Naturmuseum mit Planetarium und Sternwarte - Felix Binder

Erweiterung der Umwelt-Bildungs-Meile am Botanischen Garten: Eine Chance für Augsburg

Energieeffizientes Planen und Bauen – E2D

Projektbeschreibung

Bachelorarbeit Felix Binder, WS 2021-22
Integraler Entwurf mit Schwerpunkt nachhaltiger Materialeinsatz, Lebenszyklus, Typologie
Betreuung: Prof. Dr. Joachim Müller, Prof. Susanne Runkel
Studiengang: Energieeffizientes Planen und Bauen – E2D

Aus der Aufgabenstellung:

„Umweltbildung gewinnt vor dem Hintergrund der übergeordneten Perspektive eines Wandels zu mehr Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit zunehmend an Bedeutung. Die Ziele nachhaltiger Entwicklung, etwa gemäß der von der UN verabschiedeten Agenda 2030, erfordern somit u.a., „dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen (…)“.

Das Naturmuseum Augsburg kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Als ältestes Museum der Stadt hat es eine bewegte Geschichte hinter sich. Seit 1991 befindet sich die Sammlung und ein Planetarium als Teil des Einkaufzentraums „Augusta Arcaden“ in guter innerstädtischer Lage, hat derzeit aber kein ihrer Bedeutung angemessenes Gebäude oder Kontext, welche weitere Möglichkeiten der Umweltbildung eröffnen könnte. Ein große Chance für Augsburg bietet sich mit den Erweiterungsflächen des Botanischen Gartens Augsburg, wo derzeit mit dem „Umweltbildungszentrum Augsburg“ ein erster wichtiger Baustein einer „Umweltbildungsmeile“ entsteht.

Aufgabe ist daher der Entwurf eines Neubaus für das Augsburger Naturmuseum mit Planetarium und einer Sternwarte. Das Programm umfasst zusätzlich einen Veranstaltungsbereich „Forum“, ein Cafe/ Restaurant und pädagogische Bereiche mit Werkstattcharakter. Ein Übernachtungsbereich mit 30 Schlafplätzen bietet Raum z.B. für Schulklassen oder Erwachsenengruppen. Die Synergie aus dem Hybrid unterschiedlicher Nutzungen und dem besonderen Ort soll voll entfaltet werden. Hierzu ist eine besonders hohe Qualität der Innenbereiche, der Blickbeziehungen sowie der Kommunikationsflächen unumgänglich. Ebenso zentral ist auch die Wirkung nach außen, bei der das Gebäude selbst eine exemplarische Vorbildfunktion für zukunftsfähiges Bauen einnimmt.“

Auszeichnung im Rahmen des WBG-Preises 2022

Die Arbeit von Felix Binder wurde im Rahmen des WBG Preises 2022 mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Hier die Belobigung im Rahmen der Preisverleihung:

WBG Preis 2022: Belobigung zum Beitrag von Felix Binder
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Projekt: Naturmuseum mit Planetarium und Sternwarte in Augsburg
Bachelorarbeit im Studiengang
„Energieeffizientes Planen und Bauen - E2D“, WS 2021-22
Betreuer:innen: Prof. Dr. Joachim Müller und Prof. Susanne Runkel

Felix Binder hat in seinem Beitrag mehrere wesentliche Aspekte in faszinierender Weise zu einem integralen Entwurf gefügt.

Zunächst das Programm und der Ort: Als Ersatz für das durch seine bisherige Lage limitierte Naturmuseum der Stadt Augsburg schlägt er einen Neubau im Kontext der sogenannten „Umwelt-Bildungs-Meile“ vor, die derzeit auf den Erweiterungsflächen des botanischen Gartens in Augsburg entsteht und mit dem Bau der Umwelt-Bildungs-Station einen ersten Baustein erhält. Nun also ein zweiter Schritt: Das neue Naturmuseum, ergänzt durch ein Planetarium und eine Sternwarte, einen Veranstaltungsbereich „Forum“, ein Cafe/ Restaurant und pädagogische Bereiche mit Werkstattcharakter. Ein Übernachtungsbereich mit 30 Schlafplätzen bietet Raum z.B. für Schulklassen oder Erwachsenengruppen.

Felix Binder fügt seinen Entwurf gelungen in den Ort ein, greift Wegeverbindungen auf und schafft räumliche Bezüge. Die Nutzungen werden in drei zylindrischen Körpern aufgeteilt: den allgemeinen Bereich mit Foyer, das Naturmuseum und das Planetarium. Die eigenständigen Eckpunkte eines gleichschenkligen Dreiecks werden wiederum auf unterschiedlichen Höhenebenen miteinander verbunden. So entsteht im Inneren eine spannungsreiche Raumfolge der Ausstellungen und Sondernutzungen.

