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Carboneum am Cottbuser Ostsee

Anerkennung für E2D-Bachelorarbeit beim VDI Wettbewerb Integrale Planung

 
Dominik Amann und Linda Schwabl nehmen den Anerkennungspreis entgegen ©VDI
02.07.2024

Beim VDI-Wettbewerb für den Neubau eines Museums am neuen Cottbuser Ostsee in der Lausitz (Brandenburg) zeigten Linda Schwabl (THA), Birte Lau (TUM) und Dominik Amann (THA) wie die Transformation ehemaliger Kohleabbauregionen in der Energiewende architektonisch und städtebaulich begleitet werden kann.
Ihre Konzepte und Entwürfe wurden nun mit einem Anerkennungspreis der Jury für die architektonische Leistung gewürdigt.

 

schwarz.weiß lautet die Überschrift des Wettbewerbsbeitrags basierend auf der E2D-Bachelorarbeit im vergangenen Wintersemester (siehe hier) von Linda Schwabl. In Zusammenarbeit mit Birte Lau, Studentin der Landschaftsarchitektur an der TU München, und Dominik Amann, E2D Student an der THA, wurde die Arbeit nach den Richtlinien des VDI-Wettbewerbs Integrale Planung aufbereitet. Der Beitrag erreichte neben drei anderen Gruppen den dritten Platz/eine von 4 Anerkennungen und wurde mit 500 EUR Preisgeld prämiert.

Das zentrale Motiv der Arbeit ist der Übergang von der intensiven Ausbeutung fossiler Energieträger in eine klimaneutrale Zukunft. Gerade in der Lausitz war die Wirtschaft über Jahrzehnte vom Tagebau der Kohleindustrie geprägt, unter anderem fielen Dörfer der ethnischen Minderheiten der Sorben und Wenden den Baggern zum Opfer. Der jetzt beschlossene Ausstieg aus der wirtschaftlichen Verwertung der Braunkohleressourcen hinterlässt deshalb nicht nur Schäden am ethnisch-historischen Erbe, dem Klima und der lokalen Natur: Die wirtschaftlichen Perspektiven der regionalen Ökonomie, die Zukunft der in der Braunkohle Beschäftigten, aber auch die Nachwirkungen der deutschen Wiedervereinigung erfordern eine tiefgreifende gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte und den Perspektiven der Region.

Der Carboneum-Entwurf schwarz.weiß setzt in diesem Zusammenhang auf die Assoziationskraft von Farben und Formen und ihre standörtliche Integration in das geplante neue Hafenquartier am Cottbuser Ostsee. Der See wird in einer ehemaligen Kohlegrube angelegt und derzeit mit Wasser aus der Spree geflutet. Teil des prämierten Konzepts ist die möglichst emissionsfreie Erschließung des Museumsstandorts entlang einer reaktivierten bzw. teilweise neuen Straßenbahntrasse und einer eigens konstruierten Seilbahn.

Formentwicklung Carboneum (Quelle: Posterpräsentation Schwabl/Amann/Lau).
Formentwicklung Carboneum (Quelle: Posterpräsentation Schwabl/Amann/Lau).

An diesem Standort soll ein Raum der Verbindung und Ort der Begegnung entstehen: Das Carboneum. Dem Konzept schwarz.weiß folgend besteht der Gebäudekörper von außen aus zwei Teilen mit entgegengesetzter Farbwahl. Dabei stellt der untere Teil des Gebäudes die Zukunft dar, die durch die weiße Fassadengestaltung aus Holzlamellen in Augenschein tritt. Der Gebäudeteil öffnet sich hin zur Zukunft des Gebietes, dem Cottbusser Ostsee. Die Vergangenheit wiederum schwebt über der Zukunft und besteht als zweiter Gebäudeteil aus einer schwarzen Fassade aus Biokunststoff, der in Anlehnung an den langjährigen Kohleabbau, aus Pflanzenkohle produziert ist. Pflanzenkohle entsteht, neben Wärme und Gasen, bei der Pyrolyse von organischem Material. Dieses Prinzip findet sich auch im Energiekonzept des Quartiers wieder und schließt so den Kreis an der Fassade.

