Der Bevölkerungszuwachs vor allem in Ballungsgebieten stellt die Infrastruktur – und somit auch Abwasserbehandlungsanlagen – vor große Herausforderungen. Die erhöhten Abwassermengen erfordern größere Kapazitäten in Kläranlagen, um die Einleitgrenzwerte des gereinigten Abwassers auch zukünftig einhalten zu können.
Vor allem der Prozess der Stickstoffelimination aus Abwasser ist gegenüber der Entfernung der weiteren abwassertypischen Parameter Kohlenstoff und Phosphor deutlich komplexer und führt daher besonders bei überlasteten Kläranlagen sowie bei Kläranlagen mit erhöhten Anforderungen in der Regel zu Schwierigkeiten. Der Prozess einer nachgeschalteten Rest-Denitrifikation im Ablauf einer Kläranlage kann mit überschaubarem Einsatz von Investitions- und Betriebsmitteln eine unkomplizierte Lösung darstellen. Dabei wird gezielt der Nitrat-Stickstoff (NO3-N) im bereits gereinigten Abwasser entfernt. Besonders Anlagen im Wirbelschwebebettverfahren sind aufgrund ihrer Verfahrensstabilität und des geringen Platzbedarfes für derartige nachgeschaltete Abwasserbehandlungs-Systeme geeignet. Dadurch kann ein kosten- und ressourcenintensiver Ausbau der Kläranlage vermieden werden.
Bis dato existiert für diese Anlagen kein technisches Regelwerk o. ä., das eine allgemeine Einsetzbarkeit des Verfahrens ermöglicht. Die Grundlagen dafür sollen in diesem Forschungsvorhaben in Zusammenarbeit mit der Zentralkläranlage Ingolstadt und dem Ingenieurbüro Dr.-Ing. Schreff erarbeitet werden.
Auf der Zentralkläranlage Ingolstadt soll eine großtechnische Umsetzung einer nachgeschalteten Rest-Denitrifikation im Wirbelschwebebett erfolgen. Das Vorhaben wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz StMUV mit dem Abwasser-Innovationspreis 2018 ausgezeichnet. Seit März 2019 wird eine Pilotanlage (siehe Foto) betrieben. Im Rahmen der wissenschaftlichen Untersuchungen sollen die gesammelten Erfahrungen durch den Betrieb der Pilotanlage und der Großtechnik für den Einsatz auf anderen Kläranlagen erarbeitet werden und damit einen Beitrag zur Entwicklung neuer Technologien bei der Abwasserbehandlung leisten.
Das Wirbelschwebebettverfahren zur nachgeschalteten Denitrifikation:
Gegenüber den konventionellen Belebtschlammverfahren auf Kläranlagen, werden beim Wirbelschwebebettverfahren Biofilme für die biologische Stickstoffentfernung genutzt. Diese Biofilme befinden sich auf speziellen Trägern mit einer möglichst großen Oberfläche. Für die Denitrifikation, der Umwandlung von Nitrat-Stickstoff (NO3-N) zu molekularem Stickstoff (N2), werden spezielle Mikroorganismen in den Biofilmen benötigt. Um deren Rahmenbedingungen für die Umwandlung des Nitrat-Stickstoffes zu bewerten, werden unterschiedliche Betriebs- und Grenzzustände in der Pilotanlage simuliert. Zusätzlich werden Laborreaktoren im Labor für Siedlungswasserwirtschaft an der Hochschule Augsburg betrieben.