Inverted Classroom
Der Inverted Classroom (= Flipped Classroom) kehrt das traditionelle Unterrichtsmodell um. Anstatt neue Inhalte in der Vorlesung zu erarbeiten, bereiten sich die Studierenden eigenständig mit Lehrvideos, Artikeln und aktivierenden Übungen vor. Der Präsenzunterricht wird dann für vertiefende Diskussionen, Gruppenarbeiten und individuelle Betreuung genutzt. So wird die wertvolle Unterrichtszeit optimal für die Förderung des Verständnisses und der Anwendung genutzt.
Ursprünglich kommt die Methode aus dem Schulbereich. In der deutschen Hochschullandschaft sind Prof. Handke (Philipps-Universität Marburg, Linguistik) und Prof. Spannagel (Pädagogische Hochschule Heidelberg, Mathematik) bekannte Vertreter dieser Methode.
Wie funktioniert's?
Die Vorgehensweise orientiert sich an dem Konzept von Prof. Dr. Christian Spannagel.
Planung
Planen Sie von hinten:
1. Ziele definieren
Klare Lernziele und Kompetenzen festlegen, die die Studierenden am Ende der Lehrveranstaltung erreichen sollen.
2. Präsenzphase planen
Aufgaben und Methoden ableiten, die zur Zielerreichung beitragen.
3. Vorbereitungsphase konzipieren:
Geeignete Aufgaben und Lernmaterialien (Videos, Texte, Podcasts, interaktive Module) auswählen oder selbst erstellen, die den neuen Stoff verständlich und ansprechend vermitteln.
Durchführung
Erste Lehrveranstaltung: Einführung in Methode
Nutzen Sie die erste Veranstaltung (ca. 90 Min.), um das Konzept im Detail zu erklären
- Zeigen Sie Nutzen & Vorteile auf (kontinuierliches Lernen)
- Stellen Sie den zeitlichen Ablauf klar dar
Best-Practice-Beispiel: Einstieg von Prof. Christian Spannagel
Vorbereitungsphase
- kognitive Aufgaben: Geben Sie den Studierenden kognitive Aufgaben für die Vorbereitungsphase, z. B.:
- Problemsolving-Aufgabe
- Fragen selbst konzipieren
- Recherche
- hilfreiche Tools für Übungsaufgaben: Moodle, LearningApps
- Infomaterialien: Aufgrund der Aufgaben sehen Studierenden die Relevanz sich neue Lerninhalte anzueignen. Stellen Sie hierfür passende Infomaterialien wie Videos, Texte, etc. zur Verfügung.
Präsenzphase
Nutzen Sie die wertvolle gemeinsame Zeit, um die Inhalte aus der Vorbereitung zu vertiefen:
- Fragen bearbeiten: Zu Beginn der Veranstaltung sollten Fragen zum Inhalt gemeinsam besprochen werden. Sammeln Sie die Fragen im Plenum, priorisieren Sie diese durch ein Voting und besprechen Sie die fünf wichtigsten Fragen gemeinsam. Es ist wichtig, dass nicht Sie die Antworten vorgeben, sondern dass die Studierenden diese selbst erarbeiten (geeignete Methode: Think-Pair-Share).
Aktivierendes und kollaboratives Lernen: Lassen Sie komplexe Aufgabenstellungen in Gruppen bearbeiten, die auf den Inhalten der Vorbereitung aufbauen. Die Lehrperson übernimmt dabei eine beratende Funktion und steht für Fragen zur Verfügung.
Tipps
Studierende bereiten Sich nicht vor?
Das gesamte Konzept steht und fällt mit der Vorbereitung der Studierenden. Umso ärgerlicher ist es, wenn sich diese nicht vorbereiten. Probieren Sie die folgenden Maßnahmen aus, um die Motivation Ihrer Studierenden für die Vorbereitungsphase zu steigern
- Erinnerungen (vor allem zu Beginn)
- Fixe Abgabetermine
- Vorbereitung muss für die Präsenzveranstaltung notwendig sein > Ergebnis mitbringen und aufbauende Übungen stellen
- Studierenden eine Auswahlmöglichkeit der Informationsquellen geben (Förderung Autonomiegefühl)
- Lerngruppen bilden (Förderung soziale Eingebundenheit)
- Erfolgserlebnisse schaffen (Förderung Kompetenzerleben)
- Konzept selbstbewusst vertreten
- Relevanz und Vorteile aufzeigen
- Gegebenenfalls Belohnungen (z. B. 5-15 % Bonuspunkte)
- Feedback zur Vorbereitung einholen
Sind Videos zur Vorbereitung sinnvoll?
Videos: Videos sind ein hervorragendes Werkzeug zur Wissensvermittlung. Sie unterstützen individuelles Lernen, da sie jederzeit, beliebig oft und an beliebigen Orten angesehen, pausiert sowie schneller oder langsamer abgespielt werden können.
In der Lehre gibt es vielfältige Möglichkeiten der Videonutzung, von aufgezeichneten Originalvorlesungen über kurze Themenvideos bis hin zu aufwendig produzierten, interaktiven Erklärfilmen.
Für eine professionelle Aufnahme bieten wir gerne unser Medienstudio an. Bei Interesse und Unterstützungsbedarf wenden Sie sich gerne an unser Medienteam.
Sie finden hilfreiche Informationen zur Medienproduktion auf unserer Website. Außerdem erklärt Prof. Michael Kipp in seinem Blogartikel, wie Sie Lehrvideos mit vertretbarem Aufwand erstellen können.
Stellen Sie im Idealfall nicht nur Videos bereit, sondern auch verschiedene andere Lernmaterialien, sodass eine Auswahlmöglichkeit besteht und die Studierenden selbst entscheiden können.
Zu viel Aufwand?
Gehen Sie schrittweise vor und hängen Sie sich nicht an Perfektionismus auf. Sie müssen nicht sofort Ihre gesamte Lehrveranstaltung nach dem Inverted Classroom-Konzept umstellen; beginnen Sie mit einem bestimmten Teilbereich. Die passenden Infomaterialien können Sie nach und nach erarbeiten und zunächst mit Infotexten oder Aufzeichnungen starten.
Erklärvideos
Vertiefter Einblick zu Inverted Classroom:
Gastvortrag von Prof. Dr. Christian Spannagel (Pädagogische Hochschule Heidelberg) zu „Inverted Classroom in Higher Education“ im Rahmen der Reihe ‚E-Learning am Abend‘ an der Hochschule Koblenz am 28.06.2023.
Wir unterstützen bei allen Anfragen sehr gerne. Einfach eine E-Mail schreiben an
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