E2D Exkursion Südtirol - Zwischen Hightech-Fassade und WeinBau
Studiengang
Energieeffizientes Planen und Bauen – E2D (B.Eng.)Energie Effizienz Design – E2D (M.Eng.)
Projektbeschreibung
25 Studierende der beiden Studiengänge „Energieeffizientes Planen und Bauen – E2D“ (Bachelor) und „Energie Effizienz Design“ (Master) reisten im Mai 2018 nach Südtirol und lernten ein breites Spektrum ressourceneffizienten Bauens kennen – nicht ohne die Kultur der Landschaft und der Menschen zu erleben.
Montag
Frener + Reifer
Das erste Highlight der Exkursion führte die Studierenden nach Brixen zur Firma „Frener + Reifer“, einem weltweit führenden Fassaden-Komplettanbieter insbesondere für Sonderlösungen. Das Unternehmen zeichnete etwa für die Realisierung des „Steve Jobs Theater“ auf dem neuen Apple-Campus in Cupertino/USA verantwortlich, bei dem das weltweit größte zusammenhängende Kohlefaser-Dach mit einem Durchmesser von 47,5 m in einem Stück auf die tragende Ganzglasfassade aus gebogenen überdimensionalen Scheiben gesetzt wurde.
Die Studierenden wurde dabei von Herrn Michael Reifer (Leiter Forschung und Entwicklung) persönlich empfangen und nach einer Präsentation zum Unternehmen und seiner Ausrichtung durch die Verwaltungsbereiche, Werkstätten und Produktionsbereiche geführt. Insbesondere die „Mock-Ups“, funktionale und gestalterische Probebauten verschiedener weltweiter Projekte im Maßstab 1:1, ließen die Vielfalt der Themen aktueller Gebäudehüllen erkennen - von adaptiven Sonnenschutzsystemen und komplex gekrümmten Freiformen bis hin zu Forschungen an autoreagiblen Materialien oder transparenten Vakuum-Röhrenkollektorsytemen.
Übrigens: Ein wesentlicher Standort der südtiroler Firma ist Augsburg – durch den Kontakt der hier arbeitenden Studierende des Studiengangs E2D wurde die Sonderführung möglich.
Kletterhalle Brixen
Ein kurzer Besuch der Kletterhalle „Vertikale“ in Brixen (Fassade: Frener + Reifer) zeigte, wie durch den geschickten Einsatz gelochter Metallgitter die zumeist divergierenden Anforderungen von Transparenz und sommerlichem Wärmschutz ausgeglichen werden können.
Dienstag
Wohngebiet "Kaiserau", Meran
Im Südwesten der Stadt Bozen, am Übergang von Stadt und Kulturlandschaft, entstand in der vergangenen mehr als 10 Jahren ein neuartiges Wohngebiet, durch das die Studierenden von einem Vertreter der Architekturstiftung Südtirol kenntnisreich geführt wurden.
Das städtebauliche Konzept des niederländischen Architekten Frits van Dongen folgt der Idee einzelner polygonaler aufgelöster Wohnblocks als „Burganlagen“ mit starker Markierung der äußeren Umfassungen sowie einer Öffnung und Orientierung hin zu gemeinsam genutzten Innenbereichen zwischen den Baukörpern. Die freien Räume zwischen den „Burgen“ sollten die Landschaft der Umgebung in das Gebiet mit hineinziehen. Die gelungenen Aspekte und verpassten Chancen der Umsetzung dieser faszinierenden Grundidee wurden am Beispiel diskutiert.
Die gesamte Wohnanlage wurde von der Gemeinde Bozen von Anbeginn als Pilotprojekt eingestuft mit dem zentralen Anliegen, die Gebäude energetisch im italienischen „Klimahaus A Standard“ zu optimieren. Die Versorgung erfolgt über Fernwärme.
