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Der Brummi nachgerechnet: Flügelprofil


Geometrie

Das Flügelprofil des Brummi hat eine gerade Unterseite und 11% bis 12% Dicke. Als tschechisches Modell könnte der Brummi gut auch ein tschechisches Profil haben, denn es gibt passende. Aber genauso gut kann man das Profil als 'Anderson SPICA' ansehen, denn es ist diesem zumindest sehr ähnlich. Für das SPICA gibt es wiederum nicht nur die Geometriedaten, sondern auch Meßdaten zu Auftrieb und Widerstand im Bereich kleiner Reynoldszahlen.

Profil Anderson SPICA

 

Messung

Die NASG Airfoil Database von Hiroshi Takeushi enthält Daten zum SPICA, und zwar die Widerstands- und Auftriebsbeiwerte und die genaue Geometrie. Leider gibt es - wie meistens - keine Momentenbeiwerte, obwohl welche gemessen sein müssen, denn Blaine K. Beron-Rawdon gibt welche an (cm0=-0,1024; alpha[ca=0]=-2,276°). Beide (Hiroshi und Blaine) nennen als Quelle die bekannte Veröffentlichung über die Messungen von Michael S. Selig und anderen in Princeton:
M. S. Selig, J. F. Donovan and D. B. Fraser: "Airfoils at Low Speeds", Soartech #8 1989
Diese ist aber nicht im Internet, sondern nur auf Papier und ausdrücklich per 'snail mail' erhältlich. Wie dem auch sei, hier sind die Angaben und Diagramme aus der NASG Airfoil Database:

Anderson SPICA 11.73% smoothed
Dicke: 11,72 %
Wölbung: 4,62 %
Nasenradius: 1,28 %
Hinterkantenwinkel: 15,1264 °

Polaren Anderson SPICA (Messung Princeton)

 

An den Polaren erkennt man, daß das Profil ab einer Re-Zahl zwischen 60000 und 100000 überkritisch umströmt wird. Die genaue Lage des Übergangs wäre gerade für den Brummi interessant, aber es ist auch nicht ersichtlich, wie das gemessene Profil aussieht, ob es glatt war oder bespannt usw. Für einfache Berechnungen genügt es dann wahrscheinlich, die Polare für Re=100000 zu nehmen oder zur Re=200000-Polare hin zu interpolieren.

Rechnung

Die mit JavaFoil berechneten Polaren sehen schon erstaunlich ähnlich aus, aber sind noch lange nicht gleich. Die Warnungen von Martin Hepperle, daß die errechneten Werte falsch sein können, sollte man ernst nehmen. Vor allem die Momentenbeiwerte sind etwas anders als die von Blaine Beron-Rawdon zitierten. Die gemessenen Werte sind vermutlich besser, wenn nicht grobe Fehler bei der Messung oder beim Bau des Messprofils gemacht wurden.

Polaren Anderson SPICA (Berechnung JavaFoil)

 

Die errechneten Werte geben aber wenigstens eine Näherung, wenn man - wie für Momentenbeiwerte üblich - keine gemessenen Werte hat. Gerade Momentenbeiwerte sind aber besonders vorsichtig zu verwenden, weil sie stark vom Verhalten der Grenzschicht abhängen, das man aber nur schlecht berechnen kann. Die Verwendung von XFoil (von Mark Drela) ändert vielleicht etwas an den Werten, aber nicht am grundsätzlichen Problem.

In jedem Fall zeigt sich das SPICA als nicht nur einfaches (gerade Unterseite), sondern auch für langsame Modelle (auch Segler) gutes Profil mit hohem Auftrieb (Wölbung) und recht geringem Widerstand. Nur kleine oder gar negative Anstellwinkel kann man nicht fliegen, weil dann an der Unterseite die Strömung abreißt. Das Abreißverhalten bei großen Anstellwinkeln ist sehr gutmütig. Im Vergleich der Kennwerte verschiedener Profile, der in der Dokumentation zu 'Plane Geometry' zu finden ist, nimmt das SPICA in jeder Hinsicht eine Sonderstellung ein, d.h. es paßt in keine Faustregel.

