„Ich würde mir wünschen, dass Mütter ihre Kinder so erziehen, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, Karriere und Kinder unter einen Hut bringen zu können.“ (Katrin Lampe)
Female Round Table in Augsburg
„Es braucht ein Netzwerk für Frauen“
Der Round Table gehört zu den beliebtesten Formaten der VMM Medienagentur. Zum 30-jährigen Jubiläum gab es eine Premiere: Die Einladung richtete sich ausschließlich an Frauen. Ziel war es, Unternehmerinnen und Frauen in Führungspositionen aus der Region zusammenzubringen, um gemeinsam relevante Themen anzupacken.
Zum Einstieg stellte Moderatorin Lisa Graf, Product Owner bei VMM, die Frage, wieso immer noch hauptsächlich Männer auf Netzwerkveranstaltungen in der Region zu sehen sind. „Frauen sind außerhalb des Arbeitsrahmens oft weniger präsent, da sie ihre Zeit anders priorisieren, zum Beispiel für ihre Kinder. Männer haben häufig andere Prioritäten und erfahren gleichzeitig eine höhere Akzeptanz für Besuche von abendlichen Veranstaltungen“, äußert sich Annelie Litynski, Geschäftsführerin von LBL. Dem stimmt auch Christiane Arndt, Geschäftsführerin von Büro 5, zu: „Frauen, die erfolgreich Karriere und Kinder unter einen Hut bringen, sind oft weniger sichtbar, da ihr Alltag strenger getaktet ist.“
Das kann Ramona Meinzer, Geschäftsführerin von Aumüller Aumatic, ebenfalls bestätigen: „Ich mache viel ehrenamtlich und entscheide mich oft ganz bewusst für die Zeit mit der Familie. Ich stelle mir immer die Frage: Bewege ich etwas auf diesen Netzwerktreffen? Wenn nein, dann bleibe ich bei meiner Familie zuhause.“
Ute Bühler, Coachin und Geschäftsführerin des Management Centrum Schloss Lautrach, nennt einen weiteren Grund: „Netzwerkevents sind häufig von männlicher Dominanz geprägt, was oft dazu führt, dass Frauen sich entscheiden, zu Hause zu bleiben, da sie immer auf dieselben – männlichen – Teilnehmer treffen.“
Mehr Frauen-Netzwerke notwendig
Doch alle Teilnehmerinnen sind sich einig, dass Netzwerke entscheidend sind, um Frauen in Führungspositionen sichtbarer zu machen. „Als Frau in einer Führungsposition muss man sich erst beweisen“, ergänzt Melanie Fuchs, Geschäftsführerin der Barmer Bayerisch-Schwaben/Allgäu. „Sich mit Gleichgesinnten über die jeweiligen Erfahrungen auszutauschen ist da eine große Hilfe.“ Dem stimmt Ramona Meinzer zu: „Ich finde es wichtig, dass wir Frauen uns gegenseitig unterstützen und fördern. Dafür sind aber Netzwerkveranstaltungen, auf denen hauptsächlich Männer präsent sind, nicht geeignet. Daher versuche ich gerade, ein Netzwerk aufzubauen, das sich ausschließlich an Frauen in Führungspositionen richtet. Doch das ist gar nicht so einfach.“
Vereinbarkeit von Kind und Karriere
Die Teilnehmerinnen stimmen überein, dass sich die Arbeitswelt im Wandel befindet und Unternehmen sich diesen Veränderungen anpassen müssen. Besonders intensiv diskutiert wurde die Vereinbarkeit von Beruf und Familie: „Ich würde mir wünschen, dass Mütter ihre Kinder so erziehen, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, Karriere und Kinder unter einen Hut bringen zu können“, sagt Kathrin Lampe, Geschäftsführerin und Gründerin von Creationell. Christiane Arndt teilt ebenfalls ihre Erfahrungen: „Bei uns waren gerade drei Mitarbeiterinnen gleichzeitig in Elternzeit, das ist eine immense Herausforderung für eine kleine Agentur wie unsere. Wir versuchen daher mit KI-Tools, so gut es geht, Prozesse zu optimieren.“ Um sowohl Karriere als auch Familienleben mit Kindern unter einen Hut zu bringen, seien flexible Arbeitszeiten das A und O. „Als wir kürzlich das Elternvolontariat ins Leben gerufen haben, haben wir in der männergeprägten Medienbranche für viel Aufsehen gesorgt. Mit der Teilzeitausbildung zur Redakteurin können wir Frauen – denn aktuell sind es vor allem sie, die dieses Angebot in Anspruch nehmen – in der Region empowern und unsere Teams profitieren von mehr Perspektivenvielfalt. Gleichzeitig bauen wir allgemein unsere Strukturen um, damit wir flexibler arbeiten können“, berichtet Lea Thies, Leiterin der Günter Holland Journalistenschule.