Das Besondere der Arbeit liegt aber in dem, was über den offensichtlichen Gebäudeentwurf hinaus geht.. Die Arbeit von Felix Binder weist im Detail der energieeffizienten Bauteile die sortenreine Rückbaubarkeit aller Konstruktionselemente nach. Er schafft so die Voraussetzungen für eine Circular Economy, begreift das Gebäude als Rohstoff-Lager, als Teil eines Kreislaufs. Im Sinne eines nachhaltigen Materialeinsatzes zeigt das Gebäude exemplarisch innen wie außen die Potenziale von Holz im Bauen, fein differenziert je nach Einsatzort und -zweck, vom Sonnen- und Sicht- und Lärmschutz als Lamellen bis hin zu flächigen Elementen und fachwerkartigen Stabkonstruktionen. Brettsperrholz-Wände und -decken ersetzen die üblichen Konstruktionen aus Beton.

Die positiven Auswirkungen dieser Art der Planung werden von Felix Binder nicht nur behauptet, sondern mit Zahlen belegt. Die bereits im Entwurfsprozesses begleitend erstellte und laufend optimierte Energiebilanzierung weist den End- und Primärenergiebedarf aus, den Einsatz erneuerbarer Energien und passive Maßnahmen. Er zeigt auf, wie die Gebäudetechnik hierfür konzipiert und integriert wird - so wenig wie nötig, aber nachhaltig mit optimaler Tageslichtnutzung, hybrider Lüftung mit Wärmerückgewinnung, Wasser-Wasser-Wärmepumpe, Photovoltaik und mehr. Die Baukonstruktion hat Felix Binder im Rahmen einer umfassenden Ökobilanzierung bewertet und verbessert hinsichtlich Fragen wie: Was bedeutet das in CO₂-Äquivalent für das Klima? Bezogen auf die Konstruktion, auf einzelne Bauteile, aber auch vor allem langfristig: Was ist das „Global Warming Potential“ für die Nutzungsphase, die im Lebenszyklus ja den Löwenanteil ausmacht?

In diesem Sinne ist Felix Binder ein wahrlich integraler Entwurf gelungen, der beeindruckend in die Tiefe geht und teils widersprüchliche Anforderungen zusammenführt. Das Gebäude wird selbst zum Vorbild im Sinn der Umweltbildung. So geht zukunftsfähiges Bauen heute.

Lageplan Naturmuseum im Kontext des Umweltbildungszentrums (westlich), Umweltbildungsmeile mit „wilden Gärten“ Botanischer Garten (nördlich), Dr. Ziegenspeck Weg (östlich) und Zugang mit Parkplatz Botanischer Garten (südlich)

Erläuterung des Entwurfs:

Das neue Naturmuseum mit Planetarium und Sternwarte fügt sich als aktiver Teil der Umwelt-Bildungs-Meile in den Kontext ein. Die Form des Naturmuseums erscheint auf den ersten Blick als Gegensatz zu dem gegenüberliegenden Umweltbildungszentrum mit seiner quadratischer Kubatur. Auf den zweiten Blick und beim Begehen des Weges der „Umwelt-Bildungs-Meile“ jedoch ist der Zusammenhang erkenntlich: Die Formgebung des Naturmuseums greift die organische Gestaltung der nach außen gezogenen Stampflehmwände des UBZ auf. Die Gebäudefluchten an der südlichen Seite ergänzen sich und es entsteht, vom Parkplatz kommend, ein gemeinsamer Platz zur Erschließung beider Gebäude.

Aufteilung der Nutzungen in drei Zylinder mit brückenförmiger Verbindung, Ausbildung einer Mitte als Teil der Umwelt-Bildungs-Meile

Die Entwurfsidee des neuen Gebäudes ist daraus entstanden, die drei Hauptnutzungen - den allgemeinen Bereich mit Foyer, das Naturmuseum und das Planetarium - in eigenständige Zylindern als Eckpunkte eines gleichschenkligen Dreiecks anzuordnen. Die einzelnen Körper wiederum werden auf unterschiedlichen Höhenebenen miteinander verbunden.
Es entsteht ein Freiraum in der Mitte, der genau so groß ist, dass ein weiterer Zylinder derselben Größe hineinpassen würde. Dieser Bereich dient als Außenfläche der Gastronomie und ist eingebunden als Teil der Umwelt-Bildungs-Meile. Dort können temporäre Außenausstellungen und Veranstaltungen zu den Themen Ökologie und Umwelt stattfinden. Die Wegeführung um das Gebäude betont dessen Bauform.
Die Fassade des Neubaus gestaltet sich aus Holzlamellen, deren Abstand sich von Geschoss zu Geschoss halbiert. Am Umweltbildungszentrum ist ein ähnliches Prinzip der Fassadengestaltung wiederzufinden.

