Erläuterung des Entwurfs (Sabrina Eckert):
Nutzung
Die Flächenaufteilung von Büro, Veranstaltung und Wohnen ist je zu ca. einem Drittel der Nutzfläche aufgeteilt. Die Appartements können längerfristig als Einzimmerwohnungen vermietet oder als Hotelzimmer angeboten werden, je nach Bedarf oder Nutzungswunsch des Bauherren.
Die Veranstaltungsfläche ist flexibel nutzbar für große Veranstaltungen bis zu 300 Personen. Auch Hochzeiten, Seminare, Tagungen und ähnliche Veranstaltungen können hier stattfinden. Eine Nutzung durch den Waldkindergarten bei schlechtem Wetter ist ebenfalls denkbar, da eine große Bewegungsfläche für die Kinder gegeben ist.
Die Büroflächen wurden nach dem Co-Working-Prinzip geplant, mit vielen offenen Bereichen für den Austausch und eine bessere Zusammenarbeit. Gleichzeitig gibt es auch Ruhebüros sowie eine Telefonbox, um eine ruhige Arbeitsumgebung zu gewährleisten.
Nachhaltigkeitskonzept: Materialität
Lehm
Lehm als traditioneller Baustoff erfüllt viele ökologische und baubiologische Anforderungen. Er ist oft örtlich verfügbar, schont Ressourcen da kein Brennprozess notwendig ist, außerdem ist Lehm beliebig wiederverwertbar. Im Wohnbereich sowie im Büro werden daher Lehmbauplatten und punkten mit vielen wohngesundheitlichen Vorteilen. Lehm in Innenräumen ist feuchteregulierend sowie schadstoff- und geruchsbindend, was besonders auch für Allergiker und empfindliche Menschen geeignet ist.
Holz
Holz als Baustoff wird seit Jahrtausenden verwendet und findet besonders beim ökologischen Bauen Anwendung. Für eine gute Ökobilanz werden einheimisches Holz ohne lange Transportwege verwendet. Holz zählt als CO2 neutraler Baustoff, da die Bäume in ihrer Wachstumsphase Kohlenstoff binden und am Ende ihrer Lebensdauer bei einer thermischen Verwertung diese Kohlenstoffe wieder abgeben.
Das Material weist eine hohe Zug- und Druckfestigkeit bei geringem Eigengewicht auf. Diese Eigenschaften sind gerade beim Tragwerk und im Dachausbau von großem Vorteil.
Holz-Beton-Verbundbauweise
Der Kehlbalken im Dachtragwerk bildet eine ideale Anwendung für eine Holz-Beton-Verbundbauweise. Im Hybrid-System nimmt Holz die Zugkräfte und der Beton die Druckkräfte. Diese Bauweise findet besonders in der Sanierung Anwendung, da verschiedenste Anforderungen erfüllt werden können, etwa hohe Traglast bei großen Spannweiten, guter Brandschutz, guter Schallschutz und das Erreichen einer mittelschwere Bauweise in Hinblick auf die thermische Masse. Bei der Wahl der Verbindungsmittel dieses Hybridsystems ist auf eine Recyclingfähigkeit zu achten.
Belichtungskonzept
Um eine möglichst gute Belichtung der Räume zu gewährleisten, wurden an der Nordost-Seite des Gebäudes große Glasflächen eingebaut. Zudem ist hier ein schöner Ausblick auf den Innenhof Schloss Blumenthals gegeben.
Dem gegenüber steht die Südwest Seite des Gebäudes, welche hauptsächlich über kleinere Oberlichter belichtet wird, um den sommerliche Wärmeschutz einhalten zu können und eine Überhitzung der Räumlichkeiten zu vermeiden.
Strategien für den Sommerlicher Wärmeschutz:
Für einen erhöhten Nachtluftwechsel gewährleisten gegenüberliegende Dachfenster eine Querlüftung, im Veranstaltungsraum ist diese über zwei Geschosse möglich.
Die thermischen Massen der Holz-Beton-Verbundbauweise in Kombination mit den Lehmplatten erzeugen eine mittelschwere Gebäudebauweise.
Die Fensterflächen öffnen sich zum großen Teil zur Nordost-Seite hin, nur wenige, kleine Fenster befinden sich an der Südwest Fassade des Gebäudes. Es gibt daher wenig direkte Sonneneinstrahlung in der Mittagshitze.
Falls es doch unerwünschte direkte Sonneneinstrahlung geben sollte, wird an den Fenstern ein elektrisch gesteuerter außenliegender Rollladen mit einem Verschattungsfaktor Fc= 0,3 eingesetzt.
