Einsatzbericht Kanarische Inseln 2023 (Mission Lifeline)

Von Januar bis Juni 2023 führte die Dresdner Seenotrettungsorganisation MISSION LIFELINE e.V. im Atlantik ausgehend von den kanarischen Inseln Beobachtungsmissionen mit ihrem Schiff Marwa durch. Die Aktivisten an Bord des Schiffs beobachteten eine der gefährlichsten maritimen Fluchtrouten, auf der im Vorjahr nach Angaben der spanischen Menschenrechtsorganisation Ca-minando Frontera bereits 1784 Menschen ihr Leben verloren hatten. Die immer rigorosere Abschottungspolitik der Europäischen Union, die bereits vor den EU-Außengrenzen beginnt, zwingt Menschen auf der Flucht zu drastischen Entscheidungen. Für einige beginnt die Flucht im mehr als 1000km entfernten Dakar, Senegal in kleinen seeuntüchtigen Fischerbooten, sogenannten Cayucos.

Nach einer erfolgreichen Erprobung eines Prototyps des SearchWing Systems im Dezember 2021 an Bord der Marwa, waren während zwei Rotationen Anfang 2023 zwei Drohnen von SearchWing mit im Einsatz. Vorausgegangen war den Einsätzen ein längerer Entwicklungsprozess, in den die Erfahrungen aus der Erprobung Ende 2021 eingeflossen waren, sowie intensive Testflüge in Burriana, Spanien bei unseren Freunden von Sea-Eye e.V. . Die Aktivisten an Bord wurden durch den SearchWing e.V. vor den Missionen auf einem Flugfeld in Brandenburg im Umgang mit dem SearchWing System geschult. In einem dreitätigen Kurs erlernten die Teilnehmer_innen das Fliegen, die Wartung des Systems und die Auswertung der entstehenden Bilddaten mittels Bilderkennungssoftware. Die erste Ausfahrt der Marwa wurde durch einen Piloten von SearchWing begleitet, der nach Ende der ersten Ausfahrt das System an die Aktivisten übergab.

Trotz wiederkehrender widriger Wetterbedingungen konnte die Crew der Marwa mehrere Einsätze während der zwei Rotationen durchführen. Hierbei kam es zu 18 Flügen der SearchWing Drohnen im Einsatzgebiet. Dabei half das System ca. 2800 m² Meeresoberfläche nach Seenotfällen abzusuchen.

Der Einsatz der Drohne erfolgt jeweils nach vorheriger Absprache mit dem nautischen SAR-Personal an Bord. Nach einer kurzen Planungsphase von ca. 15 Minuten ist die Drohne einsatzbereit und die Crew kann sich auf den Start vorbereiten. Gestartet wird die Drohne durch einen Wurf über die Reling in Richtung des Windes. Nachdem die Drohne ihre Reiseflughöhe erreicht hat, fliegt sie automatisch eine vorprogrammierte Route ab und nimmt währenddessen ständig Fotos von der Meeresoberfläche und potentiellen Seenotfällen auf. Nach ca. 1 1/2 Stunden beendet die Drohne ihren Suchflug und kehrt zum Schiff zurück und beginnt über dem Schiff zu kreisen. Die Aktivisten an Bord bereiten sich zeitgleich auf die Landung vor, die nach Absprache mit dem nautischen Personal, sodann im Wasser erfolgt. Nach Bergung der Drohne mit einem “Drohne über Bord” Manöver und Enterhaken, beginnt die Bildauswertung an Bord. An einem Laptop werden die Bilddaten gesichtet und potentielle Seenotfälle in den Bilddaten durch die Bilderkennung hervorgehoben. Tatsächliche Seenotfälle werden durch den Piloten dem Kapitän gemeldet und eine Rettung eingeleitet.

Wir bedanken uns bei MISSION LIFELINE e.V. und allen Aktivisten für ihren Einsatz an Bord der Marwa auf einer der gefährlichsten maritimen Fluchtrouten. Wir freuen uns über das in uns gesetzte Vertrauen und den erfolgreichen Einsatz unseres Systems im Kontext der Beobachtungsmissionen.

Wenn ihr unsere Arbeit unterstützen wollt, spendet oder werdet aktiv im SearchWing Projekt. Die Seenotrettung braucht eure Unterstützung!