Der Struwwelpeter

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„Der Struwwelpeter“ ist eine Sammlung von Warnmärchen, erstmals im Jahr 1845 veröffentlicht, die Kindern vermeintlich wichtige moralische Lektionen vermitteln sollen. Demnach sollen Kinder nicht mit Feuer spielen und Daumenlutschen, aber gefälligst ihren Teller leer essen. Der Lerneffekt der Kinder soll über die übertrieben grausamen Konsequenzen erzielt werden. So werden etwa Konrad als Strafe für das Daumenlutschen mit einer großen Schere die Daumen abgeschnitten.

Das Kapitel „Geschichte von dem Schwarzen Buben“ handelt von drei weißen Jungen, die einen Schwarzen Jungen aufgrund seiner Hautfarbe verspotten. Zur Strafe für das Verspotten werden sie vom großen Niklas in ein Tintenfass getunkt und sind dann schwarz gefärbt.

Die Hautfarbe des Schwarzen Jungen, wird auch von Niklas, der die Lektion erteilt, abgewertet: Der Junge könne ja nichts dafür, dass „er so weiß nicht ist wie ihr“. Schwarzsein wird also als bemitleidenswerte Abweichung der Normalität des Weißsein dargestellt. Dass Niklas die drei Jungen schwarz gemacht hat, zeigt zudem, dass hier Schwarzsein als Strafe verstanden wird. Während die drei weißen Jungen Namen haben, wird der Schwarze Junge stets mit dem M-Wort bezeichnet und damit als bloßes Objekt dargestellt – als Objekt zur Belustigung für die drei Jungen und als Objekt der erzieherischen Maßnahme von Niklas.

Die Illustrationen des Jungen sind ebenfalls stark abwertend in einem typisch kolonial-rassistischen Stil: Im Gegensatz zu den anderen Figuren ist er bis auf eine kurze Hose nackt. Er wird mit übergroßen Lippen gezeichnet.

Das Buch enthält diskriminierende Wörter, rassistische Bildsprache, und Schwarzsein wird mit Negativem verknüpft. Das Buch reproduziert Rassismus. Für Schwarze Leser*innen kann das Buch sehr verletzend sein. Dass das Buch 2019 bereits in der 25. Auflage erschienen ist, zeigt die weiterhin große Beliebtheit dieser hochproblematischen Lektüre.

 

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