Feuerwache in Margreid
Die Feuerwache in Margreid (Planung: Bergmeister Wolf) spielt ebenfalls mit der Landschaft, genauer: dem dramatischen Bergmassiv. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Baugrund im Tal wurden drei Stollen für Fahrzeuge und Verwaltung in den Berg getrieben und mit einem Querstollen verbunden. Nach außen sichtbares Element ist eine schwarz gefärbte Betonwand, die an verkohltes Holz erinnert. Trotz der massiven Speichermassen im Inneren war in den Besprechungsbereichen deutlich zu spüren, dass der erst nachträglich installierte außenliegende Sonnenschutz dringend erforderlich ist. Die einzigartige Atmosphäre des höhlenartigen „Im Berg sein“ ist an jeder Stelle faszinierend präsent.
Für das Projekt „E2D-UP!“ des Studiengangs E2D spendete die Feuerwehr alte Schläuche, die voraussichtlich auf dem Modular-Festival 2018 ein neues Leben bekommen werden – vielleicht als Sitzfläche?
Kellerei Burggräfler, Meran
Der Begriff Wein-Bau bekommt im Gebäude der genossenschaftlichen Kellerei Burggräfler neue Bedeutung: Hier findet die Kultur der Weinverarbeitung ein Gegenstück in einer faszinierenden Architektur. Geschickt die Hanglage nutzend befinden sich in den unteren Etagen die Holzfass- und Barrique-Keller sowie Anlieferungs- und Verarbeitungsbereiche, während der aufgesetzte penthouse-artige Glasaufsatz als Önothek die Besucher aufnimmt und den Bezug zur umgebenden Landschaft herstellt. Hier nehmen die eingesetzten Materialien Holz und Glas Bezug zum Produkt. Die Führung durch das Gebäude (mit anschließender Verkostung) ließen diese neue Kultur des WeinBaus erleben.
Am Abend nutzte die Exkursionsgruppe die Gondel, um hoch über Bozen auf dem „Ritten“ zu genießen.
Mittwoch
Weinkellerei Pfitscher, Montan
Bühne frei für die Hauptdarsteller Landschaft und Wein! So lautete auch das Motto beim Neubau der privaten Weinkellerei Pfitscher inmitten der Reblandschaft von Montan, welche im Jahre 2011 anstelle des ursprünglichen Weinhofs im Dorfzentrum errichtet wurde. Und so entstand in Zusammenarbeit mit dem Architekten German Gabalin ein terrassierter Neubau mit geradlinigen Formen und teils schwarzer Fassade. Diese bewusste Zurückhaltung lässt die einmalige Hanglage inmitten der Weinreben hervortreten. Die
Keller wurden unteririsch angeordnet, vom Verkostungsraum mit großen Glasfronten genießt man einen atemberaubenden Ausblick. Das Weingut ist gleichzeitig auch das Zuhause der Winzerfamilie. Sie bewohnen das Obergeschoss des Neubaus.
Das Gebäude erhielt als erste Kellerei überhaupt das Zertifikat „KlimaHaus Wine“, das neben den Anforderungen an die Energieeffizienz und Nachhaltigkeit des Gebäudes ein besonderes Augenmerk auf einen umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Produktionsablauf. KlimaHaus Wine Kellereien verwenden unter anderem leichte und wiederverwertbare Verpackungsmaterialien und achten auf ein umsichtiges Abfallmanagement. Sie sensibilisieren ihre Mitarbeiter durch gezielte Weiterbildungen für die Thematik der Nachhaltigkeit und weisen erhöhte Komfort- und Gesundheitsstandards in den Aufenthalts- und Arbeitsräumen für Kunden und Mitarbeiter auf.
Umbau Jugend- und Kulturzentrum KUBA, Kaltern
Die Auseinandersetzung mit dem Bestand als Thema wurde im Projekt „Kulturbahnhof KuBa in Kaltern deutlich. Das Ensemble steht als exemplarischer Beleg für den Aufschwung Südtirols durch den Fremdenverkehr und seiner baulichen Qualität unter Denkmalschutz. Die Kernfrage lautete daher: Wie wenig ist an Eingriff und Veränderung nötig, um das historische Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1899 in ein zeitgemäßes Jugend- und Kulturzentrum zu verwandeln? Josef Putzer vom planenden Büro „Pardeller, Putzer, Scherer“ aus Bozen erläuterte vor Ort seine Konzeption und Umsetzung: Im Inneren eine behutsames Erhalten von Wegeführung, Raumstruktur und Farb-/Materialstimmung, nach Außen sichtbare Ergänzungen in „schnörkellosem“ Sichtbeton, dazu Ausbau und Erweiterung des Untergeschosses. Die originalen und effizienten Kastenfenster konnten erhalten werden, zur Beheizung werden aus der Umgebung gewonnene Hackschnitzel neu eingesetzt.
