Make - Learn - Share
E2D-Studierende in München auf den Spuren einer neuen Werkstatt-Kultur
Ein multifunktionales Haus für Kooperation soll es werden, mitten in der Stadt, mit Co-Working Bereichen, neuen Wohnformen, Veranstaltungsräumen sowie als Zentrum „Offene Werkstätten“ für handwerkliches Arbeiten. Das „CO-X Kreislaufhaus“ als Thema der kommenden Bachelorarbeit wird sich an eine Vielzahl von Nutzern unterschiedlichsten Alters und Hintergrunds richten, quer durch die Gesellschaft. Hier können Anfänger und geübte Hobbyhandwerker, Kinder (unter Anleitung) und Erwachsene kreativ werden und professionelle Maschinen, Werkzeug und ggf. den Rat eines Spezialisten nutzen für die Bereiche Holz, Metall, Textil und Elektro, ergänzt durch ein Repair-Cafe. Auch neuste Produktionstechnologien sollen hier im Rahmen eines FabLab "entmystifiziert" und zugänglich gemacht werden. Durch das Selber-Machen in der Gemeinschaft werden mit den Werkstätten als Aktionsräume Leidenschaften geteilt: ein Rahmen der Do-It-Yourself-Kultur als Arbeits-, Lern- und Erfahrungsumgebung: Make - Learn - Share. Ein neuer Ort des Gemeinsamen in der Stadtgesellschaft.
In Augsburg ist dieser Gedanke einer „Offenen Werkstatt“ bereits mehrfach vertreten, jedoch nicht in zentraler Stadtlage. Ein Besuch von „das_habitat“ in Pfersee bildete den Auftakt für die Einarbeitung in das Thema, bevor sich die Studierenden selbst mit der Definition eines eigenen Programms, der Suche nach einem geeigneten Ort in Augsburg und mit entwerferischen Leitbildern auseinandesetzten.
Die Abschlussexkursion führte nun am 08.November nach München, zunächst nach Garching. Hier bietet das „MakerSpace“ in direkter Nähe zum Standort der TUM ein einzigartiges Angebot mit Zielrichtung der nationalen und internationalen Innovations- und Gründungsszene. Die Werkstatt soll die Region als Hightech-Standort stützen und das lokale Netzwerk aus Stadt, Hochschulen, Start-ups, Unternehmen und lokaler Kreativszene unterstützen. Eine Führung durch die 1.500 m2 große High-Tech-Werkstatt zeigte beeindruckende Professionalität der unterschiedlichsten Werkstattbereiche incl. Formenherstellungen durch 3D-Drucker, Laserschneider und Wasserstrahlschneidemaschinen für eine breite Vielzahl an Materialien.
Den Höhepunkt der Exkursion bildete ein Besuch des „Haus für Eigenarbeit – HEI“, das nun seit über 30 Jahren in München aktiv ist. Untergebracht im engen Gebäude einer ehemaligen Druckerei ist die Besonderheit des HEI sicherlich das breite Angebot unterschiedlichster Aktivitäten, die von professionellen Werkstätten für Holz, Metall, Keramik, Papier, Schmuck, Polstern, Textil und mehr, den Angeboten an Kursen und Verleih („Eine Bohrmaschine in Privatbesitz läuft im Durchschnitt 13 Minuten vom Kauf bis zur Entsorgung“, so Dr. Wirth) bis zu kulturellen und sozialen Aktivitäten reicht.
Eigenarbeit ist hier Programm, wie der Leiter des Hei, Dr. Rainer Wirth, betonte. „Produktiv tätig werden im eigenen Auftrag und zum eigenen Nutzen – handwerklich, sozial oder kulturell. Arbeiten ist hier gebunden an die selbst formulierten Bedürfnisse und an deren Gebrauchswert, gemeinschaftliche Bedürfnisse und Nutzen eingeschlossen. Diese gesellschaftlich wichtige Form von Arbeit aufzuwerten ist unser Anliegen. ... Praktische Fähigkeiten werden hier entwickelt und geübt. Und beim Tätigsein entsteht Respekt im Umgang mit Materie. Die erworbene Kompetenz verleiht ein Gefühl von Unabhängigkeit und Selbstwert. Manchmal entwickelt Eigenarbeit auch eine therapeutische Kraft – körperlich und seelisch. Oft macht es einfach Spaß, sich als Schöpfer/in von etwas Schönem oder Nützlichem zu erleben. Viele sagen, sie tanken Lebenskraft.“ (hei-münchen.de).
Im Kern ist es dieses Grundverständnis des Hauses als Kulturinstitution im umfassenden Sinn, als kulturelle Grundversorgung, die das HEi ausmacht - dieser Gedanke wurde in der anschließenden Diskussion mit den Studierenden deutlich. Und genau dieses Verständnis schafft ein hohes Maß an Identifikation der Mitarbeitenden und Gäste mit dem Haus, trotz extrem beengter Verhältnisse. Eigenarbeit als Kultur, die einen festen und gemeinschaftlich getragenen Ort in einer Gesellschaft benötigt.
Den Abschluss der Exkursion bildete eine Erkundung des „Werksviertel Mitte“, dem ehemaligen Industriegebiet der Kartoffelverarbeitung „Pfanni“ neben dem Ostbahnhof, das als „Kunstpark Ost“ eine Zwischennutzung fand und nun – unter anderem in direkter Nähe des geplanten Münchener Konzerthauses – zu einem modernen Stadtquartier (weiter-) entwickelt wird. Hier ließen sich die Studierenden vom jüngst fertiggestellten multifunktionalen Gebäude „Werk12“ der Planer MVRDV Architekten mit N-V-O inspirieren. Der Nutzungsmix aus Restaurant, Fitnesscenter, Wohnen und Innovationslab steckt in jeweils 5,5 m hohen Etagen und wird durch eine außen liegende Treppenfolge und umlaufende Balkone erschlossen.
„Wir brauchen mehr denn je Orte des Gemeinsamen in der Stadtgesellschaft, wo Menschen sich begegnen, sich austauschen, gegenseitig bereichern, durch das eigene Machen Erfolg haben, sich selbst kennenlernen, voneinander lernen und so zu einer Gemeinschaft wachsen“, so Prof. Dr. Joachim Müller, der das Studentenprojekt begleitet. Jede Menge Inspiration also für die kommenden Abschlussarbeiten. Make – Learn – Share!
Aufbauend auf diese Auseinandersetzung mit den Potenzialen einer gelungenen Werkstattkultur entstanden die Abschlussarbeiten der Studierenden. Die Arbeiten von > Martina Heilig, > Levin Kümmerle und > Elke Widmann finden Sie dokumentiert.
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