Clemens Brentano
1778 - 1842
Gedichte 1797 - 1803
17985. Juni: Student der Medizin in Jena. Verkehr im Kreise der Schlegel und Tieck. Juni/Juli: Bekanntschaft mit Sophie Mereau. Herbst: Beginn der Arbeit am «Godwi».
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Stolz sei wer Mensch sich fühlet! sein Wesen istGehoben aus dem ewigen Feuerborn,Ein edler Funke; seine SeeleAusguß der Gottheit und unvertilgbar.
Du bist ein Mensch; drum hebe zum Himmel stolzDein Haupt, und blick umher, und verachte den,Der seines Menschenadels unwert,Schmählichem Joche den Nacken reichet!
22. Januar 1798 (Schultz 1995)
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FaseleiAus den heidnischen Studentenjahren in Jena
Vieles gaben die Götter mir,Und ich bete die siebenBitten ohne Entbehren,Aber eines blieb mir versagt,Eines nur zähmt mirMächtig den Übermut,Bannt mich zur ErdeNieder, den armenSterblichen Sohn.
Wenn ich die hellen,Emsigen Tage,Suchend durchirrteWenn ich die dunklenEinsamen NächteSinnend durchwachte,Bleibe ich suchend,Bleibe ich sinnend,Nimmer ach finde ichNimmer ersinne ichWie ich erlangen magDie achte Bitte.
Bilden wohl kann ich manches,Lieder dichten und singen,Gerne auch leiht mirUnd meinem WerkeDie empfänglichen SinneMein Liebchen.
Aber Ruhe, RuheWo wohnt sieAch Ruhe, die nimmerSich mir gesellet,Ewiges WühlenNiederdringen mit SchwerkraftZur tiefen göttlichen Mitte,Die alles festhältAn des HerzensPochender Werkstatt,Ewiges Ringen,Aufstreben mit Lichtes LeichteZur hohen göttlichen Oberfläche,Die alles anschautMit des AugesWiderstrahlendem Spiegel.Nach euch beiden unzertrennlicheTiefe und HöheNach dir NaturRingt zur VollendungDas arme Erdenkind.
Sechs sind TageDie Gott gebildet hat,An seinem Wohnhaus,Der verewigenden, ewigenWunderbaren NaturUnd an dem siebentenTage da ruhte erSieben sind BittenDie ich geflehet habeIn sieben Tagen,An seines HausesHerrlicher SchwelleUnd alle siebenSind mir gewähret.Aber die achteKann er nicht hörenDenn er ruhet
Herr so zürne nicht,Daß ich Dir gleichen willDaß ich mir bilden willWie du ein WohnhausDer verewigenden, ewigenWunderbaren Kunst,Und an dem achtenTage dann ruhen.
1798/1800 (Schultz 1995) |