Auch wenn hier kein hocheffizientes Wärmschutzkonzept umgesetzt werden konnte: Die Angemessenheit und Reduktion des Mittel- und Ressourceneinsatzes als „Suffizienz“ ist ein zentraler Baustein einer nachhaltigen Planung, die den Bestand und die darin bereits gebundene Energie, die Materialien und vielfältigen räumlichen und sinnlichen Qualitäten respektiert.
Seehotel Ambach, Kaltern
Das Seehotel Ambach in Kaltern des Architekten Othmar Barth aus dem Jahr 1973 ist inzwischen ein echter Klassiker und wird von verschiedenen Fachzeitschriften zu den weltweit besten Seehotels gezählt. Auch diese Langlebigkeit ist ein wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit. Während üblicherweise in deutlich kürzeren Abständen Innenausbauten wie wechselnde Moden ausgetauscht bzw. entsorgt werden, überdauerte hier das Gebäude in allen wesentlichen Teilen sowie der Ausstattung inzwischen fast 50 Jahre. Die modulare Veränderbarkeit der Möblierungselemente in den Hotelzimmern ist dabei ebenso hilfreich wie die faszinierenden Raumfolgen und Erschließungsbereiche, die formal an die 70er erinnern, in ihrer Raumkomposition jedoch zeitlos erscheinen. Die Studierenden erhielten eine Führung durch den Leiter des Hauses, Klaus Maran, der seine Leidenschaft für das Gebäude eindrucksvoll vermitteln konnte.
Donnerstag
Salewa Headquarters, Bozen
Ein Haus wie ein Berg – eine passende Assoziation für die Firmenzentrale eines der führenden Unternehmen im Bereich technischer Alpinbekleidung (Cino Zucchi Architetti). In direkter Nachbarschaft zur vielbefahrenen Autobahn ist von außen eine vielfach gebrochene und steil aufragende Baumasse zu erkennen, die mit gelochten Aluminium-Tafeln in drei Grautönen bekleidet wurde. Hier befinden sich die Verkaufsräume der Salewa Firmenwelt, die vollautomatisierten Lager, die Abteilungen für Forschung sowie der Büroturm.
Das Gebäude erhielt das Siegel „Work and Life“ der KlimaHaus-Agentur aufgrund seines Energiekonzeptes, das u.a. mit einer Photovoltaik-Anlage auf den horizontalen Dachflächen, durch die Fassade als ein effektiver Sonnenschutz und die Massivität des Inneren mit Bauteilaktivierung unterstützt wird. Die Studierenden konnten im Rahmen der Führung durch den Komplex auch einen Blick in die Bürobereiche sowie die hauseigene Kletterhalle „Cube“ werfen, die durch eine riesige absenkbare Verglasung als Außenraum erlebbar wird.
Wohn- und Atelierhaus Kostner, Kastelrut
Einen besonders intensiven Einblick bot die persönliche Führung von Hubert Kostner durch sein Wohn- und Atelierhaus in Kastelrut.
Das Gebäude vereint die Wohnräume der oberen Geschosse in vorgefertigter Holztafelbauweise (als „veredelter Rohbau“ mit hoher räumlicher und konstruktiver Qualität) mit den in Sichtbeton und Holz ausgerührten Atelierräumen des Unterschosses im Hang, wobei die nahezu freie und rundum verglaste Erdgeschosszone der Belichtung der Arbeitsräume dient. Kostners ironische und mit Witz formulierte Auseinandersetzung, etwa mit der Prägung der Menschen durch den intensiven Tourismus, zeigte sich auch in mehreren Werken im Atelierraum. Umgekehrt erzählte Kostner, wie das Gebäude ihn und sein Werk im Umgang mit dem Material Holz bereichert.
Den Abschluss der Reise bildete der Besuch der historischen Altstadt von Brixen, bevor es wieder per Bus zurück nach Augsburg ging.
J. Müller
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