Fachkräftemangel und Innovation
Fachkräftemangel als Barriere für Innovationsprojekte
Projektbeschreibung
Qualifizierte Arbeit ist entscheidend für Innovationsprozesse. Ein Mangel an qualifiziertem Personal kann Innovationsaktivitäten behindern und zu einer geringeren Produktivität führen. Trotz der Bedeutung des Fachkräftemangels in der politischen Diskussion gibt es bislang kaum empirische Studien zum Zusammenhang zwischen Fachkräftemangel und Innovationstätigkeit. Anhand einer ökonometrischen Analyse zeigt die vorliegende Studie, dass innovative Unternehmen überdurchschnittlich von Fachkräftemangel betroffen sind und dieser auch dazu führt, dass Innovationsprojekte nicht realisiert werden.
Der Mangel an Fachkräften steht in Deutschland seit fast zehn Jahren in der öffentlichen Diskussion. In den vergangenen Jahren hat der langanhaltende Konjunkturaufschwung zu einer Erhöhung der Arbeitsnachfrage geführt, die Arbeitslosenquote fiel im Jahre 2018 auf 3,4 Prozent, den zweitniedrigsten Wert in der EU. Mittel- bis langfristig wird der demographische Wandel zu einem Mangel an jungen Arbeitskräften führen.
Innovative Unternehmen können vom Fachkräftemangel besonders betroffen sein, da sie einen höheren Bedarf an gut ausgebildetem und spezialisiertem Fachpersonal haben. Ein derartiger Fachkräftemangel kann dann aber dazu führen, dass Investitionen und Innovationsaktivitäten nicht realisiert werden, so dass das Wachstum gerade dieser Unternehmen gebremst wird.
Die vorliegende Studie geht zunächst der Frage nach, ob innovative Unternehmen in überdurchschnittlicher Weise vom Fachkräftemangel betroffen sind. In einem zweiten Schritt wird untersucht, ob Fachkräftemangel die Innovationstätigkeit deutscher Unternehmen beeinträchtigt. Im Rahmen der ökonometrischen Analyse werden dabei unterschiedliche Qualifikationsniveaus berücksichtigt.
Die Analyse nutzt Daten des Mannheimer Innovationspanels (MIP) für Deutschland von 2017 bis 2019. Das MIP ist Teil des europaweiten Community Innovation Surveys (CIS). Diese Befragung stellt eine der wichtigsten Quellen zur Analyse des Innovationsverhaltens von Unternehmen dar. Die Befragungswelle des Jahres 2018 enthielt ein Fragenmodul zum Fachkräftemangel, das mit den sehr detaillierten Informationen zum Innovationsverhalten der Unternehmen verknüpft werden kann.
Nach der in der vorliegenden Studie zugrunde gelegten Definition liegt dann ein Fachkräftemangel vor, wenn das befragte Unternehmen im Jahr 2017 offene Stellen gar nicht, nur verspätet, oder nicht mit dem gewünschten Personal besetzen konnte. Es zeigt sich, dass innovative Unternehmen hiervon mit einem Anteil von knapp 44 Prozent im Vergleich zu allen Unternehmen (40 Prozent) stärker betroffen sind. Besonders deutlich wird der Unterschied zu allen Unternehmen bei einem Fachkräftemangel in Bezug auf berufliche Ausbildungen und bei Akademiker:innen.
Aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeit von Innovationstätigkeit und Fachkräftemangel erfordert die ökonometrische Analyse die Verwendung von sogenannten Instrumentenschätzungen, da auf der einen Seite vermehrte Innovationsaktivitäten zu einer Verschärfung des Fachkräftemangels führen können, auf der anderen Seite ein Fachkräftemangel die Innovationsaktivitäten aber behindern und damit verringern kann.
Die Ergebnisse der ökonometrischen Analyse zeigen, dass innovative Unternehmen einen signifikant höheren Fachkräftemangel aufweisen. Der Fachkräftemangel ist noch stärker ausgeprägt, wenn es sich um Unternehmen handelt, die sich in einer guten Gewinnsituation befinden und deren Produktnachfrage hoch ist. Außerdem zeigt sich eine deutliche Pfadabhängigkeit des Fachkräftemangels, d. h. Unternehmen, die in der Vergangenheit Probleme hatten, ein passend ausgebildetes Fachpersonal zu bekommen, haben sie auch in der Gegenwart und Zukunft. Die regionale Dimension ist dabei auch wichtig. Unternehmen in Regionen, in denen die Arbeitslosigkeit hoch ist, haben einen geringeren Fachkräftemangel, während in prosperierenden Agglomerationsräumen das Gegenteil der Fall ist.
Die Ergebnisse eines weiteren ökonometrischen Modells zeigen, dass Fachkräftemangel Innovationsprojekte verzögern bzw. sogar ihren Abbruch hervorrufen kann. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die stark auf Personal mit einer beruflichen Qualifikation im Produktions- und IT-Bereich angewiesen sind. Der Fachkräftemangel bei akademischen Qualifikationen ist in diesem Zusammenhang dagegen weniger wichtig, während er bei an- bzw. ungelernten Tätigkeiten keine Rolle als Innovationsbarriere spielt.
Literatur
Eine ausführliche Fassung der Ergebnisse findet sich im folgenden Diskussionspapier, das in einer referierten Zeitschrift eingereicht wurde und sich dort in Begutachtung befindet:
- Horbach, Jens; Rammer, Christian (2020): Labor Shortage and Innovation. ZEW Discussion Paper No. 20-09, Mannheim
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Dr. Christian Rammer
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim