Erläuterung des Entwurfs (Elke Widmann):
Orientiert an dem Leitgedanken „Make – Learn – Share“ soll ein Ort des synergetischen und kooperativen Miteinanders im Zentrum Augsburgs entwickelt werden. Die Verknüpfung unterschiedlicher Bereiche, Funktionen und Nutzungsmöglichkeiten steht hierbei im Mittelpunkt des Gebäudeentwurfs.
Außenraumkonzept
Das Gebäude markiert die städtebaulich bedeutende Übergang des Bahnhofsvorplatzes zur Rosenaustraße. Der im Norden gelegene Bahnhofsvorplatz Augsburg West stellt den zentralen Bezugspunkt dar, weshalb die hierzu orientierte Fassade vollflächig verglast wurde. Dies soll vorbeilaufenden Passanten einem Schaufenster gleich Einblicke in das Innere des Kreislaufhauses gewähren, deren Interesse wecken und zu einem Besuch einladen.
Um den kompakten Grundkörper in seiner städtebaulichen Außenraumwirkung aufzulockern, wurde eine schräg verlaufenden Lamellenhülle über den Kubus gestülpt. Zugleich dient dieser als Sonnenschutz der ost- und westorientierten Fenster. Die umlaufende Hülle lässt einen röhrenartigen Charakter entstehen, welcher durch einen hohen Verglasungsanteil der Nord- und Südfassade optisch verstärkt wird. Im direkten Kontrast zu den sich öffnenden Flächen stehen die lamellenverdeckten, geschlossen Ost- und Westseiten.
Gebäudestruktur
Der zunächst kompakt wirkende Kubus wird hierbei durch Subtraktion der angrenzenden Bohrpfahlwand, sowie des kreuzweise verlaufenden Treppenkerns in eine innere Struktur gebracht.
Der entstehende Luftraum - welcher über Falttreppen, sowie Brücken erschlossen wird - soll die verschiedenen Gebäudenutzungen sowohl räumlich, als auch visuell miteinander verbinden und offene Kommunikationsbereiche schaffen.
So kann bei einem Kaffee ein Einblick in das Geschehen der darüber liegenden offenen Werkstätten gewonnen, theoretisch entwickelten Ideen von Startups (Coworking 3. OG) erprobt und in die Realität umgesetzt (Werkstätten 1.-2.OG), sowie verschiedenste Kurse, Workshops und Veranstaltungen in den obersten Geschossen abgehalten werden.
Energiekonzept
Neben architektonischen und konzeptionellen Anforderungen sollte das Gebäude hinsichtlich energetischer und ressourceneffizienter Themenschwerpunkte optimiert werden. Aufgrund dessen wurde bei der Planung das Erreichen des Effizienzhausstandards KfW 55 angestrebt. Dieser konnte mittels geeigneter Bauteilaufbauten und Anlagentechnik erreicht werden.
Das Gebäude wird von einer Grundwasserwärmepumpe, sowie einer Solaranlage versorgt. Mittels Kombispeicher kann zugleich das temporär gewonnene Trinkwarmwasser des Kreislaufhauses gespeichert und bei Bedarf verwendet werden. Des Weiteren kann die entstehende Abwärme der Maschinen und Computer in Werkstätten, sowie im Coworking Bereich durch Wärmerückgewinnung einer Lüftungsanlage weiter genutzt werden.
Die speziellen Nutzungsprofile des Objektes bedingen den Einsatz einer dezentralen, mechanischen Lüftungsanlagen, das Gebäude soll jedoch zu Großteilen durch ein natürliches, passives Konzept belüftet werden. Durch das geplante Atrium kann in Kombination mit Durchlässen und Öffnungselementen der Fassade sowie in raumtrennenden Innenwänden eine komplette Durchströmung des Gebäudes gewährleistet werden. Die entstehende Luftzirkulation basiert hierbei auf dem Prinzip des thermischen Auftriebs: Kalte Luft strömt in Bodennähe in das Gebäude, erwärmt sich, steigt nach oben und wird über seitliche Öffnungselemente des Atriums am höchstgelegenen Punkt abgeführt.
In den Sommermonaten kann somit das Prinzip der Nachtlüftung angesetzt werden. Die gespeicherte Wärme steigt im Tagesverlauf nach oben, Nachts werden nun alle Fassadenelemente und Durchlässe geöffnet, kalte Luft strömt in das Gebäude und lässt Wärme entweichen. Massereiche Bauteile speichern die Temperaturspitzen und geben diese Energie durch die wieder ab. Da die Grundkonstruktion als Holzbau geplant wurde, fungieren innenliegende Stampflehmwände hierbei als thermische Speichermasse.