Das Umfeld des Gebäudes setzt sich intensiv mit dem Landschaftswandel der Lausitz auseinander. Was käme nach der Aufgabe eines Kohleabbaugebietes, wenn die Natur sich das Gebiet ungestört von allein zurückholt? Eine Antwort auf diese Frage liefert das Grünflächenkonzept des Carboneums. Museumsbesuchern werden die Sukzessionsstufen der Pflanzenbesiedlung und der Vegetationsveränderung entlang der autofreien Fußwege im Außenraum nähergebracht. Des Weiteren sieht das Konzept vor, so viele Flächen wie möglich für die natürliche Regenwasserversickerung zu erhalten und evtl. mit einem Rigolensystem zu ergänzen. Um dieses Prinzip zu verstärken, werden neben begrünen Straßen Gebäude zum Teil mit Gründächern ausgestattet.

Schnitt 1:200 (Quelle: schwarz.weiß Postpräsentation Schwabl/Amann/Lau).
Schnitt 1:200 (Quelle: schwarz.weiß Postpräsentation Schwabl/Amann/Lau).

Der Entwurf legt besonderen Wert auf die klimaneutrale Energieversorgung des Gebäudes, dabei ist die Anpassung an alle Jahreszeiten essenziell. Über die In-Dach Photovoltaikanlage wird der gesamte Strombedarf in den Sommermonaten gedeckt, der überschüssige Rest ins Netz eingespeist. Im Winter erzeugt die Photovoltaikanlage weniger Strom und es muss zusätzlich Netzstrom bezogen werden.
Über die Deckenheizlamellen wird das Gebäude vollständig beheizt. Diese werden von der Wärmepumpe mit einer Vorlauftemperatur von 45° beliefert. Die Wasser-Wasser-Wärmepumpe wird mit kalter Nahwärme aus dem Cottbuser Ostsee beliefert. Die Zuluft wird auf der Nordseite des Gebäudes über den Luftbrunnen angesaugt. Durch das Vorerwärmen der Luft wird dem Einfrieren des Wärmetauschers vorgebeugt. Im Sommer wird die Luft hier vorgekühlt und von potenziellen Abgasen oder Pollen gereinigt. Die Lamellen an der Decke können dann mit Wasser, heruntergekühlt von der kalten Nahwärme aus dem Cottbuser Ostsee, durchströmt werden und sorgen für eine passive Kühlung. Die Holzlamellen an der Fassade im Erdgeschoss sorgen für eine permanente leichte Verschattung der großen Fensterflächen.
Nach warmen Tagen werden nachts die Parallelausstellfenster ausgefahren und generieren so einen großen Lüftungsquerschnitt, bei hohem Einbruchsschutz. In den Ausstellungsbereichen in den Obergeschossen kann Querlüftung in Ost-Westrichtung betrieben werden. Im Erdgeschoss erfolgt einseitige Belüftung. Die maschinelle Lüftungsanlage wird gedrosselt und fährt kurz vor der Nutzungszeit hoch, um die Räume anschließend CO2 gesteuert und bedarfsgerecht zu belüften.

Heiz-/Kühllamellen an Schiebesystem (Quelle: Posterpräsentation Schwabl/Amann/Lau).
Heiz-/Kühllamellen an Schiebesystem (Quelle: Posterpräsentation Schwabl/Amann/Lau).

Temporär höhere Energiebedarfe werden im Jahresverlauf durch eine schwimmende Photovoltaik-Anlage auf dem Cottbuser Ostsee und den Energieressourcen eines nahegelegenen Windparks ausgeglichen. Das Gesamtprojekt erzeugt somit in der Gesamtbilanz einen Energieüberschuss.

Ausgewählte Ergebnisse wurden bereits im Rahmen der E2D-Werkschau 2024 präsentiert.

Video zur Visualisierung des Gesamtkonzepts

 

Kontakt und weitere Infos

 

Linda Schwabl (E2D)

Ausführliche Informationen zum Projekt finden Sie auf der Projektseite (Link).