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Die Projekte SMILe und DARE

eHealth-Lösungen für die Nachsorge: Technik und Ethik

 
Informatik

Projektbeschreibung

Jedes Jahr erhalten in Deutschland und der Schweiz über 3.500 Menschen eine allogene Stammzelltransplantation, um lebensbedrohliche Krankheiten wie Leukämie zu heilen. Teams der Universität Basel, der Uniklinik Freiburg und der Hochschule Augsburg arbeiten für diese Patient:innen an einem neuen Nachsorgemodell mit integrierten eHealth-Komponenten, über die Daten an Pflegespezialist:innen übermittelt und durch diese überwacht werden. Die Hochschule Augsburg entwickelt die eHealth-Komponenten und betrachtet die ethischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der neuen Patienten-Pflegenden-Situation.

 
SMILe V1 Prototype
 

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nach einer Stammzelltransplantation fühlen sich viele Menschen unsicher. Im Krankenhaus waren sie rund um die Uhr überwacht, zu Hause wissen sie oft nicht, wie sie Symptome einschätzen sollen. Der neue Alltag und die Nachsorge sind herausfordernd. In den Projekten SMILe („Development and Testing of an Integrated Model of Care in Allogeneic Hematopoietic SteM Cell TransplantatIon faciLitated by eHealth“) sowie DARE („New Data – New Responsibilites“) arbeitet ein interdisziplinäres Team aus Pflegewissenschaftler:innen der Universität Basel, Pflegenden der Uniklinik Freiburg sowie Informatiker:innen, Gestalter:innen und Ethiker:innen der Hochschule Augsburg an einer verbesserten Lösung.

Basierend auf einer fundierten Kontextanalyse [1], in der die Bedürfnisse aller Beteiligten sowie die Rahmenbedingungen wie Technologieoffenheit der Pflegenden und Patient:innen untersucht wurden, entwickelten Pflegewissenschaftler:innen der Universität Basel ein theoriegestütztes, integriertes Nachsorgemodell. Dieses enthält sowohl persönliche Unterstützung durch Pflegende als auch digitale Komponenten: eine Smartphone-Applikation für die Patient:innen (SMILeApp) sowie eine Browser-Applikation für die Pflegenden (SMILeCare). Die genaue Ausgestaltung und technische Entwicklung der digitalen Anwendungen wurde vom Innovationslabor der Hochschule Augsburg durchgeführt:

  • Methoden des "User Centered Design" wurden angewendet, um Interaktionskonzepte zu erstellen und Benutzeroberflächen zu entwerfen, zu testen und zu verbessern.
  • Methoden der agilen Softwarenentwicklung wurden angewendet und weiterentwickelt, um regelmäßige Softwarestände präsentieren und mit den Pflegewissenschaftler:innen diskutieren zu können.

Aktuell entwickelte Funktionalitäten:

  • Patient:innen können Vitalwerte und Symptome mit Hilfe der SMILeApp protokollieren.
  • Übertragung der eingegebenen Werte in das Transplant-Zentrum.
  • Möglichkeit der Einsicht der Werte durch eine:n Pflegekoordinator:in. Dies geschieht nur mit Einwilligung der Patient:innen und kann jederzeit durch diese aus- und wieder eingeschaltet werden.
  • Erklärung und Lexikon zu den wichtigsten Symptomen und Problemen.

Die SMILe-Studie läuft seit Januar 2020 in der Universitätsklink Freiburg und seit 2021 in der Uniklinik Basel. Inzwischen konnten die positiven Effekte des neuen, integrierten Versorgungsmodells auf Zielgrößen wie Gesundheitsversorgungskosten, Wiedereinweisungsraten und Patientenzufriedenheit gezeigt werden.

Seit dem 01.01.2024 werden die SMILe-Softwarekomponenten in der SPIZ-Studie in den Unikliniken Dresden, Chemnitz und Leipzig eingesetzt, und werden dort von der Firma XITASO/planfox betrieben.

 

 
Projektgrafik
SMILe Monitoring

Ethische Reflexion

 

Flankiert wird die SMILe-Studie von einer ethischen Begleitforschung im Projekt DARE. Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, ein Konzept und konkrete Empfehlungen zu erarbeiten, damit die ethische Reflexion zukünftig bereits in den Prozess der Entwicklung von eHealth-Anwendungen eingebunden werden kann. Wenn in der Nachsorge Langzeitkontrolle und Datenerhebung zum Teil an Patient:innen delegiert werden, steigert das nicht nur deren Selbstmanagement und Autonomie. Gleichzeitig werden personenbezogene Daten gespeichert, verarbeitet und übertragen – in der Hoffnung, so ein genaueres Bild von den Patient:innen zu bekommen und eine bessere Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Damit verbunden sind ethische Herausforderungen: Wer hat wann Zugriff auf die persönlichen Daten? Von welchem Menschenbild gehen wir aus, wenn wir Kranksein in erster Linie über Zahlen und Schwellenwerte definieren? Wer trägt die Verantwortung für die Gesundheit von Menschen?

