Seitenpfad:

Erinnerungsbänder in der Stadt Augsburg

Entwicklung einer hochwertigen Materialvariante für Gedenkzeichen an NS-Opfer

 
Denkmalschutz Engagement Verantwortung

Projektbeschreibung

Um ein würdiges Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus zu ermöglichen, wird in Augsburg mit zwei Arten von Gedenkzeichen, dem „Stolperstein“ und dem „Erinnerungsband“, an die Augsburgerinnen und Augsburger gedacht. Die Stadt Augsburg möchte auf diese Weise das Gedenken an die Opfer des NSUnrechtsregimes durch individuelle, bürgerschaftlich initiierte Erinnerungszeichen im öffentlichen Raum lebendig halten. Um die Wertigkeit der Erinnerungsbänder auszudrücken, wurde als Werkstoff die hoch-kupferhaltige Messinglegierung „Tombak“ gewählt. In der Praxis hat sich allerdings gezeigt, dass diese Legierung durch Witterungseinflüsse oxidiert. So erhielt die Hochschule die Aufgabe, ob und wie sich dieses Anlaufen verhindern lässt, bzw. ob es alternative Werkstoffe gibt, die ein vergleichbares Erscheinungsbild aufweisen.

 

Augsburger Weg der Erinnerung

Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus werden in Augsburg „Stolpersteine“ und „Erinnerungsbänder“ aufgestellt, die einen „Augsburger Weg der Erinnerung“ bilden. Dieses erinnerungskulturelle Konzept wurde unter Beteiligung von Vertretern der Opfergruppen, verschiedener bürgerschaftlicher Initiativen, der im Stadtrat vertretenen Parteien, von Vertretern der Stadt Augsburg sowie zahlreichen engagierten Einzelpersonen entwickelt und im März 2016 vom Stadtrat beschlossen. Es dient dazu, das Gedenken an die Augsburger Opfer des Nationalsozialismus im öffentlichen Raum durch individuelle, dezentrale und bürgerschaftlich initiierte Erinnerungszeichen im öffentlichen Raum zu fördern und lebendig zu halten. Die von Gunter Demnig kreierten „Stolpersteine“ werden europaweit auf Bürgersteigen vor Gebäuden, in denen NS-Opfer zuletzt aus freiem Entschluss gewohnt haben, eingelassen. Nach einem einheitlichen, künstlerischen Gestaltungsprinzip wurden für Augsburg „Erinnerungsbänder“ konzipiert, die an Laternensäulen, Verkehrszeichenträgern oder neu gesetzten Pfosten angebracht werden und sich in größtmöglicher Nähe zum letzten freiwillig gewählten Wohnort des jeweiligen Opfers befinden.

 

Hohe Wertigkeit: goldgelbe Erinnerungsbänder

Um die Wertigkeit der Erinnerungsbänder auszudrücken, wurde als Werkstoff zunächst „Tombak“ gewählt – eine hoch-kupferhaltige Messinglegierung (Cu-Zn-Legierung) mit einem Kupferanteil von mehr als 67 Prozent. Entscheidend für die Auswahl dieses Werkstoffes war vor allem die natürliche goldgelbe Farbgebung der Legierung, die – anders als Lackierungen – eine natürliche Wertigkeit ausstrahlt.

 
Erinnerungsband alt
alte Version eines Erinnerungsbandes
Materialstudie Erinnerungsband
Materialstudie für die Erinnerungsbänder
 
 
 
 

Gefragt: Expertise der Hochschule

In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Messinglegierung der Erinnerungsbänder durch Regen, Spritzwasser und den Luftsauerstoff oberflächlich oxidiert. Es bildeten sich dunkle Flecken, deren Anzahl und Ausmaß mit der Zeit zugenommen haben. Da die Lesbarkeit der Beschriftung darunter gelitten hatte, wurde die Hochschule mit der Fragestellung betraut, ob und wie sich dieses Anlaufen verhindern lässt, bzw. ob es alternative Werkstoffe gibt, die ein vergleichbares Erscheinungsbild zeigen und bei denen das Problem der Verfärbung durch Oxidation nicht entsteht.

 

Entwicklung einer Materialvariante

Die studentische Projektgruppe unter Leitung von Prof. Dr. mont. Helmut Wieser an der Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik der Hochschule Augsburg wählte ein thermisches Verfahren zum Einfärben von austenitischem Edelstahl. Dieser zählt zur bedeutendsten Gruppe der nichtrostenden Stähle. Die Wahl auf diesen Werkstoff fiel aufgrund seiner guten Verfügbarkeit, der hervorragenden Verformbarkeit sowie des verhältnismäßig günstigen Preises.

 

Das optisch gewünschte Ergebnis

Die Einfärbung des Stahls für die Erinnerungsbänder erfolgt durch thermische Oxidation der Oberfläche. Die dabei entstehenden Oxidschichten sind zwar farblos, es entsteht jedoch ein Farbeffekt von Gelb über Blau bis hin zu Dunkelviolett durch Interferenz von Weißlicht bei bestimmten Oxid-Schichtdicken. Um eine goldgelbe Farbe zu erreichen, musste daher die Wahl der Schichtwachstumsparameter – Temperatur und Zeit – exakt aufeinander abgestimmt werden. Außerdem ist die Reinheit und Aktivität der Oberfläche entscheidend zur Erzielung einer möglichst gleichmäßigen Einfärbung. Anhand von Testplatten wurden verschiedene Versuche durchgeführt, um das optisch gewünschte Ergebnis zu erzielen. Die Parameter wurden in Abstimmung mit den Mitgliedern der ErinnerungsWerkstatt ausgewählt. Künftig werden die Erinnerungsbänder mit der neuen Materialvariante in Augsburg angebracht.

 

Fazit

„Es war nicht leicht, ein witterungsbeständiges Material für unsere Erinnerungsbänder zu finden. Die Hochschule Augsburg – ganz besonders Prof. Dr. mont. Helmut Wieser – hat uns dabei nicht nur kompetent beraten, sondern auch gleich mit Hand angelegt. Wir sind dankbar und froh, mit dieser Hilfe nun ein ästhetisch ansprechendes Material verwenden zu können, das den Charakter der Bänder als Gedenkund Erinnerungsorte für die Opfer des Nationalsozialismus auch äußerlich unterstreicht,“  sagte Dr. Nikolaus Hueck für den Sprecherrat der Erinnerungs- Werkstatt Augsburg.

 

Projektleitung

Prof. Dr. Mont. Helmut Wieser
Fakultät für Maschinenbau
und Verfahrenstechnik
Vizepräsident für Forschung
und Entwicklung

Kooperationspartner

Erinnerungswerkstatt Augsburg

 

 

Weitere Informationen

Erinnerungskultur in Augsburg:

 

"Die Hochschule Augsburg hat das Material unserer Erinnerungsbänder ästhetisch sehr ansprechend und witterungsbeständig neugestaltet"

Dr. Nikolaus Huek für den Sprecherrat der Erinnerrungswerkstatt Augsburg