Materialkonzept
Das Konstruktion des Gebäudes basiert auf der Verwendung nachwachsender Rohstoffe und Recyclingprodukten, welche unter Berücksichtigung der Projektschwerpunkte Rückbau und Demontage, Sortenreinheit und Trennbarkeit konzipiert wurden. Bei den verwendeten Holz-konstruktionen wurde hierbei auf den geringen Einsatz von Klebstoffen und Bindemitteln geachtet.
Der mehrgeschossige Baukörper soll als vorgehängt hinterlüftete Holzständerkonstruktion mit Geschossdecken aus Brettstapelholz und einem extensiven Gründach geplant werden. Durch eine Aufständerung, sowie dem Verzicht auf ein Kellergeschoss konnte die Bodenplatte ebenfalls aus gedübelten Brettstapeldecken realisiert werden. Die mittels EPDM Folie abgedichtete Platte liegt hierbei vollflächig auf Schaumglasschotter auf. Dieser wir im Wesentlichen aus Altglas gewonnen und übernimmt sowohl wärmedämmende, kapillarbrechende, als auch drainierende Funktionen.
Aufgrund der geringen Wärmespeicherkapazität von Holz wurden zusätzlich Stampflehmwände sowie Lehmbauplatten als thermische Speichermasse vorgesehen. Das Rohmaterial kann aus dem Aushub der Gründung gewonnen werden und stellt somit ein regionales Bauprodukt dar. Zudem reguliert Lehm die Feuchtigkeit im Innenraum und absorbiert, bzw. neutralisiert Schad- und Giftstoffe der Luft.
Fassadenkonzept
Als Fassadenverkleidung wurde eine verkohlte Holzschalung gewählt. Beim Carbonatisieren wird hierbei die oberste Schicht des Holzes verbrannt, wodurch einerseits die individuelle Maserung des Holzes hervortritt und eine optisch hochwertige Oberfläche erzeugt. Andererseits verdichten sich beim Verkohlen die einzelnen Zellen des Baustoffes und schützen diesen in Folge vor Feuchtigkeit, Witterungseinflüssen und Schädlingen. Aufgrund dessen ist keine weitere Behandlung des im Außenbereich eingesetzten Holzes notwendig.
Im Kontrast zum schwarzen Grundkörper soll die Hüllenkonstruktion aus vorvergrauten Lamellen entstehen. Durch Witterungseinflüsse bilden unbehandelte Hölzer bereits nach wenigen Monaten eine natürliche, gräuliche Patina aus. Um daher eine gleichmäßige Farbintensität zu erhalten und den Wartungsaufwand durch Beschichten der Verschattungselemente zu minimieren, werden die Lamellen mit einer speziellen Vergrauungslasur behandelt.
Ökologisches Konzept
Als Themenschwerpunkt der Bachelorarbeit wurde die Ökobilanzierung des Gebäudes aufgeführt. Diese soll eine lebenszyklusorientierten Planung fördern, emissionsbedingte Umweltwirkungen, wie den Treibhauseffekt, Ozonlöcher oder Sommersmog minimieren und den Einsatz endlicher Ressourcen reduzieren.
Für die durchgeführte Bilanzierung wurde insbesondere das Treibhauspotential GWP (global warming potential) untersucht. Hierbei wird das, in verschiedenen Lebensphasen freigesetzte CO2 der verschiedenen Baustoffe in Bezug zur Nettogrundfläche des Gebäudes berechnet.
Für die Ermittlung der CO2 neutralsten Konstruktion wurde bereits während des Entwurfsprozesses ein Variantenvergleich verschiedener Außenwandkonstruktionen erstellt. Hierfür wurden Holzständer-, Massivholz- und Stahlbetonweise mit gleichwertigen Wärmedurchgangskoeffizienten konstruiert.
Betrachtet man die Gesamtbilanz der verschiedenen Bauweisen wird deutlich, dass die Variante Stahlbeton das höchste GWP aufweist. Dies ist auf den im Beton enthaltenen Zement zurückzuführen, welcher im Herstellungsprozesses viel Energie benötigt und eine hohe CO2 Emission verursacht.
Holz hingegen bindet während der Lebensphase durch Photosynthese das Kohlenstoffdioxid der Luft. Das größere GWP-Wert der Massivholzwand ist hierbei auf die höhere Masse der Konstruktion zurückzuführen.