchschnittlichen Anteil an Unternehmen auf, die von 2012 bis 2014 erneuerbare Energien neu eingeführt haben. Ziel des vorliegenden Forschungsprojekts ist es daher, sowohl aus theoretischer als auch empirischer Sicht, regionale Unterschiede in der Verbreitung erneuerbarer Energien in Deutschland zu erklären.
Theoretische Grundlage
In regionalwissenschaftlichen Theorien spielen Agglomerationseffekte eine wichtige Rolle. Diese Effekte resultieren aus der räumlichen Nähe vieler Unternehmen und öffentlicher Infrastruktur. Ein Unternehmen, das sich in einer Agglomeration befindet, kann u. a. von einem umfangreichen Arbeitskräfteangebot, vielen Zulieferbetrieben oder auch Kultureinrichtungen, die eine Region für gut ausgebildete Arbeitskräfte attraktiv machen, profi tieren.
Im Fall der sogenannten Lokalisationseffekte führt die räumliche Nähe ähnlicher Betriebe zu positiven regionalen Spillover-Effekten. So können Betriebe von einem regionalen Erfahrungsaustausch mit anderen Betrieben, die schon verstärkt erneuerbare Energien eingesetzt haben, lernen bzw. inspiriert werden, nach ähnlichen Lösungen zu suchen. Neben derartigen Lerneffekten kann gerade in Regionen, die durch ein hohes Umweltbewusstsein geprägt sind, der Ersatz fossiler Energieträger durch erneuerbare zu einer Erhöhung der Reputation der Unternehmen führen. Auf der anderen Seite kann dagegen für Unternehmen in „grünen“ Regionen ein sozialer Druck entstehen.
Empirische Analyse
Für die empirische Analyse des Einflusses regionaler Faktoren auf die Diffusion erneuerbarer Energien in Unternehmen wurden drei Datenquellen kombiniert. Die Hauptdatenbasis ist das Community Innovation Survey (CIS) aus dem Jahre 2014, das Daten zum Innovationsverhalten von ca. 8.500 Unternehmen über alle Wirtschaftsbereiche enthält. Für das Berichtsjahr 2014 wurde ein zusätzliches Modul zur Analyse von Innovationen eingeführt, die zu positiven Umweltwirkungen führen. Diese Daten wurden durchregionale Variablen für ca. 400 Kreise und kreisfreie Städte aus der amtlichen Statistik sowie durch eine Datenbank zur regionalen Ausstattung mit Anlagen zur Produktion von Elektrizität aus erneuerbaren Energien (Solar, Wind, Wasser und Biomasse) ergänzt.
Die Ergebnisse der ökonometrischen Analyse (two-level mixed effects probit model) zeigen, dass eine stärkere grüne Ausrichtung einer Region, die am Wahlergebnis der Partei der Grünen gemessen wurde, über den oben geschilderten Reputationseffekt die Bereitschaft der Unternehmen erhöht, erneuerbare Energien einzuführen. Außerdem lassen sich Lokalisationseffekte nachweisen: Befinden sich in einer Region schon viele Betriebe, die erneuerbare Energien verwenden, sind auch in der Folge andere Betriebe bereit, fossile durch erneuerbare Energiequellen zu ersetzen.
Die schon vorhandene Ausstattung mit erneuerbaren Energiequellen in einer Region führt zu positiven Innovationseffekten im Bereich erneuerbarer Energien. Neben den regionalen Variablen wurden viele weitere Kontrollvariablen in das ökonometrische Modell integriert, so auch der Einfluss von Gesetzen. Insbesondere künftige, von den Unternehmen erwartete gesetzliche Regelungen, scheinen die Diffusion erneuerbarer Energien zu befördern.
Die Analyse zeigt, dass neben Gesetzen wie dem EEG oder hohen Energiepreisen auch „weiche“ Maßnahmen wie die Förderung der grünen Ausrichtung einer Region oder die Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur die Diffusion erneuerbarer Energien beschleunigen kann.
Beteiligte Personen
Projektleitung
Prof. Dr. Jens Horbach
Fakultät für Wirtschaft
Fachgruppe Volkswirtschaftslehre
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Partner
Dr. Christian Rammer
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)
Mannheim