Vertrauen in die Mitarbeitenden
Vorurteile gegen Teilzeitkräfte seien einfach nicht mehr zeitgemäß, finden die Teilnehmerinnen. „Meine Mitarbeiter können auch mal eine Stunde Yoga machen. Aber mir ist es wichtig, dass bis 16:30 Uhr auch wirklich gearbeitet wird. Happenings sind willkommen, aber nicht während der Arbeitszeit“, äußert sich Katrin Lampe. Einen wertvollen Rat bringt Sandra Braeucker, Beratung für nachhaltiges Management bei Namacon, in die Diskussion ein: „Es ist wesentlich, dass jedes Unternehmen einen vertrauensvollen Rahmen schafft. Darin sollte sich jeder Mitarbeitende frei bewegen können und Wertschätzung erfahren. Wenn das gegeben ist, engagieren sich Mitarbeitende auch gerne mehr in Spitzenzeiten, weil sie mit gutem Gewissen ihre Arbeitszeit, mit Blick auf die Erfordernisse beider Seiten, passend gestalten.“ Diese Meinung teilt auch Julia Rißler, Mitglied der Geschäftsleitung von VMM: „Nur weil man acht Stunden im Büro ist, heißt das nicht, dass man acht Stunden effizient arbeitet. Als Unternehmen sollte man daher bei jeder Stelle schauen, ob es nicht die Möglichkeit gibt, diese auch in Teilzeit anzubieten.“ Die Teilnehmerinnen betonen einstimmig, dass Unternehmen, die diese Herausforderungen annehmen und gleichzeitig Maßnahmen ergreifen, besser für die Zukunft vorbereitet sind.
„Als wir kürzlich das Elternvolontariat ins Leben gerufen haben, haben wir in der männergeprägten Medienbranche für viel Aufsehen gesorgt. Mit der Teilzeitausbildung zur Redakteurin können wir Frauen in der Region empowern.“ (Lea Thies)
Zudem bringe eine vielfältige Belegschaft einen Wettbewerbsvorteil mit sich. Denn so bringen Mitarbeitende unterschiedliche Perspektiven und Fähigkeiten mit ein. „Veränderung ist immer anstrengend und muss diskutiert werden. Man muss für jeden Mitarbeitenden immer individuellere Lösungen finden – gerade auch weil Teilzeit, Elternzeit und Care-Arbeit Frauen oder Männer betreffen können. Aber am Ende zahlt es sich aus, weil Mitarbeitende so eine bessere Bindung zum Unternehmen bekommen“, ist Stefanie Haug, Abteilungsleitung Wirtschaftsförderung bei der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH, überzeugt.
„Veränderungen in gewohnten Bahnen anzustoßen ist schwierig, aber wichtig. Es liegt auch in der Verantwortung der Frauen, diese Änderungen voranzutreiben und Gewohnheitsrechte zu hinterfragen, um eine inklusivere und dynamischere Unternehmenskultur zu schaffen“, sagt Laetitia Ory, Leiterin der Initiative „HerVenture“ für Gründerinnen an der Technischen Hochschule Augsburg.
Führungsfähigkeiten sind erlernbar
Ute Bühler ergänzt: „Wir beginnen bei unseren Seminaren mit Young Professionals, die bereits fachlich fit sind, um sie auf die Führungsrolle vorzubereiten.“ Aber nicht immer lässt sich das genau planen, wie Annelie Litynski berichtet. „Mein Vater ist vor zwei Jahren überraschend gestorben und ich habe die Geschäftsführung von ihm übernommen. Wenn er etwas gesagt hat, dann war das Gesetz. Als ich alleinige Geschäftsführerin wurde, war das mit diesem Wissen im Hinterkopf anfangs schwierig für mich. Rückblickend habe ich es aber als Chance gesehen: Ich konnte so die Unternehmenskultur verändern. Wir diskutieren jetzt auf Augenhöhe und treffen gemeinsam Entscheidungen. Den kollegialen Umgang schätzen vor allem die Jüngeren in unserem Team“, erzählt Annelie Litynski. Auf eine agile Unternehmenskultur und -führung setzt auch Julia Rißler: „Mitarbeitende müssen befähigt werden, das Gesamtbild zu sehen. Daher ist es wichtig, Prozesse im Unternehmen mit den Mitarbeitenden zu entwickeln und nicht vorzugeben. Natürlich muss es aber Leitplanken geben.“ Welche bedeutende Rolle dabei Kommunikation spielt, weiß Lea Thies: „Transparente interne Kommunikation ist das A und O. Mehrere Köpfe denken mehr als einer. Daher ist es auch wichtig, dass wir mehr Diversität reinbringen.“
„Es darf kein Bällebad für Erwachsene werden, die Produktivität darf nicht darunter leiden. An erster Stelle steht für ein wirtschaftlich denkendes Unternehmen nach wie vor, Geld zu verdienen.“ (Ramona Meinzer)
Kein Bällebad für Erwachsene
Man dürfe es dabei aber nicht übertreiben, so Ramona Meinzer. „Vielmehr sollte man die Balance finden. Es darf kein Bällebad für Erwachsene werden, die Produktivität darf nicht darunter leiden. An erster Stelle steht für ein wirtschaftlich denkendes Unternehmen nach wie vor, Geld zu verdienen.“ Trotzdem müsse man bereitet sein, auch in die Unternehmenskultur und die Mitarbeitenden zu investieren. „In der Zahl selbst sieht man es anfangs vielleicht nicht, aber langfristig rentieren sich Investitionen in die eigenen Unternehmenswerte. Ein betriebliches Gesundheitsmanagement trägt beispielsweise zu einem positiven Arbeitgeberimage bei. So kann man unter anderem zeigen, dass man einen gesunden Führungsstil praktiziert“, weiß Gesundheitsexpertin Melanie Fuchs aus ihrer beruflichen Erfahrung zu berichten.
Fazit des Round Table
Die Diskussion verdeutlichte die Notwendigkeit, die Sichtbarkeit von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, Netzwerke zu stärken und die Arbeitswelt an die neuen Herausforderungen anzupassen. „Ich hoffe auf eine Wiederholung“, betont Ute Bühler. Der Round Table hat gezeigt, dass es in der Region viele engagierte und erfolgreiche Frauen in Führungspositionen gibt, die bereit sind, die Zukunft aktiv zu gestalten.