Grundriss Erdgeschoss mit Foyer, Gastronomie, Einbindung in die Umwelt-Bildungs-Meile und Bildung eines gemeinsamen Vorbereichs zum Umweltbildungszentrum

Grundriss 1. Obergeschoss und Untergeschoss (Ausschnitt oben links)

Gebäudeschnitt mit Brückenverbindung (Ausstellungsbereich)

Gebäudeschnitt mit Foyer, Innenhof, Brückenverbindung und Planetarium

Nutzungsverteilung und Rundweg der Besucher:innen

Visualisierung Innenraum (Ausstellungsbereich)

Modell

Materialkonzept, Konstruktion und Tragwerk

Baustoffe
Im Innen- sowie Außenraum überwiegt der Baustoff Holz. Jedoch unterscheidet sich das Holz in der Farbgebung und Art. Während an der Fassade im Außenraum etwas dunklere und gesättigtere Lamellen aus Lärche für den Sonnen- und Sichtschutz sorgen, überwiegen im Innenraum hellere Holzelemente aus Weißtanne. An den Außenwänden, die zu den Innenhöfen orientiert sind, ist zusätzlich eine Installationsebene vorgesehen. Diese Wände sind mit einem strukturierten Lehmputz versehen.
Einzelne Elemente, wie die Aufzugsschächte, die Info-Theke im Foyer und einzelne Sitzgelegenheiten, sind in Stahlbeton mit einer gröberen Recycling-Gesteinskörnung gebildet.
Das gesamte Gebäude orientiert sich an radialen Konstruktionsrastern, die an den Lamellen im Außenraum, den Öffnungen und den Trägern an der Decke ablesbar gemacht werden.
In Räumlichkeiten mit hohen akustischen Anforderungen sorgen unterseitig zum Deckenaufbau Lattungen aus Weißtanne für einen reduzierten Geräuschpegel.

Fassadendetail als Schnitt, Ansicht und Grundriss

Recycling
Wir leben in einer Welt, in der es zu einer immer stärkeren Rohstoffknappheit und -ausbeutung kommt. Diese wird in Zukunft auch verstärkt den Bausektor treffen. So kommt es zum Beispiel schon heute bei der energetisch aufwändigen Herstellung von Beton zu einer Ausbeutung von Sand.
Um dem entgegenzuwirken, wird der Holzbau eine immer größere Rolle spielen. Der Rohstoff Holz bindet während seines Wachstums Kohlenstoff und setzt den für uns lebensnotwendigen Sauerstoff frei. Bei der Verarbeitung des Rohstoffs bleibt der Kohlenstoff gebunden und wird im Gebäude gespeichert. Am Ende des Lebenszyklus des Gebäudes kann das Holz den Kreislauf durch Recycling erneut bestreiten.
Um das Recyclingpotenzial des Gebäudes so hoch wie möglich zu halten, wurde bei allen Verbindungen und Schichtenaufbauten in den Bauteilen darauf geachtet, dass diese in der Zukunft wieder gut trennbar sind und ihren Lebenszyklus von neuem beginnen können.

Axonomie Tragwerk mit Brettsperrholz-Wänden, Brettschichtholz-Trägern und Brettsperrholz-Deckenplatten, Fachwerkträger

Tragwerk
Radial angeordnete Brettschichtholz-Träger bilden das Tragwerk der drei zylinderförmigen Gebäudeteile. Die Träger liegen in Richtung Mittelpunkt der Zylinder und nach außen jeweils auf den Brettsperrholzwänden auf. Dadurch ergeben sich Spannweiten von 7,50 m.
Auf den Trägern liegen Brettsperrholzdecken mit einer maximalen Spannweite von 4,50 m. Die einzelnen Deckenelemente können in dieser Größe vorgefertigt und transportiert werden.
Das frei spannende Tragwerk der Brücken zwischen den zylindrischen Gebäudeteilen wird von sichtbaren Holz-Fachwerkträgern gebildet, auf denen wiederum Brettsperrholzplatten aufliegen.