Tragwerk:
Das Bestandstragwerk im Obergeschoss des Ökonomiegebäudes war ein großes Stahlfachwerk bestehend aus Dreigurtbindern.
Im Rahmen einer Sanierung erhöhen sich die Lastanforderungen des Dachstuhls. Ein verbesserter Dachaufbau und die statischen Lasten einer neuen Zwischengeschossdecke müssen vom Tragwerk gehalten werden.
Die Möglichkeit, das Bestandstragwerk zu erhalten und in Stand zu setzen, ist sehr kostenintensiv und entwurfstechnisch mit großen Schwierigkeiten verbunden. Aus diesem Grund fiel die Entscheidung auf einen Rückbau des alten Dachstuhles und die Errichtung eines neuen, freitragenden Dachstuhl in Holzbauweise. Um einen stützenfreien Dachraum zu gewährleisten wurde ein Kehlbalkendachstuhl geplant, da hier große Spannweiten überbrückt werden können und der Kehlbalken als Unterstützung der Geschossdecke in Holz-Beton-Verbundbauweise dient.
Das Gebäude wurde für eine Änderung des Bestandsgebäudes nach dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG 2020) bilanziert. Um jedoch ein möglichst effizientes Gebäude zu planen, wurden die Anforderungswerte eines Neubau KfW-40-Effizienzgebäudes als Zielwerte gesetzt und erreicht.
Heizungskonzept: Wärmeübergabe Veranstaltungsraum
Variante 1: Heizkühldecken
Variante 2: Luftheizung über die Lüftungsanlage
Die Heizkühldecken können mit dem Rücklauf der Ringleitung betrieben werden, die Wärme hierfür wird mithilfe der BHKW und dem Pelletkessel energetisch regenerativ erzeugt. Mit der Lüftung zu heizen bedeutet keine zusätzlichen Anschaffungskosten für die Heizung. Jedoch verbraucht die Luftheizung Strom, welcher ebenfalls mithilfe der BHKWs energetisch erzeugt wird.
Da die BHKWs einen Stromüberschuss erzeugen, liegt eine Empfehlung der Variante 2 – Luftheizung nahe. Ein weiteres Argument für die Luftheizung ist eine größere Behaglichkeit für die Nutzer. Bei der Wärmeübergabe wird die Wärme gleichmäßig im Raum verteilt und es gibt keine punktuellen Flächen die Wärme abstrahlen. Es muss auch beachtet werden, dass die Heizdecken akustisch wirksam sind. Hier muss im Falle einer Entscheidung gegen die Heizdecken eine akustische Alternative für den Veranstaltungsraum gefunden werden.
Heizungskonzept: Wärmeübergabe Büro und Wohnen
Die Appartements sowie das Büro werden über Radiatoren-Heizkörper VL/RL 60/45 beheizt. Bei einer flexiblen Nutzung der Räumlichkeiten wird dadurch eine schnelle Aufheizung gewährleistet.
Biogaserzeugung:
Um Schloss Blumenthal wärme- und stromtechnisch zu versorgen, wurde BHKW-Betrieb mithilfe einer Biogasanlage zur umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Energiegewinnung geplant.
Da vor Ort keine größere Nutztierhaltung vorhanden ist, um tierische Exkremente als Biomasse zu nutzen, wie es in der Regel der Fall ist, wurde eine Alternative mit Abfall-Biomasse gefunden. Diese abfallbasierte Biogasanlage bietet sich besonders für Schloss Blumenthal an, da vor Ort anfallende Biomüllreste verwertet werden können. Außerdem entsteht bei einer Biogaserzeugung hochwertiger Dünger, der für die Solidarische Landwirtschaft genutzt werden kann. Besonders wichtig ist es, für die Biomasse keinen Kunstdünger, Pestizide oder Ahnliches zu verwenden.
Beispiele für Biomasse:
- Lebensmittelreste der Bewohner
- Restaurantabfälle des Gasthauses und des Biergartens
- Grünschnitt und andere Bioabfälle der Solidarischen Landwirtschaft
- Gülle der Hof Tiere (Vier Lamas, zwei Hängebauchschweine, zwei Esel)
- Schnell wachsende Biomasse
Beispiel: Schnell wachsenden Biomasse ‚Durchwachsene Silphie‘
Als blühende Pflanze attraktiv für Bienen im ‚BienenBlütenReich Schloss Blumenthal‘, zudem ist die Pflanze mehrjährig und stellt wenig Ansprüche an Klima und Boden.