Der Einsatz von eHealth-Anwendungen erzeugt Verschiebungen in Konzepten, Werten und Praktiken der Pflege und der Gesundheitsversorgung insgesamt. Patient:innen und ihre Krankheiten werden über Datensätze quantifiziert und messbar gemacht, neue Verantwortlichkeiten entstehen, bisher bestehende werden unklar oder verschieben sich.

Die ethische Forschung beschreibt in diesem Zusammenhang nicht nur, was wir meinen, wenn wir von Gesundheit, Risiko oder Bedürfnis sprechen. Sie untersucht auch, welche normativen Auswirkungen daraus für unser Handeln folgen. So kann es sein, dass der Einsatz von eHealth-Anwendungen dafür sorgt, dass sich das Verhältnis von Patient:innen zum medizinischen Fachpersonal grundlegend ändert und die verschiedenen Rollen neu definiert werden. In interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Ethik, Pflege, Informatik und Pflegewissenschaften werden die theoretischen Betrachtungen und Analysen angewendet und in Ethikkonsultationen vor Ort im Krankenhaus verankert.

Literatur

 

[1] Leppla, L., Mielke, J., Kunze, M., Mauthner, O., Teynor, A., Valenta, S., Vanhoof, J., Dobbels, F., Berben, L, Zeiser, R., Engelhardt, M., De Geest, S.: Clinicians and patients perspectives on follow-up care and eHealth support after allogeneic hematopoietic stem cell transplantation: A mixed-methods contextual analysis as part of the SMILe study, European Journal of Oncology Nursing, 45, 101723, 2020.

[2]Ribaut J, Leppla L, Teynor A, Valenta S, Dobbels F, Zullig LL, De Geest S; SMILe study team. Theory-driven development of a medication adherence intervention delivered by eHealth and transplant team in allogeneic stem cell transplantation: the SMILe implementation science project. BMC Health Serv Res. 2020 Sep 2;20(1):827. doi: 10.1186/s12913-020-05636-1. PMID: 32878623; PMCID: PMC7465386.

[3] Leppla L, Hobelsberger S, Rockstein D, Werlitz V, Pschenitza S, Heidegger P, De Geest S, Valenta S, Teynor A; SMILe study team.Implementation Science Meets Software Development to Create eHealth Components for an Integrated Care Model for Allogeneic Stem Cell Transplantation Facilitated by eHealth: The SMILe Study as an Example.J Nurs Scholarsh. 2021 Jan;53(1):35-45. doi: 10.1111/jnu.12621. Epub 2020 Dec 21.

[4]Leppla, L., Schmid, A., Valenta, S., Mielke, J., Beckmann, S., Ribaut, J., Teynor, A., Dobbels, F., Duerinckx, N., Zeiser, R., Engelhardt, M., Gerull, S., De Geest, S.(2021). Development of an integrated model of care for allogeneic stem cell transplantation facilitated by eHealth—the SMILe study. Supportive Care in Cancer. https://doi.org/10.1007/s00520-021-06328-0

[5] De Geest, S.*, Valenta, S.* (*joint first authors), Ribaut, J., Gerull, S., Mielke, J., Simon, M., Bartakova, J., Kaier, K., Eckstein, J., Leppla, L.*, & Teynor, A.* (*joint last authors), on behalf of the SMILe team (2022). The SMILe integrated care model in allogeneic SteM cell TransplantatIon faciLitated by eHealth: a protocol for a hybrid effectiveness-implementation randomised controlled trial. BMC Health Services Research, 22(1), 1067. https://doi.org/10.1186/s12913-022-08293-8

 

Projektleitung

 
Prof. Dr.-Ing. Alexandra Teynor

Ansprechpartnerin

Prof. Dr.-Ing. Alexandra Teynor

Informatik
THA_ias
THA_innolab

Telefon: 

+49 821 5586-3512

Fax:

+49 821 5586-3499

 
 
 

Weitere Beteiligte:

Prof. Dr. rer. nat. Phillip Heidegger
Fakultät für Informatik
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Partner:

Prof. Dr. Sabina De Geest
Univertiät Basel, Institut für Pflegewissenschaften

Dr. Lynn Leppla, M. SC., RN,
Universitätsklink Freiburg

Dr. Sabine Valenta, M. SC., RN, Univertiät Basel Institut für Pflegewissenschaften, Unispital, Basel

 

Förderung

SMILe:
B. Braun-Stiftung
Krebsliga-Schweiz
Jose-Carreras Leukämie Stiftung

DARE:

BMBF