Technikkonzept, passive Maßnahmen und Energie

Zusammenfassung der aktiven und passiven Maßnahmen

Die im Untergeschoss stationierte Wasser-Wasser-Wärmepumpe ist der Wärmeerzeuger des Gebäudes. Durch ein Förderbrunnen wird Grundwasser nach oben zur Wärmepumpe gepumpt. In der Wärmepumpe wird dem Grundwasser über ein Kältemittel, das einen niedrigen Siedepunkt hat, die Wärme entzogen. Dadurch wird es verdichtet und gasförmig und anschließend an einen Wärmetauscher weitergeleitet. Im Wärmetauscher wird die Wärme dann an das Heizungswasser weitergegeben. Die Wärme des Heizungswassers wird dann über die Fußbodenheizung an die Räume im Gebäude übergegeben.
Angetrieben wird die Wärmepumpe teilweise von der circa 320 m2 großen PV-Anlage auf den Dächern des Gebäudes. Diese deckt 27,3% des Endenergiebedarfs.
Das Trinkwarmwasser für die Sanitärbereiche und die Küche des Restaurants wird ebenfalls von der Wärmepumpe bereitgestellt.
Belüftet wird das Gebäude von einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Durch einen Erdkanal wird die Luft vorkonditioniert. Neben der mechanischen Lüftung kann das Gebäude teilweise auch natürlich belüftet werden. Die frische Luft strömt durch die Öffnungsflügel in das Gebäude und wird anschließend über die Innenhöfe wieder nach außen geführt.
Die Innenhöfe sorgen zudem für eine sehr gute Tageslichtversorgung im Gebäude.

Ökobilanzierung

Zusammenfassung: Global Warming Potential GWP nach Konstruktion und Nutzung, Lebenszyklus-Phasen und Bauteilen

Standort und soziale Nachhaltigkeitskriterien

Der Standort wurde mithilfe der DGNB Zertifizierungssteckbriefe SITE 1.1, 1.2 und 1.3 bewertet (Mikrostandort, Verkehrsanbindung, Nähe zu nutzungsrelevanten Objekten und Einrichtungen), der Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes sowie der Tageslichtverfügbarkeit erfolgte nach BNK Kriterien. Die Ergebnisse wurden in einem umfangreichen Berichtsheft erläutert.

Abgabeleistungen

Lageplan (M 1: 500), Grundrisse, Ansichten, Schnitte (M 1: 100/ 1:200)
Materialkonzept incl. Detaildarstellungen M 1:10 der Fassade. Ein besonderer Fokus liegt auf einem nachhaltigen Materialeinsatz incl. der Demontage- und Recycling-Fähigkeit
Energie- und Ökobilanzierung:
_ Konzeptphase: Drei strategische Varianten mit qualitativer Beschreibung der Konzeption, Konstruktion und Technik sowie Kenndaten (U-Werte, Ökodaten, erneuerbare Energien …)
_ Entwurfsphase Energiebilanzierung: mit Auswertung End- und Primärenergiebedarf Ist und Referenz, Einsatz erneuerbare Energien sowie passive Maßnahmen
_ Entwurfsphase Ökobilanzierung (eLCA): mit Randbedingungen der Zertifizierung DGNB und mit folgender Auswertung (Zahlenwerte und grafisch):
- GWP Global Warming Potential (in kg CO₂äquivalent pro m²NGF) Gesamt sowie differenziert nach Konstruktion und Nutzung
- GWP Global Warming Potential (in kg CO₂äquivalent pro m²NGF) der Konstruktion: Differenziert nach AW, DE+TR, DA, BP, FE, IW und TGA und differenziert nach den jeweiligen Modulen A bis D
Standort iund soziale Nachhaltigkeitskriterien:
Individuelle Bewertung des Standortes gem. SITE 1.1, 1.3 und 1.4, Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes, Nachweis der Tageslichtversorgung, barrierearmer Zugang und Nutzungsmöglichkeiten.
Modelle M 1:500 / 1:100

Die Abgabeleistungen insbes. der Energie- und Ökobilanzierung sind in einem gesonderten umfangreichen Berichtsheft nachgewiesen.

Ansprechpartner Prof. Dr.-Ing. Joachim Müller
Architektur und Bauwesen
Telefon:	+49 821 5586-2114
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Ansprechpartnerin Prof. Dipl.-Ing. Susanne Runkel
Architektur und Bauwesen
Telefon:	+49 821 5586-3177
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Fakultät für

Architektur und Bauwesen