Annahmen

Die Berechnung der Leistung des Brummi - konkret der Steig- und Sinkpolaren - erfordert eine eigene Polare des Profils. Für verschiedene Fluggeschwindigkeiten ergeben sich nicht nur entsprechende Auftriebsbeiwerte. Abhängig von der Reynolds-Zahl muß der passende Widerstandsbeiwert aus den jeweils für bestimmte Re-Zahlen gemessenen Polaren ermittelt werden. Es handelt sich aber nicht um eine 'dynamische' Polare, denn es werden nur verschiedene stationäre Geschwindigkeiten angenommen. In der Grafik sind übrigens die Meßpunkte bei gleichen Anstellwinkeln mit Hilfslinien verbunden.

angenommene Polare Anderson SPICA (nach Re-Zahl)

 

Den Widerstandsbeiwert zu einem bestimmten Auftriebsbeiwert ermittelt man durch Interpolation entsprechend der zugehörigen Re-Zahl. Aus der grafischen Darstellung der gemessenen Daten wird deutlich, daß bei kleinen Re-Zahlen kaum eine Interpolation möglich ist. Nun hat aber der Brummi einen Flügel konstanter Tiefe und einen kleinen Geschwindigkeitsbereich. Die Re-Zahlen liegen um die 100000 herum, so daß man die entsprechende Polare einfach etwas 'verbiegen' kann. Bei hohen Auftriebsbeiwerten ist dieser Vorgang aber willkürlich, weil das 'Gegenstück', die Polare bei kleinerer Re-Zahl, als Maßstab fehlt. Der Widerstandsbeiwert im Langsamflug läßt sich also nur ungenau (bzw. unsicher) ermitteln.

Andererseits ist der Profilwiderstand bei geringer Geschwindigkeit klein, der induzierte Widerstand überwiegt bei weitem. Die Ungenauigkeit (bzw. Unsicherheit) wird bedeutungslos, wenn nicht der Widerstandsbeiwert extrem ansteigt. Daher wurde einfach die im Bild rot eingezeichnte Polare angenommen. Für einen Rechteckflügel wie den des Brummi lassen sich daraus die Auftriebs- und Widerstandswerte nach einfachen Formeln berechnen. Sie wurden mit den Widerstandswerten der anderen Modellteile zu Gesamtpolaren des Brummi zusammengefaßt.

Links and Downloads

Für die Ermittlung der Flugeigenschaften sind zum Flügelprofil nur wenige Daten erforderlich, die man der Dokumentation von 'Plane Geometry' entnehmen kann. Die Berechnung der Flugleistungen erfordert komplette Leistungsdaten des Profils. Dank der Arbeit von Michael S. Selig sind diese Kennwerte bei Modell-Reynoldszahlen gemessen und verfügbar. Ansonsten kann man sie näherungsweise berechnen.

Die Geometriedaten des Profils SPICA kann man auf der UIUC Airfoil Data Site (ADS) bekommen. Damit lassen sich dann die Profilkennwerte berechnen, und zwar mit dem Programm 'JavaFoil' von Martin Hepperle, das man kostenlos von seiner Website herunterladen oder direkt dort benutzen kann. Auf der UIUC Airfoil Data Site kommt man zu Seiten über die UIUC Low-Speed Airfoil Tests (LSAT) der UIUC Applied Aerodynamics Group. Die Daten des SPICA sind aber offensichtlich bereits früher in Princeton gemessen worden. Jedenfalls wird nur die berühmte Veröffentlichung von damals genannt und eine Bezugsquelle dafür. In der NASG Airfoil Database von Hiroshi Takeushi findet man aber auch die Widerstands- und Auftriebsbeiwerte sowie eine genauere Geometrie des SPICA. Diese Daten und die Rechenergebnisse von JavaFoil und dem Vorläufer-Programm CalcFoil von Martin Hepperle sind hier verfügbar.



2004-02-22   © Burkhard Erdlenbruch
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