Um dem Arbeitskräftemangel in der Logistik entgegen zu wirken setzt sich Lisa Kimmich in ihrem Studium mit der Integration von Mitarbeitern im Bereich Logistik auseinander. Im Forschungsprojekt LogiPICs wirkt sie bei der Entwicklung einer universellen Bildsprache mit, die darauf abzielt Menschen mit Sprachbarrieren schnell und effektiv in logistische Prozesse einzuarbeiten. Die Zielgruppen des Projekts sind neben Geflohenen und EU-Ausländern auch funktionale Analphabeten, die zwar Lesen und Schreiben können, jedoch beim Verstehen komplexer Sachverhalte an ihre Grenzen stoßen. Im Zuge des Projekts LogiPICs arbeiten Unternehmen der Logistik-Branche, das berufliche Fortbildungszentrum der bayerischen Wirtschaft in Nürnberg und die Projektgruppe SCS des Fraunhofer Instituts mit der Forschungsgruppe HSA_ops der Hochschule Augsburg zusammen.
Universelle Bildsprache
„Wir entwickeln gemeinsam mit der Fakultät für Gestaltung eine Bildsprache, die manuelle Prozesse innerhalb der Lagerlogistik einfach und prägnant beschreibt“, sagt Lisa Kimmich. Ziel sei ein modular kombinierbarer Zeichensatz, welcher in verschiedenen Teilbereichen der Lagerlogistik eingesetzt werden kann. Der Zeichensatz müsse so aufgebaut sein, dass möglichst viele Prozessvarianten in unterschiedlichen Reihenfolgen abbildbar sind. Hierdurch sollen Sprachbarrieren innerhalb logistischer Prozesse gesenkt und die Einarbeitung von Mitarbeitern erleichtert werden.
Die Bildelemente werden laut Kimmich in abstrahierter Form verwendet, um die wesentlichen Bestandteile der visuellen Information hervorzuheben. Allerdings gebe es bei der Gestaltung der Bildsprache einige Herausforderungen. Während zum Beispiel in Europa die meisten Menschen von links nach rechts lesen, verhält es sich in der arabischen Welt genau andersherum. Eine mögliche Lösung für dieses Problem sei es, die Bilder vertikal anzuordnen.
Eine weitere Herausforderung sei die unterschiedliche Wahrnehmung von Farben in verschiedenen Kulturkreisen. So werde die Farbe Rot in vielen Kulturkreisen mit Ärger in Verbindung gebracht. Dies könne im Arbeitsalltag zu Fehlinterpretation der bildlich dargestellten Arbeitsanweisung führen. Lisa Kimmich erklärt: „Daher greifen wir bei der Konzeption der Bildsprache auf gedämpfte Farbtöne zurück.“ Leichte Sprache unterstütze zudem den visuellen Informationstransfer und sorge so für ein besseres Verstehen der Arbeitsschritte.
Lisa Kimmich war schon immer an Sprachen und anderen Kulturen interessiert. Nach ihrer Ausbildung zur Personaldienstleistungskauffrau und anschließender Tätigkeit als Personalreferentin studierte sie International Management an der Hochschule Augsburg, um ihre Sprachkenntnisse zu erweitern und im beruflichen Kontext zu vertiefen. Derzeit studiert sie im dritten Semester des Studiengangs Master of Applied Research an der Hochschule Augsburg und arbeitet parallel als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe für optimierte Wertschöpfung – kurz: HSA_ops.
Produktionsprozesse transparent machen
Ebenfalls Mitarbeiter der Forschungsgruppe HSA_ops ist Philipp Gruber. Im Fokus seiner Forschung steht die Digitalisierung von Produktions- und Logistikprozessen. Mit seinem Thema ist er eingebettet in das großangelegte Forschungsprojekt „Transparenz in Produktionsprozessen“ (TRiP). Im Zuge des Projekts arbeiten namhafte Industrieunternehmen sowie verschiedene Forschungseinrichtungen aus der Region zusammen, um ungenützte Potenziale der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Hierbei werden Sensor- und Prozessdaten strukturiert gesammelt und ausgewertet. Durch die Anwendung unterschiedlicher Algorithmen sollen Muster erkannt werden, die es ermöglichen Fehler vorherzugsagen, um Maschinenstillstände zu vermeiden. Die Datenstrukturierung und Auswertung bildet eine elementare Grundlage für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle. Durch neue, digitale Geschäftsmodelle werden klassische Produkte mit zusätzlichen Services ausgestattet und verknüpft. Die ergänzenden Serviceangebote ergeben neue Einnahmequellen für produzierende Unternehmen. Kunden hätten dadurch die Möglichkeit, hohe Investitionskosten durch leistungsorientierte Abrechnungsmodelle zu variabilisieren.
Abläufe lassen sich fast immer optimieren
Die Forschungsgruppe HSA_ops der Hochschule Augsburg hat schon mit vielen namhaften Unternehmen aus der Region Augsburg zusammengearbeitet. Für die Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeiter in den Projekten ist es sehr interessant, Einblicke in die betriebliche Praxis verschiedener Unternehmen zu bekommen. Die Studierenden lernen praktische Anforderungen kennen und können so theoretisch erarbeitetes Wissen unter realen Bedingungen testen.
Ziel der Projekte ist meist die Optimierung von Logistikprozessen entlang der Wertschöpfungskette. Zum Beispiel wurde erst kürzlich durch die Auswertung von produktionsspezifischen Daten der Materialfluss eines mittelständischen Unternehmens analysiert. Durch die Identifikation langer Transportwege zwischen den unterschiedlichen Fabrikgebäuden konnten zielführende Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden. Dadurch wurde das über viele Jahre natürlich gewachsene Fabriklayout nachhaltig verbessert.
Bei der Logistik zählt der Grundgedanke
Für Philipp Gruber ist die Logistik-Welt faszinierend: „Logistik ist einfach mehr als der LKW auf der A8, mehr als der Transport von Gütern von A nach B. Es zählt der Grundgedanke: zuerst Denken, dann Handeln“. Denn nur so könne ein effizientes und effektives Logistiksystem geplant und betrieben werden. Es geht bei der Logistik eben darum, eine optimale Lösung zu finden.
Vor allem durch die Digitalisierung sieht Philipp Gruber dabei noch große Herausforderungen: „Wir müssen verstehen, wie Geschäftsmodelle und Logistik-Konzepte sich verändern, wir müssen dabei vor allem kleine und mittelständische Unternehmen im Wettbewerb mit den großen Playern unterstützen. Und: Wir müssen in dieser Zeit der immer rasanteren Veränderungen darauf aufpassen, dass die Mitarbeiter, die Menschen nicht auf der Strecke bleiben.“